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4. Juni 2021
PAX: BiPRO mit göttlichem Segen und einigen kleinen Sünden

PAX: BiPRO mit göttlichem Segen und einigen kleinen Sünden

Bei Versicherungen und Maklern aus dem kirchlichen Umfeld denkt man zunächst an Hochwürden und denkmalgeschützte Gemäuer. Hat der Makler seinen Sitz in Köln, wird dieses Gedankengebäude so hoch wie der Kölner Dom. Aber das Bild täuscht.

Dass der kirchliche Makler hochmodern unterwegs ist und die Hausaufgaben der Digitalisierung mithilfe des neuen ams.5 erfolgreich absolviert hat, erläutern Dirk Paulath und Jörg Dunkler vom PAX Versicherungsdienst GmbH in einem Gespräch mit Henning Plagemann von deutsche-versicherungsboerse.de über MVP-Systeme, die Sünden der Migration und den Segen der Standardisierung.

Wie sieht das Geschäftsmodell der PAX aus und was davon haben Sie digitalisiert?

Dirk Paulath Uns gibt es seit 1905, wir sind als Versicherungsdienst aus kirchlichen und sozialen Einrichtungen heraus entstanden und das ist auch heute noch unsere Kundenzielgruppe. Neben dem gewerblichen Geschäft von den karitativen Einrichtungen bis zum Industriegeschäft für die Krankenhäuser übernehmen wir auch das gesamte Belegschaftsgeschäft der Bediensteten. Das ist das klassische Privatkundengeschäft und das rief laut und deutlich nach Automatisierung.

Wie sieht ihre technische Infrastruktur aus?

Jörg Dunkler Wir haben eine Unternehmensfusion hinter uns, das bedeutete natürlich auch Migration von Beständen. Es ist zwar jede Migration anders, aber aufwendig und nervenzehrend ist es immer. Damals haben wir das gleich mit einem Systemwechsel verbunden und waren somit einer der ersten Nutzer von ams.5, wir haben praktisch alle Höhen und Tiefen eines neuen Systems mitgenommen. Die Migration haben wir eigenverantwortlich durchgeführt, eine kleine strategische Sünde, die einige manuelle Nacharbeiten am Bestand nach sich zog. Wir setzen konsequent auf Standards, sowohl beim MVP-System als auch mit BiPRO bei der Kommunikation mit den Versicherungen, denn wir sind immer noch Versicherungsmakler und kein IT-Dienstleister mit Softwareentwicklern.

DP Im Bereich der Antragsprozesse haben wir letztes Jahr 95% Automatisierung erreicht, das werden wir in diesem Jahr noch einmal steigern. Wir nutzen also komplett durchgehend digitale Strecken. In den Verwaltungsprozessen muss man das differenziert betrachten, aber Standardvorgänge sind auch hier bereits automatisiert und in die Buchhaltung haben wir ebenfalls einen hohen Aufwand gesteckt, weil wir neben den Courtagen auch Honorare aus dem Riskmanagement und der Schadenprävention erzielen und somit verarbeiten müssen.

Digitalisierungsprojekte sind fehleranfällig – was ist bei Ihnen schiefgegangen?

DP Mit neuer Technik kommen neue Fehlerquellen, die ich vorher nie erlebt habe. Ein Versicherer hatte eine Prämienrückerstattung im Bestand durchgeführt und die Dokumente per BiPRO an uns geschickt. Wir haben diese auch erhalten, allerdings wurde der Geschäftsvorfall „Prämienrückerstattung“ nicht als solcher erkannt und der Vorgang automatisiert zu den Akten gelegt. Wir haben somit keine Rückerstattung an den Kunden durchgeführt und kamen in Erklärungsnot, als dieser uns darauf ansprach. Früher hätte man das dem mit einem untergegangenen Schreiben entschuldigt, aber die Erklärung, dass der Computer ein Dokument verbummelt hat, das klingt unglaubwürdig. Aber so war es und wir haben wieder etwas gelernt.

Welchen Rat geben Sie Maklern, die sich den digitalen Herausforderungen neu stellen müssen?

JD Die Infrastruktur und die Systeme bekommt man in den Griff, da kann und sollte man sich auch externer Hilfe bedienen, unter dem Strich kommt das günstiger. Das ist aber nur die Grundlage, viel wichtiger ist die Organisation der fachlichen Teams. Die Arbeitsprozesse müssen abgestimmt sein und auch aktiv gelebt werden, sonst läuft die technische Unterstützung ins Leere. Unser Team hatte sich in der Vergangenheit durch klar strukturierte und dokumentierte Prozesse im Bereich organisiert, das war die optimale Grundlage für die Digitalisierung.

DP Ich kann noch den Rat beisteuern, den Systemwechsel und Migrationsaufgaben in die ruhige Jahreszeit zu verschieben. Lieber den Sommerurlaub verschieben als zum Jahreswechsel die Bescherung in der Buchhaltung zu feiern. Aber rückblickend verliert alles seinen Schrecken und wir blicken heute gelassener in die Zukunft, weil wir die Gewissheit haben, auch kommende technische Neuerungen in unsere Prozesse integrieren zu können.

Liegt auf der Maklerdigitalisierung ein Segen?

JD Ich habe meine Ausbildung beim Gerling gemacht, daher würde ich das eher pragmatisch beantworten: Eigene Position bestimmen, Handlungsfelder identifizieren und sich mit dem Team eine realistische Roadmap vornehmen.

Danke für diese Einsichten.

Das Gespräch führte Henning Plagemann, deutsche-versicherungsboerse.de

Bild: © deutsche-versicherungsboerse.de