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11. Dezember 2020
PKV-Anbieter blicken mit gewisser Unsicherheit in die Zukunft

PKV-Anbieter blicken mit gewisser Unsicherheit in die Zukunft

Worin sehen die privaten Krankenversicherer die wichtigsten Trends, welchen Produkten sprechen sie die größten Wachstumspotenziale zu, was bereitet Sorgen und was erwarten siekünftig vom Wettbewerb? Zu diesen Themen wurden Vorstände von PKV-Anbietern im Rahmen einer Studie befragt.

Die privaten Krankenversicherer hierzulande stehen vor etlichen Herausforderungen, wie steigende Krankheitskosten, Ungewissheit über zukünftige gesundheitspolitische Maßnahmen oder die Folgen der Niedrigzinsphase auf die Beitragsentwicklung. Zugleich ergeben sich infolge der technologische Innovationen aber neue Möglichkeiten in Sachen Kundenausrichtung und Effizienzsteigerung. Wo die Reise der PKV hingeht, beleuchtet eine aktuelle Studie von Deloitte, dem Institut für Versicherungswissenschaft an der Universität zu Köln (IVK) und der Wiesbaden Business School. Für die Analyse wurden zwischen Mai und Juli 2020 die Vorstände von 16 privaten Krankenversicherern befragt.

Zufriedenheit mit vergangenem Geschäftsjahr

Rund 94% der Befragten zeigen sich zufrieden mit ihrer Geschäftsentwicklung im Jahr 2019, ganze 38% sind sogar „sehr zufrieden“. Den Ausschlag hierfür gab vor allem die positive Entwicklung des Neugeschäfts, für fast 70% der Unternehmen die wichtigste Steuerungsgröße für das Krankenversicherungsgeschäft.

Mit Blick nach vorn macht sich aber eine gewisse Unsicherheit bemerkbar. Die Mehrheit der Befragten rechnet im Falle politischer Veränderungen mit deutlichen Auswirkungen auf ihr Tätigkeitsfeld. Dazu zählen etwa mögliche Eingriffe in das PKV-Geschäftsmodell, sollte eine Bürgerversicherung eingeführt werden, oder Veränderungen im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherer. 

Digitalisierung als Veränderungsmotor

Von Gesundheits-Apps über Online-Selbsttests bis hin zu digitalen Gesundheitsakten: Die Digitalisierung bewegt den gesamten Gesundheitssektor. Zudem sorgen Big Data und künstliche Intelligenz (KI) für eine Transformation des Gesundheitswesens. So sehen es auch die befragten Vorstände: Ausnahmslos betrachten sie die Digitalisierung mittelfristig als wichtigsten Veränderungstreiber im Geschäftsumfeld der Krankenversicherer. Zudem hat sie auf lange Sicht eine strategische Bedeutung. 81% der PKV-Anbieter befinden sich bereits in der Umsetzung einer entsprechenden Digitalstrategie, 19% erarbeiten derzeit eine solche.

Hohes Potenzial für KI, bei Cloud-Lösungen noch Bedenken

Im Krankenversicherungsbetrieb sorgen digitale Technologien für Einsparungen und Effizienzsteigerungen. Ein Großteil der Befragten spricht dem Einsatz von KI und Robotics Process Automation (RPA) hohes Potenzial zu – sowohl in der Leistungsbearbeitung (94%) als auch in Tarifierung, Risikoprüfung und im Underwriting (69%). Dagegen haben zahlreiche Versicherer bei der Nutzung von Cloud-Lösungen noch Datenschutzbedenken. 

Corona-Krise als Maßnahmen-Beschleuniger

Laut Studie hat die Covid-19-Pandemie bereits bestehenden oder begonnenen Digitalisierungsmaßnahmen einen deutlichen Schub verliehen. So hat die Pandemie nach Auffassung der Befragten sowohl die Digitalisierung von Prozessen (63% Zustimmung) als auch die der Kundenkommunikation (56% Zustimmung) vorangetrieben. „Das betrifft beispielsweise digitale Arbeits- und Kollaborationsmodelle, den Auf- und Ausbau digitaler Gesundheitsangebote, aber auch die Überarbeitung der Ansprachekonzepte für einen noch zielgruppengerechteren Kundenservice“, erläutert Stefanie Kampmann, Partnerin und Leiterin Insurance Consulting bei Deloitte. 

Härterer Wettbewerb erwartet

Wie die Umfrage weiter zeigt, rechnet ein Großteil der privaten Krankenversicherer damit, dass sich der Wettbewerb zukünftig verschärfen wird, und zwar sowohl zur gesetzlichen Krankenversicherung (82%) oder zur direkten PKV-Konkurrenz (69%).

Krankenzusatzversicherung als Wachstumstreiber

Was die Produkte betrifft, sehen die Vorstände das größte Wachstumspotenzial einstimmig in der Krankenzusatzversicherung (100% Zustimmung), gefolgt von der betrieblichen Krankenversicherung (81% Zustimmung). Auch in der klassischen Krankenkostenvollversicherung versprechen sich 68% der Studienteilnehmer nach wie vor ordentliche Wachstumschancen. Im Segment der Pflegezusatzprodukte sprechen die Befragten der Pflegezusatzversicherung mit rund 88% Zustimmung die größten Potenziale zu – insbesondere in Kombination mit Assistanceleistungen und Pflegeserviceprodukten. 

Digitale Gesundheitsprodukte im Fokus

Digitale Produkte und Services können die Kundenzufriedenheit und -gesundheit positiv beeinflussen. Für die befragten Versicherer zählen Apps zur Therapieunterstützung (94%), Telemedizin (88%) und E-Portale (81%) zu den vielversprechendsten Angeboten. Die Mehrheit der PKV-Anbieter, die an der Erhebung teilgenommen haben, hat sie sogar bereits implementiert. 94% gehen davon aus, dass digitale Gesundheitsprodukte die Gesundheitskosten langfristig senken werden.

Mehr Kooperationen

Hierfür wollen die privaten Krankenversicherer auch verstärkt auf die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern wie InsurTechs, Gesundheitsdienstleister oder Vertriebspartner setzen. Überhaupt erwarten alle Befragten künftig einen deutlichen Anstieg von Kooperationen im gesamten Wettbewerbsumfeld. (tk)

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