Normalerweise sucht man sich einen Anwalt, wenn rechtlich gegen jemanden vorgegangen werden soll. Auch wenn der eigene Versicherer nicht leisten will, kommt schnell der Rechtsbeistand ins Spiel. Doch ist es nachvollziehbar, wenn bereits die Anmeldung des Versicherungsfalls von einem Anwalt erfolgt? In einem aktuellen Fall, über den der Bundesgerichtshof (BGH) befinden musste, war das Verhalten zwar verständlich, aber auf den Anwaltskosten bleibt der Geschädigte nun dennoch sitzen.
Außergerichtliche Anwaltskosten von 2.000 Euro
Ein Mann hatte einen schweren Verkehrsunfall erlitten und lag mehrere Wochen im Koma. Die Ehefrau des Mannes wurde per einstweiliger Verfügung zur Betreuerin des Unfallopfers bestellt. In dieser Funktion beauftragte sie eine Rechtsanwaltskanzlei damit, Ansprüche gegenüber der Unfallversicherung des Mannes geltend zu machen. Hierfür erhielt der Mann eine Rechnung in Höhe von knapp 2.000 Euro.
Übernahme in Höhe der Haftungsquote gefordert
Im Verfahren über das Unfallgeschehen selbst wurde der Unfallgegner zu einer Haftungsquote von 80% verurteilt. Daraufhin wollte der Mann die zuvor entstandenen außergerichtlichen Anwaltskosten ebenso zu 80% von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners erstattet bekommen. Doch der Haftpflichtversicherer weigerte sich. Der Mann klagte daraufhin gegen den Versicherer und forderte Schadensersatz.
Prozessverlauf
Vor dem Amtsgericht sowie im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Köln konnte der Mann sich nicht durchsetzen, und auch vor dem BGH hatte er keinen Erfolg. Die Klage wurde abgewiesen.
Außergerichtliche Anwaltskosten nur in Ausnahmefällen zu erstatten
Laut Urteilsbegründung des BGH habe der Mann keinen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten. Grundsätzlich könne eine Abwicklung über die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners infrage kommen, aber nur, wenn der Geschädigte nicht selbst dazu in der Lage ist, den Versicherungsfall anzumelden. Im vorliegenden Fall war der Mann zwar tatsächlich nicht dazu in der Lage, aber seine Frau sehr wohl.
Vermeidbare Anwaltskosten sind selbst zu tragen
Als gesetzliche Betreuerin wäre ihr die Aufgabe zugefallen, den Versicherungsfall anzumelden und die Leistung einzufordern, bemerkte das Gericht. Da sie als Vertreterin ihres Mannes in der Lage gewesen sei, für ihn den Versicherungsfall geltend zu machen, stehe dem Mann kein Schadensersatz für Anwaltskosten zu, die hätten vermieden werden können. Das Anwaltshonorar muss aus eigener Tasche beglichen werden. (tku)
BGH, Urteil vom 26.05.2020, Az.: VI ZR 321/19
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