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19. Oktober 2019
Mit der Vier-P-Matrix gegen Ausbildungsfrust

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Mit der Vier-P-Matrix gegen Ausbildungsfrust

Die rückläufigen Ausbildungszahlen sorgen für schlechte Stimmung in der Versicherungswirtschaft. Business-Coach Oliver Kustner, Inhaber von sigenacoaching e.K., stellt mit der Vier-P-Ausbildungsmatrix eine strukturierte Vorgehensweise vor, um sich mit dem Thema betriebliche Ausbildung auseinander zu setzen.

Für die Versicherungswirtschaft war der Start in das neue Ausbildungsjahr vor einigen Wochen mit einer gewissen Tristesse verbunden, kämpft sie doch seit Jahren mit ihrer mangelnden Attraktivität. Die Beschäftigtenzahl sinkt kontinuierlich und liegt mit knapp über 200.000 Arbeitnehmern etwa 25% unter dem einstigen Höchststand. Von insgesamt 12.500 Azubis werden aktuell 1.940 in Vermittlerunternehmen ausgebildet, im Jahr 2014 waren es noch 2.850 (Quelle: AGV, Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen, 2018).

Ausbildung schafft unternehmerische Impulse

Während Versicherer Ausbildungskonzepte mit vielen Extras etablieren und sich der Trend zu Akademisierung und dualen Studienangeboten fortsetzt, scheinen viele Vermittlerunternehmen mit der betrieblichen Ausbildung überfordert zu sein oder sich bereits ganz von ihr verabschiedet zu haben. Die Verbindung von Fachkräftemangel und Ausbildung leuchtet zwar ein, doch sowohl bei der Rekrutierung wie auch in der Umsetzung gibt es eher Unsicherheit als eine klare Strategie. Es erscheint jedoch sinnvoll, sich mit dem eigenen Ausbildungskonzept zu beschäftigen, um einerseits die Attraktivität als Arbeitgeber zu verbessern und gleichzeitig die dabei notwendige Reflexionsarbeit für unternehmerische Impulse zu nutzen.

Vier Ps für ein besseres Ausbildungskonzept

Es empfiehlt sich dabei systematisch vorzugehen und das Thema Ausbildung in vier miteinander verbundene Themenblöcke zu unterteilen, diese dann Schritt für Schritt zu bearbeiten und die daraus notwendigen Konsequenzen abzuleiten.

Mit der Vier-P-Matrix gegen Ausbildungsfrust

Die erste Frage dieser Ausbildungsmatrix lautet: „Sind die Prozesse klar?“ Es geht darum zu beschreiben, wie das Unternehmen funktioniert und somit um ganz basale Fragen wie den Unternehmenszweck, die Positionierung oder die Firmenphilosophie. In diesem Schritt werden auch Abläufe und Zuständigkeiten geklärt.

Im zweiten Themenblock „Sind die Perspektiven klar?“ richtet sich der Blick von der betrieblichen Seite zu den Auszubildenden und deren Platz im Unternehmen. Nun wird erarbeitet, welche Entwicklungschancen man jungen Menschen bieten kann und sein Ausbildungsangebot einem ehrlichen Marktvergleich zu stellen. Nicht selten besteht die Vorstellung, man könne gute Abiturienten erreichen, obwohl das Angebot kaum für Schulabgänger der Mittelschule attraktiv ist. Kommt es dann zum Ausbildungsvertrag sind Probleme vorprogrammiert, weil es zu Über- und Unterforderungen kommt oder die Erwartungen der Unternehmen nicht erfüllt werden. Formulierungen wie „früher waren die Azubis besser“ oder „die Schule bereitet nicht genug auf die Ausbildung vor“ weisen darauf hin, dass die Passung der Ausbildungsperspektiven nicht stimmt. Es dürfte klar sein, dass solche Aussagen Probleme in der Ausbildung weder verringern noch beseitigen, sondern eher als selbsterfüllende Prophezeiung verstärken werden. Stattdessen ist es notwendig, die innerbetriebliche Ausbildung lösungsorientiert an die jeweiligen Azubis anzupassen.

Hierzu dient der dritte Block mit der Frage „Sind die persönlichen Kompetenzen klar?“ Der Blick bleibt bei den Auszubildenden, um zu klären, welche Kompetenzen vorhanden sind. Informell erworbene Kompetenzen sowie indirekt für die Ausbildung wichtige Fähigkeiten sollten dabei berücksichtigt und gewürdigt werden. Leider fokussieren Ausbilder in der Praxis zu häufig die Defizite. Man versucht Sprachdefizite bei Azubis mit Migrationshintergrund zu beseitigen, Inhalte aus der Berufsschule nachzuholen oder Fehler bei der Umsetzung betrieblicher Aufgaben zu minimieren. Ein kompetenzorientierter Ansatz dreht diese Denkweise um. Ausgehend von den individuell vorhandenen Fähigkeiten werden die Aufgaben nach und nach gesteigert und zusätzliche Kompetenzen übertragen. Hilfsmittel wie der kostenlos verfügbare ProfilPASS® (www.profilpass.de) ermöglichen einen Einstieg in die Kompetenzanalyse, wobei es sinnvoll sein kann, diesen sehr individuellen Prozess extern begleiten zu lassen.

Im vierten Themenblock „Ist der Plan für die Ausbildung und Instruktion klar?“ geht der Blick nun wieder in das ausbildende Unternehmen, um festzulegen, welche Inhalte während der Ausbildung zu vermitteln sind. Der Ausbildungsplan sollte dabei mehr als eine grobe Übersicht liefern, sondern so konkret wie möglich gestaltet werden und nicht nur Inhalte, sondern auch Methoden, unterstützende Maßnahmen und Zuständigkeiten beschreiben. Im Idealfall entsteht ein Prozessplan, der erneut mit der Ausbildungsmatrix bearbeitet werden kann. Will man nun zum Beispiel den Ausbildungsabschnitt KFZ-Versicherung konkretisieren, geht man erneut die Prozesse, Perspektiven, persönlichen Kompetenzen und die Planung durch. Treten während der Ausbildung Probleme auf, können diese ebenfalls mit der Matrix eingeordnet und analysiert sowie passende Lösungen durch den zirkulären Ablauf erarbeitet werden.

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Seite 2 Kreative Lösungen für ein passendes Ausbildungsangebot

 
Ein Artikel von
Oliver Kustner