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8. Juni 2020
Reisegutscheine: Bundesrat fordert Nachbesserungen, GDV hat Bedenken

Reisegutscheine: Bundesrat fordert Nachbesserungen, GDV hat Bedenken

Um Reiseveranstalter zu unterstützen, hat sich die Bundesregierung auf eine Gutscheinlösung für abgesagte Pauschalreisen verständigt. Während der GDV den Gesetzentwurf kritisch sieht und eine Stellungnahme veröffentlichte, hat sich nun der Bundesrat für Nachbesserungen des Gesetzentwurfs ausgesprochen.

Um die Folgen der Corona-Krise für die Tourismusbranche abzumildern, hat sich die Bundesregierung auf eine freiwillige Lösung zur Ausgabe von Gutscheinen für abgesagte Pauschalreisen geeinigt. Damit soll es für Reiseveranstalter leichter werden, Pauschalreisenden gleichwertige Gutscheine für eine spätere Reise auszugeben anstatt die Vorauszahlung sofort zu erstatten. Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Regelungen sollen für Reisen gelten, die vor dem 08.03.2020 gebucht wurden. Wer den Gutschein nicht bis spätestens Ende 2021 einlöst, erhält sein Geld zurück.

Kunden haben die Wahl zwischen Gutschein und Erstattung

Ursprünglichen wollte die Regierung eine verpflichtende Gutscheinlösung einführen, doch die Brüsseler EU-Kommission intervenierte, da das europäische Reiserecht einen Anspruch auf Erstattung vorsieht. Nun handelt es sich um eine freiwillige Möglichkeit, von der Pauschalreisende Gebrauch machen können. Kunden können sich also zwischen Gutschein und Erstattung entscheiden. Hierauf müssen die Reiseveranstalter dem Gesetzentwurf zufolge ausdrücklich hinweisen. Wer keinen Gutschein möchte, behält seinen Erstattungsanspruch. Hierauf müssen die Reiseveranstalter nach dem Gesetzentwurf ausdrücklich hinweisen. Reisende, die den Gutschein ablehnen, behalten ihren Erstattungsanspruch.

Um die Gutscheine attraktiv zu machen, ist vorgesehen, den Wert der Gutscheine neben der gesetzlichen Insolvenzabsicherung zusätzlich bis zur vollen Höhe durch eine ergänzende staatliche Absicherung zu garantieren. Eine solche Garantie haben Kunden, die Rückerstattung wählen, im Falle einer Insolvenz nicht.

GDV für vollumfängliche staatliche Absicherung der Gutscheine

Diesen Punkt bemängeln die deutschen Versicherer. Sie kritisieren, dass gesetzlich „klargestellt“ werden solle, dass die Reisegutscheine von der geltenden gesetzlichen Insolvenzsicherung nach § 651 r BGB erfasst seien. Nach Ansicht des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) handele es sich bei der Einbeziehung der Gutscheine in den Anwendungsbereich des § 651 r BGB nicht um eine gesetzliche Klarstellung, sondern um eine Änderung der geltenden Rechtslage zulasten der Versicherer. Der GDV sieht darin „einen rückwirkenden Eingriff in die bestehenden Verträge zwischen Versicherern und Reiseveranstaltern“.

Auch wichtige wirtschaftliche Gründe würden gegen die geplante Regelung sprechen, würden diese doch zu einer erheblichen Risikoerhöhung für die Versicherer führen. Im Schreiben des GDV ist von einer „Zweckentfremdung der Insolvenzabsicherung“ die Rede, da diese statt als Verbraucherschutz für die Reisenden nunmehr der Finanzierung der laufenden Betriebskosten der Reiseveranstalter dienen würde. Die Versicherer plädieren daher für eine vollumfängliche staatliche Absicherung der Gutscheine.

Versicherer fordern klare Hinweise im Reisegutschein

Sollte dennoch an der geplanten Regelung festgehalten werden, sei bei Umsetzung des Entwurfs die zeitliche Begrenzung auf vor dem 08.03.2020 gebuchte Reisen auf jeden Fall beizubehalten , fordert der GDV. Und auch bereits angenommene Gutscheine den neuen rechtlichen Anforderungen genügen. Zudem sprechen sich die Versicherer für eine klarere Regelung, dass sich der Insolvenzschutz nur auf Vorauszahlungen und nicht auf sonstige Bonusleistungen erstrecke, und einen deutlichen Hinweis darauf im Reisegutschein. Klar ersichtlich werden müsste zudem, auf welche konkrete Buchung und auf welchen konkreten Betrag sich der Gutschein bezieht. Mögliche Bonusleistungen müssten hierbei gesondert ausgewiesen werden, fordert der GDV.

Bundesrat spricht sich für Nachbesserungen aus

Nun hat sich der Bundesrat in seiner Sitzung am 05.06.2020 jedoch für Nachbesserungen des Gesetzentwurfs zur Änderung des Pauschalreiserechts zugunsten der Verbraucher ausgesprochen. So schlägt das Gremium unter anderem Erleichterungen bei der Auszahlung des Gutscheins vor. Demnach sollte deutlicher gemacht werden, dass Reisende, die ihren Gutschein innerhalb der Gültigkeitsdauer nicht eingelöst haben, den Wert der Reise ohne weiteres Zutun erstattet bekommen.

Nach Auffassung des Bundesrats seien zudem konkretere Informationen über den Umfang der staatlichen Absicherung des Gutscheins notwendig, wie es auch die deutschen Versicherer als notwendig erachten. Für Kunden müsste zum Zeitpunkt des Gutscheinangebots bereits klar sein, dass hierüber nur der gezahlte Reisepreis und keine möglichen Zusatzleistungen abgesichert sind.

Länder regen Übertragbarkeit der Gutscheine an

Darüber hinaus schlagen die Länder vor, eine Übertragbarkeit der Gutscheine in Erwägung zu ziehen, ohne dass dadurch zusätzliche Kosten entstehen. Übertragbare Gutscheine wären noch attraktiver und es könnten Liquiditätsprobleme der Reiseveranstalter abgefedert werden.

Außerdem erachtet es der Bundesrat als erforderlich, im weiteren Verfahren sicherzustellen, dass Reiseveranstalter keinen Gutschein anbieten dürfen, wenn Reisende bereits einen rechtskräftigen Zahlungstitel gegen den Reiseveranstalter erwirkt haben. Andernfalls könnte es vorkommen, dass der Reiseveranstalter bei einer Zwangsvollstreckung auf den Gutschein verweist und damit die Vollstreckung abgebrochen oder zumindest verzögert würde.

Der Bundesrat hat seine Stellungnahme der Bundesregierung zugeleitet, die dazu eine Gegenäußerung verfasst und dem Bundestag vorlegt, der am 17. 06.2020 darüber berät. (tk)

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