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12. August 2022
Nachbarschaftsstreit: Wenn das Sonnenlicht nervt ...
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Nachbarschaftsstreit: Wenn das Sonnenlicht nervt ...

Wie viele und wie starke Reflexionen, die von Photovoltaik-Paneelen auf dem Dach des Nachbarhauses herüberkommen, muss man sich gefallen lassen? Darüber, ab wann die Beeinträchtigung wesentlich ist, hatte das OLG Braunschweig in einem konkreten Fall zu entscheiden.

Auf dem Hausdach eines Wohnhauses sind in Richtung des Nachbargrundstücks Paneele einer Photovoltaikanlage montiert. Die Nachbarn behaupteten in der Folge, durch die Reflexion der Sonneneinstrahlung auf die Paneele in Teilen ihres Hauses in unzumutbarer Weise geblendet zu werden. Es gebe technische Normen und Regelwerke, die vorgeben würden, wie Lichtemissionen/-immissionen zu bewerten seien, und welche Grenzwerte bestünden. Diese seien im vorliegenden Fall überschritten. Ihren Antrag, die Reflexionen zu beseitigen, wies das Landgericht Göttingen (LG) erstinstanzlich nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ab.

OLG: Nachbarhaus zwar beeinträchtigt, aber nicht wesentlich

Und auch die Berufung der Nachbarn, die sich geblendet fühlen, hatte keinen Erfolg: Zwar sei ihr Eigentum durch die Reflexionen grundsätzlich beeinträchtigt, so das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG). Jedoch sei diese Beeinträchtigung nicht wesentlich.

Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ zählt

Maßstab für die Frage, ob eine Beeinträchtigung noch unwesentlich oder bereits wesentlich sei, sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“, d. h. in diesem konkreten Fall, des „Durchschnittsbenutzers“ des beeinträchtigten Grundstücks.

Entscheidungshilfe: Hinweis der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz

Wie bereits das LG, urteilte auch das OLG, dass für Reflexionen durch Sonneneinstrahlung keine durch Gesetze oder Richtlinien festgelegten Richtwerte existierten. Auch der Hinweis der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI), dass eine erhebliche Belästigung vorliegen könne, wenn die Lichteinwirkung mindestens 30 Minuten am Tag oder 30 Stunden pro Kalenderjahr betrage, beträfe andere Konstellationen und sei überdies nicht verbindlich, könne aber als Entscheidungshilfe herangezogen werden. Aber auch danach sei nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung auszugehen.

Sachverständiger: Grundstück nur unter 20 Stunden im Jahr von Reflexionen betroffen

Nach den Feststellungen des Sachverständigen, auf die sich die OLG-Entscheidung stützt, seien in dem Wohnraum der klagenden Nachbarn insgesamt nur an 60 Tagen im Jahr und insgesamt unter 20 Stunden pro Jahr durch die Paneele verursachte Reflexionen wahrnehmbar. Der Sachverständige habe für diese Erkenntnisse u. a. die Lage der Wohnhäuser, die Neigungswinkel der Anlage, den Sonnenstand und Wetterdaten ermittelt und ausgewertet. Auch bei dem von dem Sachverständigen durchgeführten Ortstermin konnte nur eine Aufhellung festgestellt werden, ohne dass eine Blendung des Auges gegeben war. (ad)

OLG Braunschweig, Urteil vom 14.07.2022 – 8 U 166/21

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