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15. April 2021
PKV: Leistungsausschluss wegen verschwiegener „Anomalie“?

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PKV: Leistungsausschluss wegen verschwiegener „Anomalie“?

Keine Anzeigepflichtverletzung

Das Landgericht hatte die Klage auf Kostenerstattung abgewiesen. Die Berufung vor dem OLG Frankfurt hingegen hatte überwiegend Erfolg. Der Versicherer sei nach Überzeugung des Gerichts nicht zur Vertragsanpassung unter Aufnahme eines Risikoausschlusses für die Behandlung von Zahnfehlstellungen/Anomalien berechtigt gewesen. Der Versicherungsnehmer habe keine Anzeigepflichten verletzt. Soweit bei seiner Tochter ein Engstand der Backenzähne vorgelegen und ihm bekannt gewesen sei, sei das nicht anzeigepflichtig gewesen.

Bedeutung von Anomalie ist unklar

Zum einen handele es sich bei dem Engstand nicht um eine Krankheit im versicherungsvertraglichen Sinne. Falls der Versicherer meine, es liege eine Anomalie vor, sei die Antragsfrage unklar. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei nicht erkennbar, was unter einer Anomalie im Zahnbereich zu verstehen sei. Gemäß der Definition im Duden verstehe man unter einer Anomalie eine Abweichung vom Normalen, eine körperliche Fehlbildung. Darunter dürfte der durchschnittliche Versicherungsnehmer eher eine Missbildung verstehen, als eine Zahn- und Kieferfehlstellung. Hinzu komme, dass dem Begriff der Anomalie eine gewisse Dauerhaftigkeit immanent sei, sich der Zahnstatus der neunjährigen Tochter des Klägers aufgrund fortschreitenden Wachstums und Zahnwechsels aber naturgemäß ändere.

Wertung des Versicherungsnehmers ist unzulässig

Die Frage verlange dem Versicherungsnehmer aber auf jeden Fall eine Wertung ab. Fragen jedoch, die eine Wertung des Versicherungsnehmers voraussetzten, seien grundsätzlich unzulässig, entschied das OLG Frankfurt. Derartige Fragen könnten deshalb auch keine Anzeigepflicht begründen. (tku)

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.03.2021 – 7 U 44/20

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