Gericht erkennt in Patientenverfügung andere Intention
Das Landgericht Osnabrück wies die Beschwerde jedoch zurück. Als Begründung führte das Gericht an, dass die Patientenverfügung hier nicht greift. Schließlich sei die Patientenverfügung von einer Website bereitgestellt worden, die sich politisch gegen die Zwangsbehandlung psychisch Kranker ausspricht und richte sich dementsprechend gegen die zwangsweise Behandlung psychischer Erkrankungen, nicht aber gegen die Behandlung körperlicher Leiden. Da die Person jedoch ihre eigene körperliche Gesundheit gefährdet, sei die Behandlung bereits dadurch begründet.
Gefahr für die Allgemeinheit
Des Weiteren ist eine Patientenverfügung zwar grundsätzlich zu beachten, wie das Gericht in seiner Urteilsbegründung anmerkt, aber das allgemeine Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen ende da, wo die Rechte von Dritten eingeschränkt werden. Sofern eine Person nun aufgrund ihrer psychischen Erkrankung eine Gefahr für Dritte darstellt, begründet das berechtigte Interesse der Allgemeinheit eine Behandlung. Diese müsse dann auch notfalls mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden.
Höchstrichterliche Klärung geboten
Das Landgericht Osnabrück hat jedoch die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen und dies damit begründet, dass eine höchstrichterliche Klärung des Sachverhalts nötig ist. Bisher sei nicht geklärt, inwiefern eine Patientenverfügung der Anordnung einer Zwangsbehandlung, aufgrund einer drohenden Gefährdung von Dritten, entgegenstehen kann. Sowohl der Gesetzeswortlaut in Niedersachsen, als auch in anderen Bundesländern, sei diesbezüglich nicht eindeutig und auch das Bundesverfassungsgericht habe sich mit dieser Frage noch nicht auseinandergesetzt. (tku)
Landgericht Osnabrück, Beschluss vom 10.01.2020, Az.: 4 T 8/20 – 4 T 10/20
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