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15. September 2020
Rat der Immobilienweisen sieht deutsche Innenstädte in großer Gefahr

Rat der Immobilienweisen sieht deutsche Innenstädte in großer Gefahr

Der Rat der Immobilienweisen hat im Auftrag des Zentralen Immobilien Ausschusses die Folgen der Corona-Krise für die verschiedenen Nutzungsarten von Immobilien untersucht. Die Experten sehen vor allem die deutschen Innenstädte in großer Gefahr. Auch bei Hotels dürfte die Erholung dauern. Es gibt aber auch Gewinner.

Die Innenstädte in Deutschland sind infolge der Corona-Krise in großer Gefahr, ihre Attraktivität zu verlieren. Förderkonzepte müssen in Zukunft viel treffsicherer sein. Krisengewinner, wie beispielsweise der Onlinehandel, sollten nicht unnötigerweise subventioniert werden. Trotz aller politischen Maßnahmen sind viele Unternehmen nachhaltig in ihrer Existenz bedroht. Das betrifft den stationären Einzelhandel in den Innenstädten ebenso wie die Hotellerie. Das sind die zentralen Ergebnisse aus dem Herbstgutachten 2020 des Rates der Immobilienweisen, der im Auftrag des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) die Auswirkungen der Corona-Krise auf die verschiedenen Nutzungsarten untersucht hat.

Innenstädte massiv bedroht

„Die Lebendigkeit der Innenstädte ist bedroht – es sind die wegbrechenden kleinen Einzelnutzer in Fußgängerzonen und Handelszentren, die fehlen werden“, sagt ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. „Wenn wir hier jetzt nicht gegensteuern, fährt der stationäre Einzelhandel gegen die Wand.“ Es zeichne sich bereits ab, dass es „Zahnlücken“ in den deutschen Fußgängerzonen und Handelszentren geben werde. Das ganze Ausmaß werde aber erst im Laufe des kommenden Jahres zu spüren sein.

Hotellerie: Erholung erst bis 2024

Auch die Hotellerie ist laut dem Gutachten arg gebeutelt. Im ersten Halbjahr 2020 sanken die Übernachtungszahlen in Deutschland um rund 47% im Vergleich zum Vorjahr. Während des Shutdowns betrug das Minus sogar bis zu 89%. Eine schnelle Erholung ist nicht in Sicht. Der Tourismus in Deutschland wird dem Gutachten zufolge frühestens 2022 wieder das Niveau von 2019 erreichen. Mit einer Erholung rechnen die Experten eher in den Jahren 2023/2024.

Wohnimmobilienmarkt unbeeindruckt von Corona-Pandemie

Der Wohnungsmarkt zeigt sich von der Corona-Pandemie und ihren Folgen hingegen bislang völlig unbeeindruckt. Die bisher vorherrschenden Trends der Mietentwicklung scheinen ungebrochen. Auch beim Wohnungsbau zeigt sich kein Einbruch, das Angebot wächst weiter. Ebenso steigen die Kaufpreise unbeeindruckt weiter. Bei Wohnimmobilien gebe es anders als bei Gewerbeimmobilien praktisch keinen Einbruch bei den Mietzahlungen.

Logistikimmobilien bleiben ebenfalls auf Wachstumskurs

Im Segment der Logistikimmobilien hat sich die Nachfrage während der Krise sogar noch verstärkt. Das Investmentvolumen in Lager-, Logistik- und Unternehmensimmobilien lag im ersten Halbjahr knapp 3,9 Mrd. Euro und damit 57% über dem Vorjahreszeitraum. Weil eine sichere Supply Chain im Krisenfall wichtiger als eine kosteneffiziente Supply Chain erscheint, werden Logistikimmobilien auch in den nächsten Jahren stabile, resiliente Investments darstellen. Getrieben durch eine erhöhte Nachfrage wachsen die Spitzenmieten vielerorts unverändert. Zukünftig werden dabei auch mehr Ansiedlungsentscheidungen zugunsten peripherer Lagen fallen.

Verstärkte Nachfrage bei Pflegeimmobilien

Auch Seniorenimmobilien werden als defensive und konjunkturunabhängige Immobilienanlage mit nachhaltigem Cashflow in der aktuell rezessiven Marktphase bei gleichzeitig hoher Marktliquidität verstärkt nachgefragt. So wurden im ersten Halbjahr 2020 auch rund 888 Mio. Euro umgesetzt. Dieser Nachfragedruck spiegelt sich auch in den Renditen wider: Die Spitzenrenditen für Pflegeheime liegen derzeit bei rund 4,3% und für Betreutes Wohnen bei 3,5%.

Büromarkt auf Richtungssuche

Der Büromarkt befindet sich derweil auf Richtungssuche. Im ersten Halbjahr 2020 wurden mit 1,13 Mio. m2 umgesetzter Bürofläche lediglich 66% des Vorjahresniveaus erreicht, da viele Anmietungsentscheidungen aufgrund der Unsicherheit deutlich in die Zukunft verschoben wurden. Die Fundamentalkennzahlen sind dem Herbstgutachten zufolge jedoch weiterhin positiv. Vor allem in den Metropolen steht weiterhin eine vitale Nachfrage einem limitierten Angebot gegenüber. Durch den Home-Office-Trend dürften zwar rund 10% weniger Büroflächen benötigt werden. Entscheidender sei allerdings die Gesamtentwicklung der Bürobeschäftigung. So ist die Bürofläche pro Kopf in den A-Städten von 2006 bis 2019 von 27 auf zuletzt 25 m2 gesunken während die Zahl der Bürobeschäftigten um rund zwei Millionen gestiegen ist. (mh)

Bild: © Marc Bode – stock.adobe.com