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Assekuranz
27. April 2023
Nachhaltigkeit: Versicherer machen Fortschritte

Nachhaltigkeit: Versicherer machen Fortschritte

Franke und Bornberg hat erneut beleuchtet, wie die Assekuranz auf dem Weg zur Nachhaltigkeit vorankommt. Laut aktuellem ESG-Report achten die Versicherer zunehmend auf ihren Ressourcenverbrauch und auch in der Kapitalanlage zeigen sich Verbesserungen. Beim Gemeinwohl gibt es aber Luft nach oben.

Das dritte Jahr in Folge hat das Analysehaus Franke und Bornberg die Performance von Versicherern beim Thema Nachhaltigkeit unter die Lupe genommen. Beim dritten ESG-Report handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt mit der fb research GmbH. Der Kreis der teilnehmenden Gesellschaften hat sich um zwei auf 28 erhöht – davon 23 Versicherungskonzerne und fünf einzelne Gesellschaften. Laut Franke und Bornberg steht der ESG-Report 2023 nach gebuchten Bruttobeiträgen für rund 50% des Erstversicherungsmarktes.

Umwelt, Soziales und Unternehmensführung im Blick

ESG steht für Nachhaltigkeit in den Bereichen Environmental, Social und Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. An dieser Struktur orientiert sich auch der ESG-Report und analysiert Aspekte und Treiber nachhaltigen Wirtschaftens in der Assekuranz. Die reicht vom Verbrauch im eigenen Unternehmen und Fairness gegenüber den Beschäftigten bis hin zur Kapitalanlage.

Im Segment Umwelt werden unter anderem Treibhausgasemissionen, CO2-Kompensation, der Verbrauch von Wasser, Strom, Papier und Heizenergie, Abfallmengen sowie Dienstreisen und Arbeitswege unter die Lupe genommen. Beim Bereich Soziales stehen Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung, Tarifverträge und Ausbildungsplätze, aber auch gemeinwohlorientiertes Engagement wie Spenden und Sponsoring auf dem Prüfstand. Im Bereich Unternehmensführung liegt das Augenmerk des Berichts auf den Anlagestrategien der Versicherer sowie Mitgliedschaften in Nachhaltigkeitsinitiativen.

Nachhaltigkeit bei den Investments

Bei den Investments gilt es, für Versicherer ein Gleichgewicht zu finden zwischen Anlagevorschriften, Nachhaltigkeit und einer attraktiven Rendite. In der Praxis verbinden die analysierten Gesellschaften auf dem Weg zum nachhaltigen Investment verschiedene Anlagestrategien. Am häufigsten finden sich Ausschlusskriterien wie etwa für Kohle und Öl, aber auch bei Kinderarbeit und weiteren Verstößen gegen Menschenrechte. Weitere häufige Strategien sind ESG-Integration, Stimmrechtsausübung und Engagement.

Versicherer schränken Ressourcenverbrauch ein

Der Bericht beleuchtet wie bereits erwähnt auch ganz konkrete Maßnahmen innerhalb der Unternehmen, so etwa die Verringerung des Ressourcenverbrauchs. Den Unternehmen, die sich bei allen drei bisherigen Umfragen beteiligt haben, bescheinigen die Analysten hierbei Fortschritte. Das sind AXA, Barmenia, Debeka, die Bayerische, ERGO, Generali, HUK-Coburg, SIGNAL IDUNA, Swiss Life, Talanx, VOLKSWOHL BUND, W&W und Zurich. Diese Unternehmen konnten laut Franke und Bornberg in den vergangenen drei Jahren in Summe ihren Verbrauch stetig zurückfahren. Sieben von neun Versicherern, für die Angaben zum Wasserverbrauch vorliegen, haben ihren Wasserverbrauch gesenkt. Ähnlich positiv verlaufe die Entwicklung beim Strom.

ESG-konforme Gestaltung der Produkte

In der dritten Auflage des ESG-Reports wurden die Versicherer erstmals dazu befragt, wie und bei welchen Produkten sie auf eine nachhaltige Gestaltung setzen. Insgesamt bieten 17 von 28 Versicherern ESG-konforme Produkte an. Am weitesten verbreitet sind demnach ESG-Aspekte in der Lebensversicherung. 21 Versicherer haben ihre Lösungen im Hinblick auf ESG-Kriterien angepasst.

Elf Versicherer stuften das Sicherungsvermögen zum Zeitpunkt der Befragung vom 16.09. bis 28.10.2022 nach Artikel 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung ein und/oder hatten entsprechende Fonds im Portfolio. Um sich nicht dem Greenwashing-Vorwurf auszusetzen, seien manche Lebensversicherer laut Franke und Bornberg hier mittlerweile deutlich zurückhaltender.

Auch im Bereich Komposit gibt es Produktansätze für mehr Nachhaltigkeit. Bei nachhaltigen Wohngebäudepolicen werden Mehrkosten für energieeffizienten Schadenersatz übernommen und Photovoltaikanlagen oder Wallboxen für Elektrofahrzeuge standardmäßig versichert. Bei einer nachhaltigen Hausratversicherung erstattet die Gesellschaft zusätzliche Kosten für energieeffiziente Haushaltsgeräte sowie Reparaturen statt Neukauf. Nachhaltige Kfz-Versicherungen belohnen umweltbewusstes Verhalten.

Es braucht neue Ideen, kein Business as usual

„Die Assekuranz muss Produkte von Grund auf neu denken. Frische Ideen sind hier wichtiger als Taxonomiekonformität, zumal die jüngsten Entwicklungen im Bereich Taxonomie viele Fragen aufwerfen“, betont Michael Franke, Geschäftsführer der Franke und Bornberg GmbH und Initiator des ESG-Reports. Generell appelliert Franke: „Der Zustand der Welt erfordert entschlossenes Handeln. Business as usual hat ausgedient. Die Assekuranz kann und muss einen spürbaren Beitrag für eine intakte Umwelt und vor allem ein menschenwürdiges Leben leisten.“

Spendenquote: Noch viel Luft nach oben in Sachen Gemeinwohl

Ebenfalls zum ersten Mal wurde beim aktuellen ESG-Report die Spendenquote beleuchtet. Den Ergebnissen zufolge spenden fast alle befragten Unternehmen für einen guten Zweck. Doch beim Blick auf die konkreten Beträge zeigt sich, dass die Spendenbereitschaft offenbar noch ausbaufähig ist. „Versicherer berichten oft und gern über ihr soziales und ökologisches Engagement. Aber de facto bleiben sie hinter ihren Möglichkeiten zurück und nutzen für Spenden bestenfalls die Portokasse“, sagt Michael Franke. Die höchste Spendenquote betrage 0,001% der Beitragseinnahmen. 50% der Versicherer würden von 1 Mio. Euro Beitrag ganze 68 Cent oder weniger spenden.

Fazit und Ausblick

Der ESG-Report 2023 attestiert den Versichern Fortschritte auf dem Weg zur Nachhaltigkeit. Die Gesellschaften schränken ihren Ressourcenverbrauch ein und in der Kapitalanlage sind Verbesserungen zu beobachten. Nachhaltigkeit ende aber noch lange nicht bei der Kapitalanlage, wie es im Fazit heißt. „Nachhaltigkeit ist eine Frage der Werte und reicht über die aktuellen regulatorischen Anforderungen weit hinaus“, unterstreicht Michael Franke. „Manche ESG-Vorgaben aus Brüssel sind im besten Fall gut gemeint, oft aber nicht gut gemacht. Ob EU-Klimataxonomie oder Offenlegungsverordnung und Präferenzabfrage – hier läuft vieles noch nicht rund. Doch das enthebt uns nicht unserer Verantwortung gegenüber der Umwelt, gegenüber schwachen Mitgliedern der Gesellschaft und künftigen Generationen.“

Angesichts fehlender Informationen verlaufe die Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen in der Kundenberatung bislang nur zögerlich. Es müsse gelingen, Vermittlern passende Werkzeuge für die Beratung und Produktauswahl an die Hand zu geben. (tk)

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