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20. Dezember 2022
Nachhaltigkeit: BVK warnt vor überbordender Bürokratie
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Nachhaltigkeit: BVK warnt vor überbordender Bürokratie

Ab Jahresbeginn 2023 treten weitere Anforderungen an nachhaltige Finanzprodukte in Kraft. Doch laut BaFin gehen damit auch ungelöste Probleme einher. Daher hat der BVK nun vor überbordender Bürokratie und neuen Haftungsfallen für Vermittler gewarnt.

Ab 01.01.2023 gelten die sogenannten Technischen Regulierungsstandards (RTS) zur EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater. Die RTS konkretisieren die Anforderungen der SFDR an die Angaben, wie sich Investitionsentscheidungen des Finanzmarktteilnehmers nachteilig beispielsweise auf Umwelt, Soziales und Arbeitnehmerbelange auswirken. Insbesondere geben sie Indikatoren vor, mit denen diese Auswirkungen zu messen sind. Außerdem präzisieren die RTS die Regeln für die Angaben in vorvertraglichen Informationen und regelmäßigen Berichten eines Finanzprodukts. Und sie geben detailliert vor, wie diese Angaben auf den Websites dargestellt werden müssen, um der EU-Offenlegungsverordnung zu genügen.

Standardisierte Vorlagen sollen Produktvergleich beschleunigen

Damit Finanzprodukte in der Beratung vergleichsweise schnell zu vergleichen sind, enthalten die RTS standardisierte Vorlagen für die produktbezogenen Offenlegungspflichten. Diese sogenannten Templates sind in den Anhängen II bis V der Delegierten Verordnung enthalten. Finanzmarktteilnehmer sind verpflichtet, sie für Finanzprodukte zu verwenden, die nach Artikel 8 oder Artikel 9 SFDR offenzulegen sind. Und um eine schnelle Vergleichbarkeit der Finanzprodukte nicht zu gefährden, dürfen diese Templates laut RTS grundsätzlich nicht verändert werden. Beispielsweise muss die Reihenfolge der Angaben sowie Position, Gestaltung und Text der Fragen an die Finanzmarktteilnehmer, Informationskästchen und Grafiken bei jedem Finanzprodukt gleich sein.

Anwendung der RTS birgt neue Herausforderungen für Finanzberater

Die RTS bergen daher für die Finanzberatung neue Herausforderungen, wie die Aufsichtsbehörde BaFin nun zu bedenken gegeben hat. So können private und institutionelle Investoren, die nachhaltig investieren möchten, zwar künftig auf eine Fülle von Informationen zurückgreifen. Allerdings hapert es gehörig an der Datenverfügbarkeit. Denn in der Praxis benötigen die Finanzmarktteilnehmer viele Informationen von den Unternehmen der Realwirtschaft, in die sie das Anlegergeld investieren wollen. Nur anhand dieser Daten können sie prüfen, ob ein Investment in das Unternehmen selbst oder in eine seiner Wirtschaftstätigkeiten den nachhaltigen Anlagezielen ihres Finanzproduktes entspricht.

Herausforderung 1: Fehlende Transparenz

Die Folge: Die Finanzmarktteilnehmer sind darauf angewiesen, dass die Unternehmen die erforderlichen Daten wie den CO2-Ausstoß oder den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Stromverbrauch veröffentlichen. Besonders schwierig wird es dann, wenn das Unternehmen noch gar nicht über die Prozesse zur Ermittlung der Daten verfügt. Gesetzlich zu einer umfangreichen Transparenz in Fragen der Nachhaltigkeit und damit zur Ermittlung von Daten verpflichtet sind derzeit nur große, kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Dies stößt bei Vermittlerverbänden auf Kritik. So warnt der Bundesverband für Versicherungskaufleute e. V. (BVK) aufgrund der fehlenden Transparenz vor Haftungsfallen. „Das könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn sich zukünftig herausstellen sollte, dass das vermittelte Finanzprodukt gar nicht zu den Nachhaltigkeitsinteressen des Kunden passt“, sagt BVK-Präsident Michael Heinz.

Herausforderung 2: Umfangreich vs. knapp gehaltene Finanzberatung

Und um dem Anspruch möglichst umfassender Transparenz gerecht zu werden, sind die Templates außerdem sehr umfangreich geworden. Beispielsweise ist das Template des Anhangs II zu den vorvertraglichen Informationen nach Artikel 8 EU-Offenlegungsverordnung bereits unausgefüllt mit den Ausfüllanweisungen fünf Seiten lang. Die Finanzmarktteilnehmer stehen also vor der Herausforderung, umfangreich, aber gleichzeitig auch knapp zu informieren. Auch dies stößt beim BVK auf Unverständnis: „Hier tut sich ein großer Spagat zwischen umfassender Transparenz zur Nachhaltigkeit und übersichtlicher Darstellung der diesbezüglichen Informationen auf. Der Verband warnt daher vor einer überbordenden Bürokratie für Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler durch das Inkrafttreten der RTS zu Jahresbeginn 2023. (as)

Bild: © Thomas Bethge – stock.adobe.com