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27. März 2024
Massive Kritik der Aktuare am Generationenkapital
Aktuare gehen mit Generationenkapital hart ins Gericht

Massive Kritik der Aktuare am Generationenkapital

Die Deutsche Aktuarvereinigung und das IVS-Institut üben scharfe Kritik am Konzept des Generationenkapitals. Es sei kein Einstieg in die Kapitaldeckung, sondern bediene sich eher den Finanzierungsmethoden eines gehebelten Hedgefonds. Weiter ist von unrealistischen Renditeanforderungen die Rede.

Vor wenigen Wochen hat die Ampel die Pläne zum Rentenpaket II vorgestellt, in dem auch das sogenannte Generationenkapital – oft auch als Aktienrente bezeichnet – enthalten ist. Nicht nur Sozialverbände äußerten sich alles andere als begeistert. Auch in der Finanz- und Versicherungsbranche werden die Pläne teils mit deutlicher Skepsis betrachtet (AssCompact berichtete: Was hält die Branche von der Aktienrente?). Nun haben sich auch die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) und das IVS – Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e.V. dazu geäußert. Ihre Kritik fällt deutlich aus.

Keine Kapitaldeckung

Die vorgeschlagene Einführung des Generationenkapitals werde als Einstieg in die Kapitaldeckung für die gesetzliche Rentenversicherung verkauft. Diese Bezeichnung stößt auf vehementen Widerspruch von DAV und IVS. „Kapitaldeckung liegt vor, wenn aus unbelasteten Beiträgen ein Kapitalstock angespart wird, aus dem später die Leistungen gezahlt werden – so funktionieren die betriebliche Altersversorgung und die private Rentenversicherung“, erklärt Dr. Maximilian Happacher, Vorstandsvorsitzender der DAV. Das Generationenkapital bediene sich dagegen eher der Finanzierungsmethoden eines gehebelten Hedgefonds – also Kredit aufnehmen, riskant investieren, die Kreditzinsen mit den Investmenterträgen bezahlen und den Gewinn einstreichen, so Happacher weiter. Das habe mit Kapitaldeckung rein gar nichts zu tun. Vielmehr würden etablierte Finanzierungsformen der Kapitaldeckung diskreditiert. Die Aktuare fordern deshalb, entsprechende Einordnungen im Gesetzentwurf zu streichen.

Berechnungen intransparent und nicht nachvollziehbar

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass bis zum Jahr 2035 durch schuldenfinanzierte Mittel, die am Kapitalmarkt ertragreich investiert werden sollen, ein Vermögen von 200 Mrd. Euro aufgebaut wird. Ab 2036 sollen daraus nach Abzug der Schuldzinsen jährlich 10 Mrd. Euro in die gesetzliche Rentenversicherung fließen, um die Beitragssätze zu stabilisieren. Die zugrunde liegenden Berechnungen, vor allem die Annahmen zu den erwarteten Renditen und Darlehenszinsen, bezeichnen DAV und IVS als intransparent und nicht nachvollziehbar.

Aktuare halten Renditeanforderungen für unrealistisch

„Wir gehen auf Basis unserer eigenen Einschätzungen davon aus, dass die realistisch erzielbaren Renditen dauerhaft nicht ausreichen, die geplanten Ausschüttungen und die Zinskosten zu finanzieren“, so Happacher weiter. Nach Ansicht der Mathematiker sind die benötigten Renditeanforderungen unrealistisch hoch. DAV und IVS weisen auch auf Unplausibilitäten in der Planungsrechnung hin.

Risiken am Ende bei Beitragszahlern

Wenn sich die Renditen nicht erfüllen, fehlen in der gesetzlichen Rentenversicherung die geplanten Mittel zur Stabilisierung des Beitragssatzes. Dann müssten die Beiträge erhöht werden. Den Aktuaren zufolge wird das Kapitalanlagerisiko aus dem Generationenkapital am Ende allein auf die Beitragszahler abgewälzt.

Die Experten von IVS und DAV sprechen sich dafür aus, dass der Bund das Risiko übernimmt und ggf. fehlende Mittel zur Stabilisierung des Beitragssatzes bereitstellt. „Wenn der Gesetzgeber von der Leistungsfähigkeit und Verlässlichkeit des Generationenkapitals überzeugt ist, sollte die Übernahme dieses Risikos durch den Bund unkritisch sein“, betont Dr. Friedemann Lucius, Vorstandsvorsitzender des IVS.

Generationenkapital keine Lösung für Probleme der gesetzlichen Rente

Das Generationenkapital sei nicht geeignet, die Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung zu lösen, lautet das abschließende Urteil der Aktuare. Zu viele Lasten würden den jungen Generationen aufgebürdet. Deshalb plädieren DAV und IVS eindringlich dafür, die Finanzierung der gesetzlichen Rente an den demografischen Tatsachen auszurichten. So solle etwa dem Nachhaltigkeitsfaktor wieder volle Geltung verschafft und damit der Verschiebung des Verhältnisses zwischen Anwärtern und Rentnern in der Finanzierung Rechnung getragen werden. Zudem drängen die Aktuare weiterhin darauf, das Renteneintrittsalter an die Entwicklung der Lebenserwartung zu koppeln. (tik)

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Bild: © LunaKate – stock.adobe.com