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17. Mai 2021
Megatrend NFT: Übertriebener Hype oder Revolution?

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Megatrend NFT: Übertriebener Hype oder Revolution?

Welche Chancen bieten NFTs?

AS: Durch NFTs wird im digitalen Raum das bislang Unmögliche möglich gemacht: die Schaffung eines „digitalen Originals“, das einmalig ist und eindeutig dem jeweiligen Inhaber zugeordnet werden kann. Die Chancen, die hierdurch entstehen, sind insbesondere in der digitalen Kunst- und Musikwelt greifbar: Während es in der „realen Welt“ von einem Werk stets ein eindeutiges Original gibt, wie zum Beispiel das Gemälde, das der Künstler mit eigenen Händen erschaffen hat, gab es in der digitalen Welt bislang kein Pendant im Sinne eines „digitalen Originals“. Jede Kopie einer JPG-Datei ist identisch zur Vorlage. Musik lässt sich beliebig als MP3-Datei verbreiten.

Dies führte bislang nicht nur zu Problemen hinsichtlich des Nachweises der Urheberinhaberschaft an ausschließlich digital erstellten Werken, sondern führte letztendlich zu umfangreicher Piraterie aufgrund der uneingeschränkten Reproduzierbarkeit von digitalen Werken. Ein Problem, das durch sogenannte Digital Rights Management schon seit mehreren Jahrzehnten versucht wird, in den Griff zu bekommen.

MK: Das Fehlen eines „digitalen Originals“ nimmt dem Urheber eines digital erschaffenen Werks zudem eine wichtige Quelle zur Monetarisierung: Während bei einem physischen Kunstwerk einerseits die urheberrechtlichen Verwertungsrechte abgetreten und verkauft werden können und andererseits das Eigentum am physischen Kunstwerk selbst, beschränkt sich die Monetarisierbarkeit digitaler Kunst mangels Existenz eines digitalen Originals, das verkauft werde könnte, bislang nur auf die Abtretung von Urheberrechten. Hier kann durch NFTs insofern eine Lücke geschlossen werden. Zudem erlauben NFTs, dass der Urheber an jedem Weiterverkauf des Werks von dessen Wertsteigerung profitiert.

Eröffnen NFTs auch außerhalb der Kunst- und Kreativwelt neue Möglichkeiten?

MK: Ja, auch außerhalb der Kunst- und Kreativwelt eröffnen sich durch NFTs völlig neue Möglichkeiten, wenn man sich vor Augen hält, dass sich physische Gegenstände „tokenisieren“ lassen. Grundsätzlich kann jeder Vermögenswert, also jeder Gegenstand und jedes Recht, als Token auf der Blockchain dargestellt werden. Durch sogenannte Fraktionalisierung können aus einem Vermögenswert hunderte oder tausende Token erzeugt und einzeln handelbar gemacht werden. Dies dürfte zukünftig (Privat-)Investoren freuen, wenn diese in bislang unbezahlbare Vermögensanlagen wie Ölgemälde, Oldtimer, Golduhren oder eine Berkshire-Hathaway-Class-A-Aktie investieren können, indem diese einen bruchteilhaften Token an dem Gesamtgegenstand oder -recht erwerben.

Wie könnte die Entwicklung weitergehen?

AS: Der Fantasie, in welche Richtung sich dies noch entwickeln kann und wird, sind grundsätzlich keine Grenzen gesetzt. Wie wäre es mit einem Anteil an einem Einkaufszentrum zur Diversifizierung des Portfolios? Auch die Tokenisierung von Immobilien ist generell denkbar, wenngleich hierbei die Pflichtvorgaben der Grundbuchordnung, also etwa die Pflicht zur notariellen Beurkundung und Eintragung der Eigentümer in das Grundbuch, entweder durch Holding-Strukturen gelöst werden oder aber schlichtweg der Gesetzgeber erst die Bahn für derart innovative Investitionsmöglichkeiten freimachen müsste. Die Vorteile gegenüber herkömmlichen Investitionsmöglichkeiten in Immobilien lägen jedenfalls auf der Hand, nämlich die hohe Liquidität der grundsätzlich frei handelbaren Token, beispielsweise im Gegensatz zum „echten“ Immobilieneigentum oder zu geschlossenen Immobilienfonds auf der einen Seite, und die direkte Investition in Immobilieneigentum beispielsweise im Gegensatz zu REITs auf der anderen Seite.

 
Ein Interview mit
Dr. Markus Kaulartz
Dr. Alexander Schmid