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17. Juli 2020
Provisionsabgabeverbot: Wie steht es um das Modell von gonetto?

Provisionsabgabeverbot: Wie steht es um das Modell von gonetto?

Das Vorgehen der BaFin gegen gonetto hatte im vergangenen Jahr für Aufsehen gesorgt. Das Vergleichsportal für Nettotarife setzt auf eine richterliche Klärung, wartet aber weiter auf das Hauptverfahren. Für September zeichnet sich ein Termin ab. An seiner Idee, Kunden in Nettotarife in Verbindung mit einer „dauerhaften Provisionsauskehrung“ zu überführen, hält der Versicherungsmakler weiter fest.

Im vergangenen Jahr wurde das Unternehmen gonetto mit seinem Geschäftsmodell von der BaFin ausgebremst. Die oberste Finanzaufsichtsbehörde ist zwar nicht für die Beaufsichtigung des Versicherungsmaklers zuständig, hielt allerdings die ihrer Aufsicht unterstellten Versicherer dazu an, nicht mit gonetto zusammenzuarbeiten. Grund dafür, dass die BaFin in der Sache auf den Plan trat, ist das Provisionsabgabeverbot, gegen welches der Versicherungsmakler gonetto in ihren Augen verstieß.

Seitdem wartet gonetto-Geschäftsführer Dieter Lendle auf die erste Verhandlung im Hauptverfahren, nachdem ein Eilantrag seinerseits gegen das Vorgehen der BaFin vom Verwaltungsgerichtshof Hessen abgelehnt wurde. Lendle will eine endgültige Klärung der Sachlage.

Betreuungsgebühr statt Provision

Neben einem Online-Vergleichsrechner für Nettotarife wollte gonetto Kunden die Möglichkeit bieten, deren bestehende Verträge zu übernehmen. Die bezahlten Provisionen sollten dann dauerhaft ausgekehrt werden. Die Kunden hätten also mit einer Provisionserstattung rechnen können. Dafür plante gonetto, eine Betreuungsgebühr in Höhe von 12 Euro jährlich zu erheben. Die BaFin unterband dies. Nach ihrer Ansicht verstößt eben dieses Modell gegen das Provisionsabgabeverbot. Ausnahmeregelungen sah die BaFin bei gonetto nicht.

Versicherer bieten über gonetto Nettotarife an

gonetto ist trotzdem weiter am Markt und hält sich mit der Vermittlung von Nettotarifen über Wasser. „Das Wachstum unseres Unternehmens ist daher sehr eingeschränkt. Wir können aber durchaus Nettotarife anbieten. Einige Versicherer arbeiten hier mit uns zusammen, worüber wir uns sehr freuen“, erklärt Lendle gegenüber AssCompact. Im September soll nun endlich die erste Verhandlung im Hauptverfahren vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof stattfinden. Dieter Lendle fühlt sich gut vorbereitet und ist positiv gestimmt, dass der Prozess für gonetto gut ausgehen wird: „Wir müssen jetzt durch den rechtlichen Prozess durch und hoffen, im Anschluss daran unser Geschäftsmodell wieder mit einem anderen Tempo vorantreiben zu können. Wir bleiben bei unserem Anspruch, Kunden in Nettotarife zu überführen.“

Verbilligung eines Versicherungsvertrages – Fehlanreiz?

Die BaFin wollte sich auf Nachfrage von AssCompact nicht zu dem Fall äußern und verweist darauf, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei. Laut Lendle befürchtet die Aufsichtsbehörde, dass Kunden dazu verleitet werden könnten, Versicherungen abzuschließen, die sie nicht benötigten. Lendle sieht diese Gefahr nicht: „Das Gegenteil ist richtig. Indem man Verträge nettoisiert und pauschal entlohnt, entfällt jeglicher Anreiz, dem Kunden aus Provisionsgedanken unnötige Versicherungen zu verkaufen. Wenn man die bloße Verbilligung eines Versicherungsvertrages als Fehlanreiz auffasst, argumentiert man letztlich gegen die Marktwirtschaft. Zudem kann man über uns nur im Sachbereich neue Versicherungen abschließen, sodass keine Auskehrung von hohen Abschlussprovisionen zu befürchten ist.“

Kein Dialog zwischen BaFin und gonetto

Ein Mediationsersuchen zwischen den Parteien, welches das Gericht im letzten Jahr vorgeschlagen hatte, wurde seitens der BaFin abgelehnt. Lendle bedauert, dass bisher kein Gespräch mit der BaFin stattgefunden hat: „Die BaFin hat die Versicherer letztlich zum Boykott gegen uns aufgerufen – obwohl die IHK als zuständiger Regulierer unser Preismodell als rechtskonform einstuft. Erfahren habe ich von dem Vorgehen gegen unser Unternehmen aus der Presse. Die BaFin hat sich bis heute zu keinem Zeitpunkt auf ein Gespräch mit uns eingelassen. Bevor man ein privates Unternehmen kaputt macht, sollte man zumindest mal mit ihm sprechen.“

Fakt ist, dass die Bafin für die Aufsicht über Versicherungsunternehmen zuständig ist und das auch, wenn gegen das Provisionsabgabeverbot verstoßen wird. Ob das ein Eingreifen im Fall gonetto auf die geschehene Art und Weise rechtfertigt, ist zumindest zu hinterfragen.

Tippgeber UG will Strukturwandel im Versicherungsvertrieb

Auch ein anderes Unternehmen befindet sich derzeit noch in einem gerichtlichen Verfahren wegen des Provisionsabgabeverbots. Die Tippgeber UG (haftungsbeschränkt), die als Mehrfachagent private Krankenversicherungen für Kinder vermittelt, setzt sich damit ebenfalls weiter gegen das Provisionsabgabeverbot ein und fordert einen Wandel in der Vermittlervergütung: „Wir halten das Provisionsabgabeverbot für völlig aus der Zeit gefallen. Es ist eine Regelung zuungunsten der Verbraucher, die einzig und allein dem Zweck dient, das Einkommen der Vermittler zu sichern und den Wettbewerb zu begrenzen. Das behindert einen dringend notwendigen Strukturwandel im Versicherungsvertrieb und macht die Vermittlung für Versicherungsnehmer unnötig teuer“, sagt Geschäftsführer Christoph Huebner. Auch Huebner wartet auf die Wiederaufnahme des Gerichtsverfahrens, welches coronabedingt im Frühjahr auf unbestimmte Zeit verschoben wurde.

Immer wieder Diskussionen um das Provisionsabgabeverbot

Das Provisionsabgabeverbot war in der Vergangenheit unter anderem auch schon Gegenstand von Klagen des BVK gegen Check24. Auch im Zuge der IDD-Umsetzung gab es darüber immer wieder Diskussionen. Letztlich blieb das Provisionsabgabeverbot bestehen. Aber selbst Vermittlerverbände sind sich in der Sache nicht ganz einig. In Kritik geriet dabei auch das Vorgehen der BaFin im Fall gonetto. Auch insofern dürfte eine richterliche Entscheidung von branchenweitem Interesse sein. (tos)

Bild: © beeboys – stock.adobe.com

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