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Finanzen
11. Oktober 2022
Notfallprogramm TPI: Ökonomen geben vorerst Entwarnung
Businessman with fire extinguisher is fighting with the burning money. Economic concept. Vector illustration

Notfallprogramm TPI: Ökonomen geben vorerst Entwarnung

Das DIW Berlin hat sich im Rahmen einer Studie mit dem neu etablierten EZB-Instrument namens TPI beschäftigt. Vorerst geben die Ökonomen Entwarnung. Die Zinsdifferenzen zwischen den Staatspapieren der Euro-Länder sind noch überschaubar. Vorsicht ist dennoch geboten.

Am 21.07.2022 hat die Europäische Zentralbank ein neues Instrument zur Krisenbewältigung im Euroraum vorgestellt. Das Transmission Protection Instrument (TPI) erlaubt es der EZB, Staatspapiere in unbegrenztem Umfang aufzukaufen – selbst der Ankauf von Wertpapieren des privaten Sektors ist gemäß TPI nicht mehr ausgeschlossen.

Wider dem Auseinanderdriften der Eurozone

Das Instrument soll einem unbegründeten Auseinanderdriften der Zinsen für Staatsanleihen zwischen den einzelnen Ländern der Eurozone entgegenwirken. Die EZB sah sich im Hinblick auf das TPI wieder einmal dem Vorwurf ausgesetzt, unter dem Deckmantel der Preisstabilität in Wahrheit Staatsfinanzierung zu betreiben. Direkte Staatsfinanzierung ist der EZB jedoch untersagt.

Keine Irrationalität erkennbar

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) gibt in einer aktuellen Studie im Auftrag des Europäischen Parlaments zumindest teilweise Entwarnung. Marktirrationalitäten seien im Augenblick nicht zu erkennen. Die Zinsen auf Staatsanleihen seien durch länderspezifische Fundamentaldaten und allgemeine Risikobewertung getrieben.

Keine Spur von Staatsschuldenkrise

Von einem Auseinanderdriften der Staatsanleiherenditen wie während der Staatsschuldenkrise könne nicht die Rede sein. Damals musste beispielsweise Griechenland für seine Anleihen über 25 Prozentpunkte mehr an Zinsen bieten als Deutschland, um seine Papiere am Markt platzieren zu können. Bei Staaten wie Spanien oder Italien waren es um die 5 Prozentpunkte mehr. Aktuell beträgt die Zinsdifferenz zwischen deutschen Bundesanleihen und italienischen oder griechischen Staatspapieren lediglich um die 2,5 Prozentpunkte.

Wann wendet sich das Blatt?

Die DIW-Ökonomin Kerstin Bernoth gibt jedoch zu bedenken: „Wir wissen aber aus vorherigen Krisen, dass sich das Blatt auch sehr schnell wenden kann, wenn sich die Risikowahrnehmung und die Herdendynamik auf den Finanzmärkten verändern.“ Sie fordert die EZB deshalb auch dazu auf, die Entwicklung der Renditen und die ihr zugrunde liegenden Faktoren genau im Blick zu behalten.

Vieles unklar rund um TPI

Doch die Studienautoren haben auch Kritik an dem neu etablierten Instrument TPI. Es gebe zu viele unklare Aussagen zu den Kriterien des Programms und die Abgrenzung zu anderen Ankaufprogrammen wie dem Pandemienotfallprogramm PEPP oder dem OMT sei unscharf. Sinnvoll wäre es laut Bernoth auch, wenn die nationalen Regierungen stärker in die Pflicht genommen würden, um den steigenden Zinsdifferenzen mit wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen zu begegnen. (tku)

Bild: © siraanamwong – stock.adobe.com