AssCompact suche
Home
Assekuranz
16. Juni 2021
PKV zwischen Beitragsanpassungen, Rekordwachstum und Budgettarifen

PKV zwischen Beitragsanpassungen, Rekordwachstum und Budgettarifen

In ihrem „Marktausblick zur privaten Krankenversicherung“ bescheinigt die Rating-Agentur Assekurata der PKV, dass sie zwar wirtschaftlich gut durch die Corona-Krise komme und es durch Beitragsanpassungen zu Rekordwachstum komme, allerdings gebe es daneben eine Stagnation in Sachen Pflegezusatzversicherung.

Der Niedrigzins hat die private Krankenversicherung (PKV) auch 2021 fest im Griff und schlägt mit hohen Beitragsanpassungen in der Voll- und Pflegeversicherung durch. Dies teilte die Rating-Agentur Assekurata auf ihrer Audio-Web-Pressekonferenz „Marktausblick zur privaten Krankenversicherung“ am 15.06.2021 mit und wies auch darauf hin, dass die Branche die Corona-Pandemie 2020 wirtschaftlich gut überstanden habe, wozu auch ein pandemiebedingt vergleichsweise moderater Leistungsausgabenanstieg in der Vollversicherung beigetragen habe.

Moderater Anstieg bei Leistungsausgaben in der Vollversicherung

Die pandemiebedingt geringere Zahl an Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten hätten die Leistungsausgaben in der Vollversicherung 2020 mit voraussichtlich 2,9% deutlich moderater ansteigen lassen als in den beiden Vorjahren, in denen die Kostensteigerungen über 4% lagen. Zusätzlich hätten insbesondere die Beitragsanpassungen in der Pflegepflichtversicherung dazu beigetragen, dass die PKV im Geschäftsjahr 2020 ihr versicherungsgeschäftliches Ergebnis deutlich von 4,9 Mrd. Euro auf rund 5,7 Mrd. Euro habe steigern können, fasst Gerhard Reichl, Fachkoordinator Krankenversicherung der ASSEKURATA Assekuranz Rating-Agentur GmbH, die Ergebnisse zusammen.

Das Kapitalanlageergebnis ging allerdings von 9,5 Mrd. Euro auf ca. 8,7 Mrd. Euro zurück, was einer Nettoverzinsung von knapp 2,9% entspricht. Dieser Rückgang ließ sich laut Assekurata auch nicht durch den Gewinnanstieg im Versicherungsgeschäft kompensieren, wodurch insgesamt auch das Rohergebnis nach Steuern marktweit um 0,3 Mrd. Euro auf rund 5,7 Mrd. Euro sank.

Mehr als drei Viertel der Vollversicherten entfallen auf „Big 10“

Beim Personenwachstum in der Vollversicherung hat sich der Trend leichter Bestandsverluste fortgesetzt (2020: – 0,1%). Mehr als drei Viertel der vollversicherten Personen entfallen laut Assekurata auf die „Big 10“, Debeka (knapp 30%), AXA, DKV, SIGNAL IDUNA, Allianz Private Kranken, HUK-COBURG, Continentale, Bayerische Beamten KK, Generali Deutschland und Barmenia. Beitragsseitig verzeichnete die Branche ähnlich wie 2010 und 2017 zwar einen Rekordzuwachs von rund 1,8 Mrd. Euro, der jedoch wiederum zu einem Großteil auf Beitragsanpassungen – diesmal vor allem in der besonders zinssensitiven Pflegeversicherung – beruht.

Da der Rechnungszins im Zuge der durchgeführten Beitragsanpassungen im Branchenschnitt mittlerweile nur noch bei 2,66% liegt, betrug die Zinsanforderung 2020 lediglich 7,5 Mrd. Euro. Ohne Absenkung, also bei einem Rechnungszins von 3,50%, hätte sie bei 9,8 Mrd. Euro gelegen. „Dies verdeutlicht die entlastende Wirkung des aktuariellen Unternehmenszinses auf die Unternehmen, für die dadurch eine Fortsetzung der Niedrigzinsphase zumindest ökonomisch kein Problem darstellen dürfte“, erläutert Reichl. Ein Indiz hierfür sind auch die Solvenzquoten, die in der PKV ohne Übergangsmaßnahmen und Volatilitätsanpassung mit durchschnittlich 397% deutlich höher ausfallen als in der Lebensversicherungssparte mit durchschnittlich gut 200%. Die Kehrseite der Medaille sind jedoch die damit einhergehenden Beitragssteigerungen in der Voll- und Pflegeversicherung, die bei Kunden und Vermittlern für Verunsicherung sorgen und unternehmensseitig das Neugeschäft bzw. das Bestandswachstum negativ tangieren.

Stagnation in der Pflegezusatzversicherung

Besonders deutlich wird dies aktuell in der Pflegezusatzversicherung, die im Geschäftsjahr 2020 netto nach Verträgen aller Voraussicht nach stagnierte. Ursächlich dafür: Ein Neugeschäftsrückgang von rund 30% und ein Stornoanstieg von 70%, jeweils gemessen in Monatssollbeiträgen. Die Verteuerung der Beiträge aufgrund des PSG II hat die Zahl der Leistungsempfänger in der sozialen und privaten Pflegepflichtversicherung von 2016 bis 2019 um knapp 45% und die Leistungsausgaben um rund 41% von 29,95 Mrd. Euro auf 42,27 Mrd. Euro ansteigen lassen. Aus diesem Grund werden die Unternehmen die Beiträge in der privaten Pflegepflichtversicherung für Beamte zum 01.07.2021 erneut anheben.

Transformation vom Kostenerstatter zum Gesundheitsdienstleister

Aber: Die Versicherer arbeiten laut Assekurata auch weiterhin stark daran, sich vom reinen Kostenerstatter zum Gesundheitsdienstleister zu transformieren. Dieser Entwicklung sei natürlich auch der durch Corona ausgelöste Digitalisierungsschub förderlich gewesen. Deutliche Luft nach oben gibt es diesbezüglich laut Assekurata-Geschäftsführer Dr. Reiner Will aber noch in der Bekanntmachung der einzelnen Services unter den Kunden. Die PKV müsse auf diesem Feld Mitinitiator und Innovator sein, so Will, der als aktuelles Beispiel ein Impfzertifikat nannte, das nun in einer App hinterlegt werden könne, sodass jeder den Nachweis seiner Corona-Impfung immer griffbereit dabeihabe. Anhand solcher Beispiele könne die Branche die Massenaufmerksamkeit für ihre Gesundheitsdienstleistungen vonseiten ihrer Versicherten bekommen.

Des Weiteren hat Assekurata untersucht, dass der Tarifwechsel in der PKV kein Massenphänomen ist und die Honorarberatung hier kaum eine Rolle spielt. Der Anteil der Vollversicherten, die bereits den Tarif oder Selbstbehalt gewechselt haben, hat sich seit 2016 im Assekurata-Durchschnitt kaum verändert – knapp zwei Drittel der Tarifwechsel werden über den Vermittler durchgeführt, lediglich 6% über externe Honorarberater. Hier zeige sich, dass persönliche Ansprechpartner eine hohe Bedeutung hätten, dass die persönliche Betreuung und Beratung einen wesentlichen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit ausübe. Kunden, die einen Tarifwechsel über Honorarberater vornähmen, zeigten auch eine höhere Bereitschaft zur (theoretischen) Rückkehr in die GKV, so Assekurata.

Ausblick: Beitragsanpassungsdruck und Budgettarife

Und wie steht es um den Blick in die Zukunft? „Bereits zu Beginn des Jahres hatten die Gesellschaften die Beträge in der Vollversicherung marktweit so stark angepasst wie seit 2010 nicht mehr“, erklärt Gerhard Reichl. Im Durchschnitt der von Assekurata gerateten Krankenversicherer erhöhten sich die Bestandsbeiträge im Beihilfesegment um 5,7% und im Nicht-Beihilfebereich um 7,7%. „Nachhaltige Ruhe an der Beitragsfront ist vorerst nicht in Sicht, schon allein aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase, die auch in den kommenden Jahren durch weitere Rechnungszinsabsenkungen für Beitragsanpassungen sorgen dürfte“, mahnt Dr. Reiner Will. Für 2021 erwartet Assekurata in der Vollversicherung keine wesentlichen Veränderungen beim Personenwachstum, geht aufgrund der durchgeführten Beitragsanpassungen jedoch von einem erneuten Rekordbeitragszuwachs von erstmals über 2 Mrd. Euro aus. Auch ertragsseitig dürfte 2021 deshalb ein positives Jahr für die Branche werden. Wachstumspotenzial sieht Assekurata auch in den Budgettarifen der betrieblichen Krankenversicherung, die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen. Die ersten Budgettarife hatte die ALH Gruppe im August 2018 auf den Markt gebracht, gut ein Jahr später gefolgt von der Gothaer (September 2019), der Continentale im November 2020 sowie der Allianz und der Barmenia, die kurz nacheinander im April und Mai 2021 ihre Budgettarife präsentierten. Jüngstes Mitglied im Kreis der Budgettarifanbieter ist die SDK, die ihre Budgettarife im Juli 2021 ganz frisch dem Markt vorstellt.

Interessenten können den Bericht für die Krankenversicherung nebst einer begleitenden Videopräsentation auf der Internetseite www.assekurata.de erwerben. (ad)

Bild: © Marco2811 – stock.adobe.com