AssCompact suche
Home
Investment
25. Mai 2023
Momentum-Strategie: regelbasiert in unsicheren Zeiten investiert
5.1.2

Momentum-Strategie: regelbasiert in unsicheren Zeiten investiert

War die Lage am Kapitalmarkt zu Anfang des Jahres noch bravourös, so wurde die Finanzwelt bei allem Optimismus gehörig durchgeschüttelt. In derart schwierigen, ja teilweise unberechenbaren Zeiten ist eine gute Anlagestrategie Gold wert, um sich durch einen empfindlichen Kapitalmarkt zu manövrieren.

Ein Artikel von Leo Willert, Gründer und Head of Trading bei ARTS Asset Management

Die Bilanz für das erste Quartal des neuen Börsenjahres sieht bis dato durchwachsen aus. Nach einem fulminanten Start mit einer aufgehellten Perspektive auf die diesjährige Wirtschaftsentwicklung hat sich durch die Pleite der Silicon Valley Bank in den USA die Marktlage wieder kurzfristig gedreht. Angesichts der Insolvenz weiterer amerikanischer Regionalbanken sowie der Notübernahme der Schweizer Großbank Credit Suisse durch die UBS wurden böse Erinnerungen an die Finanzkrise von 2008 geweckt. Auch wenn Anleger Ende März angesichts leicht sinkender Inflationsdaten wieder angefangen haben, Vertrauen in die Märkte zu fassen, schwebt über allem noch immer die Sorge vor einem Schwelbrand im Bankensektor. Alarmierende Signale sendet auch der Markt für Kreditausfallversicherungen: So ist die Nachfrage nach Kreditausfallversicherungen von Bankemittenten angesichts der jüngsten Ereignisse im Bankensektor stark angestiegen.

Angesichts der unsicheren Marktlage stellt sich für Anleger die Frage, wie sie ihr Portfolio vor möglichen Verlusten schützen können. Aber eine simple Buy-and-hold-­Aktienstrategie bietet in einem volatilen Marktumfeld meist keinerlei Absicherung. Hingegen ist eine Anlagestrategie wie eine Momentum-Strategie, die flexibel auf die Marktentwicklung reagieren und im Falle eines Marktcrashs sogar ganz aus Aktien aussteigen kann, hier von Vorteil.

The trend is your friend

Bei der Momentum-Strategie handelt es sich oftmals um einen quantitativen Investmentansatz, d. h., es wird auf Basis klar definierter mathematischer Regeln investiert. Die Strategie basiert auf dem Momentum-­Effekt, der in den 1960er-Jahren von dem US-amerikanischen Wissenschaftler Robert A. Levy entdeckt und auch als Relative-Stärke-Theorie bezeichnet wurde. Levy stellte fest, dass diejenigen Aktien mit dem höchsten Kursanstieg eine statistisch höhere Wahrscheinlichkeit haben, ihren Wachstumstrend kurz- bis mittelfristig fortzusetzen. Wenn man also gezielt Aktien mit dem höchsten Kurswachstum identifiziert und darin investiert, kann man von deren positivem Trend in einem kurz- bis mittelfristigen Zeitfenster – bis zu zwölf Monate – profitieren. Diese quantitative Regel lässt sich durch Algorithmen abbilden. Mithilfe eines technischen Handelssystems können Anleger dann automatisiert in die Momentum-stärksten Aktien oder Fonds investieren. Schwächt sich ein Trend ab, oder kommt es sogar zu einer Trendumkehr, wird automatisch der Ausstieg aus dem Portfolio vollzogen.

Grundlage für ein erfolgreiches Investieren gemäß der Momentum-Strategie ist eine umfassende Datenbank mit täglich aktualisierten Kursdaten. Dieser Datenpool wird rund um die Uhr durch einen Computer ausgewertet. Dabei sollte der Datenpool, also das Anlageuniversum, möglichst groß sein und keine Restriktionen hinsichtlich Regionen oder Branchen aufweisen. Dadurch wird ausreichend Diversifizierung gewährleistet. Denn die Momentum-Sieger können durchaus auch Aktien oder Fonds mit Fokus auf exotische Länder oder Nischen-Branchen sein, die Anleger sonst gar nicht auf dem Schirm haben. Auf Basis der Momentum-Strategie ergibt sich somit ein rotierendes Portfolio, das in die temporären Momentum-Sieger investiert.

Der unberechenbare Faktor Mensch spielt bei der Anlageentscheidung keine Rolle

Ein weiterer Vorteil der systematischen Momentum-Strategie liegt darin, dass der Faktor Mensch vollständig aus dem Prozess der Anlageentscheidung ausgeschlossen wird. Wie der auf psychologischen Erkenntnissen aufbauende wirtschaftswissenschaftliche Zweig der Behavioral Finance erst wieder belegt hat, werden menschliche Entscheidungen nie ganz objektiv getroffen. Neben Emotionen wie Angst oder Gier beschränken sogenannte kognitive Verzerrungen die menschliche Urteilskraft. Ein Beispiel für eine kognitive Verzerrung ist der „Confirmation Bias“: Damit wird die Tendenz beschrieben, diejenigen Informationen selektiv wahrzunehmen und als richtig einzuschätzen, die unsere bestehende Meinung bestätigen. Ein einfaches Beispiel dafür wäre: Wenn jemand daran glaubt, dass die meisten Raser eine bestimmte Automarke fahren, dann wird er genau diese Autos eher wahrnehmen, wenn sie auf der Autobahn an ihm vorbeiflitzen. Bei Anlegern drückt sich dieser Denkfehler dadurch aus, dass sie Informationen, die ihre positive Meinung einer Aktie gegenüber unterstützen, eher wahrnehmen und als richtig einstufen als Informationen, die diese Einschätzung widerlegen. Auch Finanzexperten wie beispielsweise Fondsmanager sind vor diesen Denkfehlern nicht gefeit.

Vermeidung von Verlusten hat höchste Priorität

Natürlich hat jede Anlagestra­tegie auch ihre Nachteile. Bei der Momentum-Strategie müssen Anleger hinnehmen, dass anfängliche Kursgewinne einer Aktie nicht sofort mitgenommen werden können, da das technische Handelssystem erst dann einsteigt, wenn sich ein Trend ausgebildet hat. Oberste Priorität hat beispielsweise bei der Momentum-Strategie von ARTS Asset Management das Vermeiden von Verlusten durch eine marktangepasste Aktienquotensteuerung. Verschlechtert sich die Marktlage, kann die Aktienquote heruntergefahren und im Worst Case sogar auf 0% reduziert werden. Dann weicht das technische Handelssystem in sicherere Anlageklassen wie Rentenpapiere oder Geldmarktfonds aus. Neben dieser flexiblen Aktienquote können zusätzlich Stop-Loss-Limits sicherstellen, dass automatisiert aus einer Aktie oder einem Aktienfonds ausgestiegen wird, wenn sie einen bestimmten Kurs unterschreiten.

Ein Beispiel für eine aktiv gemanagte Momentum-Strategie ist der Fonds „C-Quadrat ARTS Total Return Global AMI“ von ARTS Asset Management. Der Dachfonds wies zum 31.03.2023 eine Aktienquote von rund 69% auf. Momentum-stärkster Fonds im Portfolio war in den vergangenen sechs Monaten ein Fonds mit Fokus auf Rohstoffe weltweit. Im vergangenen schwierigen Jahr 2022 konnte der Fonds die hohen Verluste an den Weltmärkten abfedern. Somit konnten die Anleger weitgehend stabil durch ein turbulentes Marktumfeld navigieren.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2023, S. 58 f., und in unserem ePaper.

Bild: © picdog – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Leo Willert