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8. April 2014
PIBS, PRIIPS, KID und Co: Wie gut sind Verbraucher bei der Vermögensanlage geschützt?

PIBS, PRIIPS, KID und Co: Wie gut sind Verbraucher bei der Vermögensanlage geschützt?

„Der Schutz des Verbrauchers bei der Vermögensanlage“ – unter diesem Motto fand am 03.04. und 04.04.2014 das 5. Forum für Verbraucherrechtswissenschaft und gleichzeitig das 11. Bayreuther Forum für Wirtschafts- und Medienrecht statt. Das Vortragsprogramm deckte die ganze Palette des Finanz-Verbraucherschutzes ab.

Doch nicht nur das. Auch die Erfolgsfaktoren guter Anlageberatung wurden diskutiert und welche Chancen und Risiken Finanzprodukte 2.0 wie Apps oder Online-Crowdinvesting bieten.

Nach den obligatorischen Begrüßungen durch die Veranstalter des Betriebswirtschaftlichen Forschungszentrums für Fragen der mittelständischen Wirtschaft e. V. an der Universität Bayreuth (BF/M) gaben Matthias Roder vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und Dr. Hagen Christmann vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) einen Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Informationspflichten in der Anlageberatung. Das Timing hätte kaum besser sein können, denn die Vertreter des EU-Parlaments, des Rates und der EU-Kommission hatten sich am Vortag des Veranstaltungsauftakts in den Verhandlungen zur Verordnung zu Packaged Retail and Insurance-based Investment Products (PRIIPS) geeinigt. Trotz Kritik an einzelnen Aspekten, zeigte sich Christmann insgesamt zufrieden mit dem Reformpaket.

Information ist nicht alles

Ob sich allein durch bessere Information die Anlageentscheidungen verbessern lassen, erläuterte im Anschluss Prof. Dr. Andreas Oehler. „Wollen wir das wissen müssen“, stellte der Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwirtschaft der Universität Bamberg zu Beginn die Frage, ob es nicht mittlerweile einen choice oder information overload gebe, sprich zu viele Informationen und Entscheidungsmöglichkeiten. Letztlich kam Oehler zu dem Schluss, dass die Qualität und nicht die Quantität der Informationen entscheidend sei – und hier gebe es bei den bisherigen Informationsblättern und Prospekten noch reichlich Verbesserungsbedarf. Oehler forderte einen ganz einfach gehaltenen Standard-Mustertext für alle Finanzprodukte. Dieser sei selbst für scheinbar komplizierte Produkte möglich.

Im Grunde keine Haftung vorhanden

Dass die bisherige Informationspraxis Mängel aufweist, hielt im Anschluss auch Prof. Dr. Volker Emmerich von der Universität Bayreuth fest. Kunden würden vor allem unter dem Problem der Beweislast leiden. In der Praxis sei so eine Falschberatung sehr schwer nachzuweisen. Schon gar nicht sollten Kunden Beratungsprotokolle unterschreiben. Insgesamt gebe es im Grunde keine Haftung der Berater und daher auch kaum Urteile. Emmerich stellte daher drei Forderungen auf. Zum einen solle zukünftig das Privatrecht angewendet werden. Zum anderen müssten zu komplizierte Finanzprodukte komplett für den Vertrieb an Privatpersonen gesperrt werden. Zu guter Letzt müsse die Haftung ausgeweitet werden, und zwar nicht nur die Prospekthaftung. Im Anschluss des Vortrags diskutierten Oehler und Emmerich, ob auch bei Verkäufen Informationspflichten eingeführt werden müssten – was beide letztlich grundsätzlich befürworteten.

BaFin ist mehr als ein zahnloser Tiger

Ulf Linke von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ließ einblicken, welche Möglichkeiten seine oft kritisierte Behörde hat. Dabei blickte er durchaus etwas neidisch auf seine Kollegen in Großbritannien, die medienwirksame Strafen gegen Banken verhängen können. Den Vorwurf des zahnlosen Tigers wollte er aber nicht gelten lassen. Die BaFin habe in den vergangenen Jahren nicht nur mehr Rechte bekommen, sondern auch deutlich mehr Personal. Man sei daher heute viel öfter vor Ort in den Filialen der Banken, um Vorwürfe zu prüfen. Im Visier habe man dabei weniger den einfachen Berater, als die jeweiligen Vertriebsbeauftragten. Schließlich könne man feststellen, dass Anlegerdepots stark von internen Vertriebsvorgaben bestimmt werden. Die Neuregelung für Honorar-Finanzanlagenberater (§ 34h GewO) schilderte im Anschluss Ulrich Schönleiter. Der Ministerialdirigent a.D. im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hob zunächst allerdings hervor, dass die Überwachung von Finanzanlagevermittlern nach § 34f, die in diesem Falle Gewerbeämter und Kammern vornehmen, gut funktioniere. Hier gebe es bereits weitreichende Sanktionsmöglichkeiten. Positiv sei zudem, dass bei erfolgreichem Antrag auf eine Lizenz nach § 34h automatisch zu einem Verlust der Lizenz nach §34f führen wird. So werde eine Doppelstellung als freier und provisionsabhängiger Berater verhindert.

Information allein reicht nicht aus

Juristische Möglichkeiten spielten für Prof. Dr. Andreas Hackethal vom House of Finance der Johann-Wolfang-Goethe Universität in Frankfurt eine untergeordnete Rolle. Er wies vor allem auf das Problem der letzten Meile hin. So seien die meisten Anleger ordentlich informiert und wüssten grundsätzlich, dass und wie man vorsorgen sollte. Medikamente würden ebenfalls tausendfach falsch eingenommen, obwohl die Beipackzettel alle Risiken und Anwendungshinweise beinhalten. Wie in fielen Bereichen scheitern die guten Vorsätze aber meist an Kleinigkeiten. So sei es etwa auch wenig sinnvoll auf dem Weg zum Fitnessstudio die Rolltreppe statt die Treppe zu nehmen. Das ist zwar offensichtlich, in der Realität würden sich trotzdem viele für die Rolltreppe entscheiden. Als Lösung müssten Anleger sich selbst klare Regeln setzen. Diese helfen laut Hackethal nicht nur dabei Geld zu sparen statt auszugeben, sondern auch die Qualität der Anlage zu verbessern. Studien hätten gezeigt auf, dass selbst Erfahrung insgesamt keine besseren Anlageerfolge liefere. Auch oder gerade Profis würden sich oft verführen lassen und auf Instinkt statt auf Vernunft setzen. Produktinformation allein helfe daher wenig, um die Anlageberatung zu verbessern. Vielmehr müsse man Kunden dabei unterstützen, die Grundregeln der Geldanlage, wie etwa eine ausreichende Streuung der Risiken, einzuhalten. „Die Intuition auszuschalten und die Logik einzuschalten – dabei müssen Berater den Kunden helfen“, erläuterte Hackethal.

Unreguliertes Geldeinsammeln

Die abschließende Podiumsdiskussion nahm Finanzprodukte 2.0 unter die Lupe. Während die übrigen Diskussionsteilnehmer sowie die Nachfragen der Verbraucherschützer im Publikum ihr Unbehagen über die riesigen Datensammlungen im Internet äußerten, stellte Andreas Zubrod von Union Asset Management vor allem die Chancen in den Vordergrund. Er selbst habe keine Probleme seine Daten herauszugeben, wenn er dafür im Gegenzug individueller beworben und beraten wird. Wie Vermögensanlage in der digitalen Welt gut funktioniert, mache ausgerechnet die Konkurrenz-App der Sparkassen vor. Stephan Götzel vom Genossenschaftsverband Bayern ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Die Volks- und Raiffeisenbanken hätten die Herausforderungen der Digitalisierung erkannt und stellten konsequent darauf ein. Allerdings werde es auch in mehreren Jahrzehnten noch Bedarf an persönlicher Beratung geben.

Auf wenig Begeisterung stieß bei allen Beteiligten der Diskussionsrunde der Trend zum Crowdinvesting über Online-Plattformen wie Kickstarter oder Startnext. „Letztlich ist das nichts anderes als unreguliertes Geldeinsammeln“, sagte Rainer Metz vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Metz forderte zudem, dass Preisvergleichsseiten genauer unter die Lupe genommen werden müssten, da nicht immer klar sei, warum welches Angebot ganz oben auf den Ergebnislisten stehe und welche Provisionen die Portalbetreiber von Produktanbietern erhalten. Hier müsse mehr Transparenz geschaffen werden. Man könne schließlich nicht offline die Auflagen ständige verschärfen und online vieles tolerieren.

Foto 2: Prof. Dr. Martin Schmidt-Kessel

Foto 3: v.l.n.r. Prof. Dr. Stefan Leible, Heribert Trunk, Prof. Dr. Klaus Schäfer, Prof. Dr. Martin Schmidt-Kessel, Prof. Dr. Markus Möstl, Prof. Dr. Rupprecht Podszun