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25. Juni 2022
Mikrofinanzfonds – Nachhaltig Investieren in Reinkultur

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Mikrofinanzfonds – Nachhaltig Investieren in Reinkultur

Weshalb Mikrofinanzfonds eine gute Lösung für all jene Anleger darstellen, denen ihr Portfolio gar nicht nachhaltig genug sein kann, erklärt Günther Kastner von I-AM Impact Asset Management. Im Mittelpunkt steht neben dem guten Gewissen auch die niedrige Korrelation zu anderen gängigen Asset-Klassen.

Ein Artikel von Günther Kastner, Gründer und CIO von I-AM Impact Asset Management

Nachhaltiges Investieren liegt im Trend, denn es kann etwas bewirken – zumindest dann, wenn man es richtig macht. Die Aussicht, Rendite mit der Erfüllung von Nachhaltigkeitszielen zu verbinden, ist für viele Anleger zur Voraussetzung für ein Investment in aktiv gemanagte Fonds und ETFs geworden. Per Ende 2021 erreichte das Anlagevolumen nachhaltiger Fonds in Europa mit 4,6 Mrd. US-Dollar einen neuen Rekordwert. Damit machten als nachhaltig eingestufte Fonds bereits 42,4% des gesamten EU-Fondsvermögens aus. Auch die Regulierung von nachhaltigen Investments nimmt immer mehr Gestalt an. In diesem Jahr ist der erste Teil der EU-Taxonomieverordnung in Kraft getreten, die nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten, zunächst für den Bereich Klimawandel, definiert.

Umstrittene Nachhaltigkeitsmerkmale

Dort wo Licht ist, ist aber auch Schatten. Dies gilt auch beim nachhaltigen Investieren. So sorgte die Einstufung der Atomkraft und von Erdgas als nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten durch die EU-Kommission im Rahmen der EU-Taxonomieverordnung für Empörung. Auch die zunehmend unübersichtliche Anzahl nachhaltiger Finanzprodukte verstärkt den Eindruck, dass ein grünes Label immer mehr Marketingzwecken dient. Um genau diesem Greenwashing vorzubeugen, hat das Analysehaus Morningstar mehr als 1.600 nachhaltige Fonds einem eigenen ESG-Research unterzogen und infolgedessen von der eigenen Liste nachhaltiger Fonds gestrichen – trotz der Deklarierung als „nachhaltig“ laut der EU-Offenlegungsverordnung.

Mikrofinanzfonds: Direkten sozialen Impact erzielen

Eine Form des echten nachhaltigen Investierens sind Mikrofinanzfonds. Sie zählen zu den Impact Investments, die durch direkte finanzielle Förderung von Kleinstunternehmern in Schwellen- und Entwicklungsländern unmittelbare soziale Wirkung entfalten. Damit gehören sie gemäß der EU-Offen­legungsverordnung zu den „dunkelgrünen“ Artikel-9-Fonds – der Königsklasse der nachhaltigen Fonds –, die ein nachhaltiges Anlageziel verfolgen müssen.

Die Idee der Mikrofinanzkredite wurde durch den bengalischen Wirtschaftsprofessor Muhammad Yunus populär gemacht. Er erhielt für das Konzept der Mikro­finanz im Jahr 2006 den Friedensnobelpreis. Die Grundidee ist aber wesentlich älter und heute ein integraler Bestandteil unseres erfolgreichen Finanzsystems. Die Gründung der Volksbanken und Sparkassen vor über 200 Jahren basiert auf den Ideen der Hilfe zur Selbsthilfe und dem Solidaritätsprinzip. Der Zugang zur Geldbeschaffung über ein funktionierendes Kreditsystem sollte jedermann ermöglicht werden. An diesem Zugang mangelt es aber weiterhin weltweit, obwohl nachgewiesen ist, dass Hilfe zur Selbsthilfe in ganz kleinem Maßstab ein zentraler Baustein für nachhaltiges Wachstum aus der Armut heraus sein kann.

Armut und daraus folgend finanzielle Exklusion sind trotz des weltweiten Fortschritts in der Armutsbekämpfung noch immer ein Problem epidemischen Ausmaßes. Nach Angaben der Weltbank sind 1,7 Milliarden Erwachsene weltweit ohne Bankkonto. Die Corona-­Pandemie hat die globale Armuts­lage verschärft. Laut Oxfam sind seit Ausbruch der Corona-Pandemie 163 Millionen Menschen in die Armut abgerutscht. Rund 3,4 Milliarden Menschen leben damit unterhalb der von der Weltbank definierten Armutsgrenze von 4,80 Euro am Tag. Auch der Ukrainekrieg, der zu stark steigenden Energie- und Agrargüterpreisen geführt hat, dürfte viele Entwicklungsländer weiter zurückwerfen.

Für die Vergabe der Kredite, die in Mikrofinanzfonds enthalten sind, sind entsprechende spezialisierte lokale Banken verantwortlich. Diese Mikrofinanzinstitute fungieren auch als lokale Ansprechpartner für die Kreditnehmer vor Ort. Oftmals müssen die Kleinstunternehmer nur kleine Summen als Darlehen aufnehmen, um den Weg in die unternehmerische Selbstständigkeit zu schaffen. Dem Friseur kann der Stuhl, einem Kleinhändler ein neuer Kühlschrank oder dem Fahrer seine motorisierte Rikscha oder das erste eigene Taxi finanziert werden.

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Ein Artikel von
Günther Kastner