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18. April 2023
Muss eine Eigentümergemeinschaft Balkonkraftwerke dulden?

Muss eine Eigentümergemeinschaft Balkonkraftwerke dulden?

Balkonkraftwerke werden als lokale Energieerzeuger zunehmend beliebter. Viele ihrer Standorte befinden sich an Mehrfamilienhäusern. Doch muss eine Eigentümergemeinschaft die Anbringung eines Balkonkraftwerks überhaupt dulden?

Balkonkraftwerke sind ein wichtiger Bestandteil der Energiewende, da sie dazu beitragen können, den Anteil erneuerbarer Energien im Strommix zu erhöhen und somit den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Insbesondere in urbanen Gebieten, wo oft begrenzter Platz für Solaranlagen zur Verfügung steht, können Balkonkraftwerke daher eine Alternative für die Erzeugung „grünen“ Stroms sein. Balkonkraftwerke eignen sich daher gerade bei Mehrfamilienhäusern, die sich wiederum häufig zu einer Eigentümergemeinschaft zusammengeschlossen haben. Doch muss eine Eigentümergemeinschaft die Anbringung eines Balkonkraftwerks überhaupt dulden?

Mehrheitsbeschluss verbietet Balkonkraftwerke

Über diese Rechtsfrage hatte das Amtsgericht Koblenz (AG) zu entscheiden. Im konkreten Fall stritten sich die Wohnungseigentümer über die Wirksamkeit eines Beschlusses. Dieser sah nämlich vor, dass die Hausverwaltung gegen Eigentümer vorgehen solle, die an ihren Balkonen Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) anbringen würden. Zuvor hatten die Eigentümer einer Wohnung ein solches Balkonkraftwerk ohne einen solchen Mehrheitsbeschluss innerhalb der Eigentümergemeinschaft installiert. Die Eigentümergemeinschaft verlangte daher den Abbau der bereits montierten PV-Anlage. Daraufhin zogen die Besitzer des Balkonkraftwerkes vor das Amtsgericht.

Balkonkraftwerk ist keine optische Beeinträchtigung

Die Kläger führten vor Gericht an, dass die PV-Anlage keine optische Beeinträchtigung des Gesamteindrucks darstelle. Dies ergebe sich daraus, dass bereits eine sehr uneinheitliche Fassade mit verschiedenen Farben, inhomogenen Markisen oder Balkonkästen vorhanden sei. Die 1,7 m² große PV-Anlage am Balkon fielen im Verhältnis zur Gesamt-Frontseite der Immobilie von 920 m² nicht ins Gewicht, argumentierten die Kläger. Auch sei das Modul in der neutralen Farbe schwarz gehalten. Sie verlangten daher, dass das Balkonkraftwerk montiert bleiben dürfe.

Zustimmung der Eigentümer erforderlich

Doch diese Argumente ließen die Richter am Amtsgericht unbeeindruckt. Die Montage sei nämlich nach Ansicht des Gerichts rechtlich als bauliche Veränderung der Wohnungsanlage einzustufen. Der Grund: Die dunklen Solarmodule beeinträchtigen das optische Erscheinungsbild der Immobilie. Weder aus dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) noch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch lasse sich für eine Eigentümergemeinschaft eine Duldungspflicht eines solchen Kleinkraftwerks herleiten. Die entsprechende Vorschrift im WEG (§ 20 Abs. 4 WEG) solle nach Auffassung des Gerichts auch nicht den veränderungswilligen Eigentümer unterstützen, sondern stellt im Gegenteil eine Veränderungssperre dar, wann eine bauliche Umgestaltung keinesfalls erfolgen darf. Auch aus Art. 20a Grundgesetz können einzelne Wohnungseigentümer keine Duldungspflichten herleiten. Denn dabei handele es sich um eine Staatszielbestimmung, die keine individuellen Ansprüche begründe.

Balkonkraftwerk muss abgebaut werden

Manche Bauvorhaben wie der Einbau einer Ladestation für Elektroautos seien zwar gesetzlich privilegiert, so die Richter am Amtsgericht, mit der Folge, dass Eigentümer sie auch gegen den Willen der Eigentümergemeinschaft durchsetzen könnten. Allerdings: Eine PV-Anlage am Balkon zähle eben nicht zu diesen Baumaßnahmen, befand das Gericht. Das Balkonkraftwerk muss daher wieder abgebaut werden. (as)

AG Konstanz, Urteil vom 09.02.2023 – 4 C 425/22 WEG

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