Ein Kunde hatte 1994 mit seiner Sparkasse einen mit „S-Prämiensparen flexibel“ bezeichneten Vertrag geschlossen, den er mit monatlichen Raten besparte. Der Vertrag sah vor, dass die Einlage variabel (anfänglich mit 4,75% p. a.) verzinst wird und die Sparkasse zusätzlich ab dem dritten Sparjahr eine Prämie gemäß einer festgelegten Prämienstaffel auf die Einlagen des abgelaufenen Jahres zahlt. Während der Vertragslaufzeit senkte die Sparkasse den variablen Zinssatz sukzessive ab.
Kunde fordert weitere Zinsen und legt relativen Zinsabstand zugrunde
Der Kunde forderte nach Vertragsende von der Sparkasse die Nachzahlung weiterer Zinsen, wobei er seiner Berechnung als Referenzzins die Zinsreihe für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit zehn Jahre gleitendem Durchschnitt und einen relativen Zinsabstand zugrunde legte.
Das Landgericht Dresden hat die beklagte Sparkasse antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Sparkasse hatte nun vor dem Oberlandesgericht Dresden (OLG) teilweise Erfolg.
OLG: Festlegung der variablen Verzinsung mangels Transparenz unwirksam
Aus Sicht OLG ist die Vertragsklausel, die die Festlegung der variablen Verzinsung der Sparkasse durch Aushang überlässt, mangels Transparenz unwirksam. Die dadurch entstehende Vertragslücke schließt das Gericht durch Rückgriff auf einen Referenzzins: Es legt als solchen die von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zinsreihe der Ist-Zinssätze des Kapitalmarktes für börsennotierte Bundeswertpapiere mit acht- bis 15-jähriger Restlaufzeit, Monatswerte, zugrunde.
Rückgriff auf Zinsreihe der Deutschen Bundesbank
Diese Zinsreihe spiegele nach Auffassung des OLG den langfristigen Charakter der Verträge wider, beruhe auf der Grundlage mehrerer Jahre, nivelliere Ausreißereffekte, komme der typisierten Sparzeit von 15 Jahren am nächsten und lasse dennoch Spielraum für Liquiditätsaspekte. Bundeswertpapiere wiesen eine hohe Liquidität ohne nennenswerte implizite und explizite Kosten auf und spiegelten den sogenannten „risikolosen Zins“ wider, was die bei Vertragsschluss geltende Gewährträgerhaftung berücksichtige.
Anleihezinsen für Hypothekenpfandbriefe enthalten Risikoaufschlag
Demgegenüber enthielten Anleihezinsen für Hypothekenpfandbriefe, auf die sich der Kunde in seiner Klage bezogen hatte, trotz der Besicherung einen Risikoaufschlag, was als Referenz unangemessen erscheine, da die beklagte Sparkasse zusätzlich zum variablen Zins eine feste Prämie schulde. Gegen die Heranziehung von Spareinlagezinsen spreche, dass die Bundesbank nur zwischen Sparverträgen mit vereinbarter Laufzeit und solchen mit vereinbarter Kündigungsfrist unterscheide, nicht aber nach den hinter den Zinsreihen stehenden Sparprodukten.
Bei der konkreten Zinsberechnung sei jedoch, wie vom Kunden getätigt, ein relativer Abstand zwischen dem anfänglich vereinbarten und dem Referenzzins zugrunde zu legen (sogenannte Verhältnismethode), da sich der Vertragszins bei sinkendem Zinsniveau langsamer der Null-Linie annähere als bei der Differenzmethode.
Keine Zugrundelegung gleitender Durchschnitte
Gegen die Zugrundelegung gleitender Durchschnitte, wie der Kunde dies in seiner Klage getan hatte, von Referenzzinsen bzw. die Heranziehung von bereits als gleitende Durchschnitte ausgewiesenen Zinsreihen spreche, dass es sich um träge Werte handele. Die Heranziehung derart vergangener Zinssätze käme einer Abbildung der variablen Basisverzinsung in einer Festzinsposition gleich, was der vertraglichen Vereinbarung widerspräche, die gerade einen Festzins in Form einer Prämie und daneben einen variablen, flexibel an die geänderte Marktlage angepassten Basiszins verspreche. Die Revision wurde nicht zugelassen.
OLG Dresden, Urteil vom 13.04.2022 – 5 U 1973/20
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