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16. September 2022
Nachweisgesetz und bAV
Business people negotiating a contract. Human hands working with documents at desk and signing contract.

Nachweisgesetz und bAV

Das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber, die Bedingungen eines Arbeitsvertrages aufzuzeichnen und dem Arbeitnehmer zu übergeben. Vielfach kritisiert, ist es doch ein Muss. Da kann man nur für Teamwork in der bAV plädieren, meint Christian Guse. Ein Bericht aus dem Alltag einer bAV-Rechtsanwaltskanzlei.

Ein Artikel von Christian Guse, Rechtsanwalt und Inhaber der Rechtsanwaltskanzlei Guse

Die seit dem 01.08.2022 geltenden neuen Regelungen zum Nachweisgesetz nennen ausdrücklich die bAV als nachweispflichtige Vereinbarungen. Übrigens: Die bKV ist zwar nicht genannt, aber auch nachweispflichtig. Dies war schon vorher so – neu ist, dass die Nichtbeachtung den Arbeitgeber eine Geldbuße nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz kosten kann.

Das Gesetz verpflichtet Arbeitgeber, die wesentlichen Bedingungen eines Arbeitsvertrages schriftlich aufzuzeichnen und unterzeichnet dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Das Nachweisgesetz ist nicht neu. Es trat 1995 in Kraft, gehört aber zu den unbekannteren Gesetzen. Ein Grund dafür ist sicher auch, dass bei Nichtbeachtung – zumindest bisher – keine Sanktionen zu befürchten waren.

In kommentierenden Fachartikeln, Konferenzen und Erörterungsrunden wurde das Gesetz besprochen und auch zu Recht kritisiert. Zuletzt hat sogar die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e. V. in einem Brief das Ministerium um dessen Rechtsauffassung zu der Dokumentation einer Entgeltumwandlung gebeten. Aus juristischer Sicht könnte man die Antwort des Ministeriums als „abenteuerlich“ bezeichnen.

Das Nachweisgesetz im Alltag einer bAV-Rechtsanwaltskanzlei

Die Änderungen im Nachweisgesetz konfrontieren den Kanzleialltag mit einer der größten Grauzonen in der bAV – der arbeitsrechtlichen Dokumentation einer externen Versorgungszusage (nachfolgend beispielhaft die Direktversicherung).

Ein Klassiker: Die komplett fehlende arbeitsrechtliche Dokumentation. Fragt der Rechtsanwalt den Arbeitgeber, weswegen dieser bisher darauf verzichtet hat, blickt er in leere Augen. Diese erhellen sich nur kurzfristig, wenn er die HR-Verantwortlichen ansieht und diese mit den Worten, man habe alle Papiere hier, ein Bündel Versicherungsscheine überreichen. So muss ihm der Anwalt bestätigen, dass es sich hierbei zwar um Papier handelt, und das dies auch etwas dokumentiert, aber eben „nur“ den Versicherungsvertrag und nicht die arbeitsrechtliche Versorgungszusage.

Wir alle haben schon Versorgungsordnungen für eine einfache Entgeltumwandlung mit gesetzlichem Arbeitgeberzuschuss gesehen, für die fünf Seiten völlig genügt hätten. Da dies dem Ersteller aber angesichts der Rechnung, die er zu stellen gedenkt, doch etwas zu wenig Papier zu sein scheint, werden noch einige wörtliche Zitate aus dem Betriebsrentengesetz eingepflegt und per „copy and paste“ zahlreiche Passagen aus den allgemeinen Versicherungsbedingungen. Die Aktion bringt endlich den erhofften Umfang von 20 Seiten. Zufrieden stellt der Fachmann eine Rechnung im oberen vierstelligen Bereich. Der geschockte Arbeitgeber hätte diesen Betrag lieber in die bAV seiner Angestellten als in den Arbeitsrechtsspezialisten investiert.

Da gilt der Respekt allen Maklern und Maklerinnen, Vermittlern und Vermittlerinnen. Es sind Persönlichkeiten, die in der bAV vieles sein müssen: Kenntnisreiche Berater und Beraterinnen, feinfühlige Psychologen und Psychologinnen, wirtschaftlich denkende Verkäufer und Verkäuferinnen, Manager und Managerinnen mit hohen interaktiven Fähigkeiten. Sie stehen zwischen allen Akteuren, die an einer bAV irgendwie beteiligt sind, und müssen doch alle zufriedenstellen. Den Arbeitgeber, der betriebliche Altersversorgung nur bedingt versteht. Die zu versichernde Person, die sich fragt, ob sie 50 Euro monatliche Entgeltumwandlung in eine bAV oder doch lieber in die Klassenfahrt der Kinder investieren soll und die mit dem Begriff „Nettosparen“ nichts anfangen kann. Zu guter Letzt auch noch das oder die Versicherungsunternehmen, von denen der Gesetzgeber mehrseitige Antragsformulare in digitaler oder Papierform verlangt, die Belehrungspflichten erfüllen müssen, die umfangreicher sind als die Formulare, die ein Kunde ausfüllen müsste, wenn er z. B. seine Niere würde spenden wollen. Und nun auch noch das Nachweisgesetz, dessen Notwendigkeiten der Arbeitgeber als reine Schikane empfindet.

Transparenz und Teamwork – Ein leidenschaftliches Plädoyer für Teamwork in der bAV

Es ist verständlich, wenn Maklerinnen und Makler in dieser Situation gerade beim Thema Nachweisgesetz für ihre Kunden Kosten sparen möchten. Dann werden Versorgungsordnungen aus Formularen selbst zusammengeschrieben oder nicht individuell passende Formulare mit den Worten „Das ist aber nur ein Muster“ dem Kunden oder der Kundin überreicht. Die Erfahrung in der Rechtsanwaltskanzlei Guse ist aber auch: Es gibt bessere Lösungen!

  • Für Arbeitgeber, indem sie verstehen, dass eine schriftliche Dokumentation (Versorgungsordnung und Finanzierungsvereinbarung) nicht nur lästige Pflicht ist, sondern ihr soziales Engagement im eigenen Betrieb für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deutlich herausstellt – gleich ob bAV oder bKV. Dass es die Personalverwaltung entlastet, weil nur eine mit der Umsetzung beauftragte Person darin benannt ist und die Anbieterauswahl eingeschränkt wird.
  • Für Makler, Maklerinnen, Vermittler und Vermittlerinnen, die tiefergehende arbeitsrechtliche bAV- und bKV-Fragestellungen einem Partner überlassen, der die Versorgungsordnung schreibt und die rechtliche Begleitung für alle Beteiligten übernimmt, dafür haftet und die Interessenlagen des Maklers und der Maklerin sowie des Arbeitgebers kennt und beachtet. Auch die finanziellen – und daher eben nicht überzogene Honorare verlangt, sondern Kosten transparent und kalkulierbar darstellt. Übrigens, zur Einwand-Argumentation: Wenn die Alternative eine Strafe von 2.000 Euro – je Arbeitsverhältnis wohlgemerkt! – ist, dann sind einmalige Kosten im dreistelligen Bereich für die Erstellung einer Versorgungsordnung eine sehr gute Investition.
  • Für Versicherungen und Maklergesellschaften, die Software zur Verfügung stellen, die beim Onboarding eines Vertrags die Anbindung an die individualisierte Erstellung von Versorgungsordnungen für betriebliche Versorgung ermöglichen und damit die Voraussetzungen für rechtssichere Umsetzung schaffen.
AssCompact Forum betriebliche Versorgung

Dieser Beitrag erscheint im Rahmen des AssCompact Wissen Forums betriebliche Versorgung, das am 22.09.2022 in Mannheim stattfindet. Die Rechtsanwaltskanzlei Guse ist dort mit einem Messestand vertreten. Weitere Informationen zum Programm sowie zur Anmeldung finden Sie unter asscompact.de/forum-betriebliche-versorgung.

Bild: © REDPIXEL – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Christian Guse