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26. August 2022
Orkan: Winterlager haftet für beschädigte Yacht
Lifebelt on the ship. Security concept for the boat passengers

Orkan: Winterlager haftet für beschädigte Yacht

Haftet der Lagerbetreiber für Schäden, die während eines Orkans an einem eingelagerten Schiff entstehen, obwohl zwischen Eigner und Lagerbetreiber eine Mietvereinbarung besteht? Dass bzw. warum dies der Fall sein kann, hatte das Schleswig-Holsteinische OLG zu klären.

Die Yacht eines Bootseigners ist im Oktober 2013 beim Orkantief „Christian“ im Winterlager vom Lagerbock gefallen. Unter anderem bohrte sich eine Stütze des Lagerbocks in den Schiffsrumpf. Es entstand ein Sachschaden von mehr als 100.000 Euro. Die Versicherungen des Yacht-Eigentümers beglichen den Schaden und verklagten die Lagerbetreiberin auf Kostenerstattung.

Yacht lagert auf Freifläche, Eigentümer deckt sie mit Plane ab

Nur wenige Tage vor dem Sturm hatten Mitarbeiter der Lagerbetreiberin die Yacht mit einem Kran aus dem Wasser gehoben und auf einen Lagerbock gesetzt. Zwischen den Ablageflächen und dem Rumpf hatten die Mitarbeiter dann mit Teppichresten abgedeckte Holzkeile angebracht. Der Kiel lagerte auf einer lose aufliegenden Stahlschwelle. Die Yacht stand auf einer Freifläche. Der Eigentümer deckte sie mit einer Plane ab.

In erster Instanz wies das Landgericht die Klage der Versicherungen gegen die Lagerbetreiberin ab: Das Vertragsverhältnis bezüglich des Stellplatzes und des Lagerbocks sei als Mietvertrag anzusehen. Ein Mangel des Stellplatzes oder des Lagerbocks sei nicht erkennbar. Eine besondere Beschaffenheit hätten die Vertragsparteien nicht vereinbart. Selbst wenn die Betreiberin fahrlässig einen zu kleinen Lagerbock zur Verfügung gestellt haben sollte, sei eine Haftung aufgrund ihrer AGB wirksam für Sachschäden ausgeschlossen. Besondere Verwahrpflichten treffe das Winterlager nicht.

Versicherung verlangt Kostenerstattung von Lagerbetreiberin

Die gegen das LG-Urteil gerichtete Berufung der Versicherungen hatte vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (OLG) aber Erfolg: Die Betreiberin des Winterlagers haftet laut OLG für die Schäden nach §§ 475 S. 1 HGB, 86 Abs. 1 Satz 1 VVG aus einem Lagervertrag. Auf die vertragliche Vereinbarung sei Lagervertragsrecht anwendbar, auch wenn der Vertrag im konkreten Fall als „Mietvereinbarung“ bezeichnet worden sei.

OLG sieht Lagervertrag anstatt Mietvereinbarung

Anders als bei einem Mietvertrag schulde der Lagerbetreiber die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Sache. Die Qualifizierung als Lagervertrag ergebe sich insbesondere aus der tatsächlichen Handhabung der Vertragspartner. Der Beweisaufnahme zufolge seien es im konkreten Fall ausschließlich die Mitarbeiter der Lagerbetreiberin gewesen, die eigenverantwortlich die Yacht lagerten. Dem Eigentümer seien keine Hinweise zu einer zusätzlichen Sicherung des Bootes gegeben worden. Für das Vorliegen eines Lagervertrags spreche auch, dass dem Bootseigentümer kein besonderer Stellplatz zugewiesen worden sei. Nach dem Vertrag habe die Betreiberin die Yacht später bei Bedarf auch an einen anderen Platz stellen dürfen.

Nach Auffassung des OLG ergibt die Beweisaufnahme, dass die Lagerbetreiberin und ihre Mitarbeiter für die Beschädigungen verantwortlich sind. Ihnen sei vorzuwerfen, dass sie die Yacht auf einen dafür ungeeigneten Lagerbock gesetzt und keine zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen ergriffen hätten. Hierbei hätten sie grob fahrlässig gehandelt, weil erkennbar gewesen sei, dass die Yacht kaum seitlich abgestützt gewesen sei, und weil man an der Ostseeküste stets mit starkem Seitenwind rechnen müsse. Die Abstützung des Schiffsgewichts von knapp 9 t auf einer losen Stahlschiene mit diversen Hölzern dazwischen wirke, so das OLG, von vornherein in höchstem Maße „unfachmännisch“.

Auch durch das Abdecken mit einer Plane sei der Schiffseigner nicht mitverantwortlich für den Schaden. Zwar könne eine solche Plane eine erhöhte Windlast verursachen. Die Lagerbetreiberin hätte jedoch auf die Risiken der Verpackung mit einer Plane hinweisen müssen – was nach Überzeugung des OLG ausgeblieben sei. (ad)

Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 22.08.2022 – 16 U 114/21

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