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6. Februar 2023
PKV: Beitragsanpassungen sind häufigster Beschwerdegrund
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PKV: Beitragsanpassungen sind häufigster Beschwerdegrund

Insgesamt 6.429 Beschwerden erreichten den PKV-Ombudsmann im Jahr 2022. Die Beschwerdequote bleibt damit auf niedrigem Niveau. Das belegt der aktuelle Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle. Doch auf welche Angelegenheiten entfallen die meisten Beschwerden?

Der Ombudsmann der Privaten Kranken- und Pflegeversicherung (PKV) hat seinen Tätigkeitsbericht 2022 vorgelegt. Insgesamt stieg demnach die Zahl der Beschwerden auf 6.429 leicht im Vergleich zum Vorjahr an, wo nur 6.041 Beschwerden eingingen. Bei insgesamt 46,6 Millionen bestehenden Verträgen ergibt dies allerdings eine Beschwerdequote von unter 0,02%. Die leicht gestiegene Zahl der Beschwerden sei auf einen „Sondereffekt“ zurückzuführen. Denn eine Rechtsanwaltskanzlei habe kurz vor Jahresende 1.300 gleichlautende Schlichtungsanträge beim Ombudsmann im Zusammenhang mit Beitragsanpassungen eingereicht, heißt es in einer Pressemitteilung des PKV-Verbandes. Hierfür spielten die ab 2020 ergangenen Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) eine maßgebliche Rolle, die unverändert einen hohen Klärungsbedarf der Versicherten rund um die Frage der Rechtmäßigkeit von Beitragsanpassungen nach sich ziehen würden, so der Bericht. Doch auch die Corona-Pandemie spielte 2022 wieder eine große Rolle. In dem Zusammenhang ging es häufig um Streitigkeiten bei Testkosten von vorsorglichen PCR-Tests vor stationären Behandlungen. Es gibt aber auch andere Beispiele.

Beitragsanpassungen häufigster Beschwerdegrund

Von allen 2022 eingegangenen Anträgen wurden 88,6% angenommen, nur etwa jeder zehnte (11,4%) wurde abgelehnt. Der häufigste Ablehnungsgrund war die Nichtzuständigkeit der Schlichtungsstelle für die angetragenen Fälle. In 80,5% der angenommenen Fälle ging es um Beschwerden von Versicherten in der Krankheitskostenvollversicherung. Spitzenreiter bei den Beschwerden waren Beitragsanpassungen (38,8%) und damit verbundene Befürchtungen seitens der Versicherten, sich die Beiträge aufgrund steigender Lebenshaltungskosten künftig nicht mehr leisten zu können. Des Weiteren erreichten den Ombudsmann Anträge bei Fragen der medizinischen Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen (10,8%), Gebührenstreitigkeiten (10,8%), Vertragsauslegung (7,5%) und Kostenerstattungen von Arznei-, Heils- und Hilfsmitteln (8,8%).

Komplexe Verträge oft Streitthema bei Zusatzversicherungen

Bei privaten Krankenzusatzversicherungen gab es hauptsächlich Streitigkeiten zur Auslegung der Versicherungsbedingungen (27,1% der Beschwerden). Aufgrund des Komplexität dieser Verträge käme es häufig zu Uneinigkeiten zwischen Versicherern und Versicherten, welche Leistungen von den Anbietern erstattet werden sollten, hieß es in dem Bericht. In der Kategorie der Pflegepflichtversicherung ging es vor allem um zu erstattende Leistungen (60,3%) sowie um Fragen rund um den Vertrag und Versicherungsbedingungen (25,0%). Insgesamt 4.289 Verfahren schloss die Schlichtungsstelle 2022 ab. In etwas mehr als jedem fünften Verfahren (21,4%) konnte eine Einigung erzielt werden. In 3.094 Fällen war eine Schlichtung nicht, oder nur teilweise möglich. 6,5% der Verfahren wurden auf Wunsch der Antragsteller eingestellt.

Womit sich der PKV-Ombudsmann beschäftigt

Doch welche konkreten Beschwerden erreichen den Ombudsmann? Dazu wurden im Bericht einige Beispiele genannt.

  • Vertragsauslegung/Versicherungsbedingungen

Eine Vielzahl der im Ombudsmannverfahren eingereichten Anträge betrifft die Prüfung der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen. So ermüdete ein Wanderer während seiner Wanderhochtour in den Alpen überraschend. Und aufgrund der Witterungsbedingungen hätte er die Wanderung nicht mehr rechtzeitig beenden können. Daher erfolgte eine Bergung mit Bergrettern und Hubschrauber ins Tal, wo es dem Antragssteller dann aber wieder besser ging. Allerdings lehnte der Versicherer die Kostenerstattung für die Rettung des Versicherten ab. Begründung: Die Rettung sei nicht medizinisch notwendig gewesen. Das konnte der Versicherte nicht nachvollziehen, denn er hätte die Tour nicht aus eigenen Kräften beenden können. Er zog vor die Schlichtungsstelle.

Laut PKV-Ombudsmann liegt ein medizinisch notwendiger Transport dann vor, wenn medizinisch qualifiziertes Personal anwesend sein muss, lebensrettende Maßnahmen erfolgen müssen oder diese während des Transports notwendig werden könnten. Der Versicherer argumentierte, dass dies im Falle des Wanderers nicht der Fall gewesen sei, vor allem weil der Versicherte nicht zum Arzt oder ins Krankenhaus, sondern lediglich ins Tal befördert werden musste, und es ihm wieder besser ging, als er dort ankam. Er war vor dem Hintergrund seiner Ermüdung lediglich nicht in der Lage, die Tour fortzusetzen. Es handelte sich daher nicht um eine medizinisch notwendige Rettung. Der Ombudsmann konnte die Rechtsauffassung des Versicherers daher nicht beanstanden, hieß es in dem Bericht. Auch zu freiwilligen Leistungen war der Versicherer nicht bereit. Eine Schlichtung war daher nicht möglich.

  • Gebührenstreitigkeiten

Regelmäßig betreffen die an den Ombudsmann gerichteten Anträge gebührenrechtliche Fragestellungen zu speziellen Behandlungsmethoden, bspw. bei kieferorthopädischen Behandlungen. In einem Verfahren, das der Tätigkeitsbericht ebenfalls schilderte, standen daher Gebührenstreitigkeiten zwischen Versicherer und behandelndem Arzt im Fokus der Schlichtung. Bei dem Antragsteller musste eine Wurzelbehandlung durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang wurde eine bereits vorhandene Wurzelkanalfüllung entfernt und der Wurzelkanal sodann abschließend versorgt. Im Rahmen der Kostenerstattung ließ der Versicherer aber die zusätzlich analog angesetzte Gebührenziffer für die Entfernung des alten Wurzelkanalfüllmaterials unberücksichtigt. Der PKV-Versicherer wies darauf hin, dass diese Leistung bereits von der Hauptleistung – der Wurzelkanalaufbereitung – umfasst sei und daher nicht nochmals berechnet werden dürfe. Und auch diese Einschätzung des Versicherers hielt der PKV-Ombudsmann für nachvollziehbar und vertretbar.

Verfahren für Versicherte kostenfrei

Das Schlichtungsverfahren des Ombudsmannes ist für Versicherte kostenfrei und mit keinem Risiko verbunden, da er seine etwaig gegen den Versicherer bestehenden Ansprüche behält. Der Ombudsmann der Privaten Kranken- und Pflegeversicherung ist seit dem 01.01.2014 Heinz Lanfermann. Lanfermann ist ehemaliger Bundestagsabgeordneter der FDP. Von 1996 bis 1998 war er Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz. (js)

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