Ein Prestigeprojekt der Union ist seit vergangener Woche so gut wie durch: Die schwarz-rote Koalition hat sich auf die Einführung der Aktivrente geeinigt. Mit einem steuerlichen Freibetrag von 2.000 Euro pro Monat soll ein Anreiz geschaffen werden, damit Arbeitnehmer über das gesetzliche Rentenalter hinaus weiterarbeiten. Geplant ist ein Start zum 01.01.2026. Die Aktivrente soll die Arbeit im Ruhestand attraktiver machen und gleichzeitig dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Freiberufler, Selbstständige und „Frührentner“ bis zur Regelaltersgrenze bleiben jedoch außen vor.
Die Regierungskoalition will auch bei der Frühstart-Rente und der Riester-Reform Tempo machen. Finanz- und Versicherungswirtschaft blicken bereits gespannt auf die Details und bereiten sich auf die Gestaltung neuer Produkte vor.
BVK kritisiert fehlenden Fahrplan zur Frühstart-Rente und steuerliche Ungleichbehandlung
Infolge der Beschlüsse des letztwöchigen Koalitionsausschusses haben sich auch die Versicherungsvermittlerverbände zu Wort gemeldet. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) etwa vermisst einen konkreten Fahrplan für die Einführung der Frühstart-Rente. Zudem: „Es ist widersprüchlich einerseits an der Rente ab 63 festzuhalten und andererseits Altersrentner steuerlich zu fördern“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz. „Wir kritisieren auch, dass Selbständige nicht in den Genuss eines steuerfreien Hinzuverdienstes von 2.000 Euro monatlich nach Erreichen ihres Renteneintrittsalters kommen sollen. Das ist z. B. im Hinblick auf den Nachwuchsmangel bei den selbständigen Versicherungsvermittlern eklatant benachteiligend. Hier werden wahrscheinlich Klagen wegen Ungleichbehandlung nach Artikel 3 des Grundgesetzes anhängig sein.“ Der VOTUM-Verband hatte sich hierzu bereits ähnlich kritisch geäußert.
AfW präsentiert zehn Thesen zur Reform der Altersvorsorge
Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung legt noch einmal nach und hat zehn Thesen zur Reform der Altersvorsorge veröffentlicht. Damit sollen die politische Diskussion belebt und die Umsetzung praxistauglicher Lösungen beschleunigt werden. Im Fokus stehen unter anderem mehr Renditechancen am Kapitalmarkt, einfachere Prozesse, eine starke betriebliche Altersvorsorge sowie die Wahlfreiheit bei Produkten und Vertriebswegen. Die zehn Thesen auf einen Blick:
- Kapitalgedecktes Altersvorsorgekonto einführen: flexibel, renditeorientiert, anbieter- und vertriebsneutral. (1)
- Riester grundlegend reformieren: Bestand schützen, Bürokratie abbauen, fondsbasierte Optionen stärken, Auszahlphase flexibilisieren. (2)
- Frühstart-Rente umsetzen und verzahnen: Finanzbildung früh fördern, nahtlosen Übergang in erwachsene Vorsorge ermöglichen. (3)
- Gesetzliche Rente generationengerecht stabilisieren: Automatismen stärken, teure Sonderwege überprüfen. (4)
- Kultur der kapitalmarktbasierten Vorsorge fördern: verständliche Information, klare steuerliche Anreize, weniger Vorurteile gegen Aktien und Fonds. (5)
- Betriebliche Altersvorsorge stärken: Opt-out-Modell auch ohne Tarifbindung ermöglichen, KMU-tauglich ausrollen, Förderung für Geringverdienende praxistauglich gestalten – ohne zusätzliche Bürokratie. (6)
- An erfolgreichen Auslandsmodellen orientieren: Prinzipien übernehmen, ohne deutsche Besonderheiten zu ignorieren. (7)
- Unabhängige Beratung stärken: qualifizierte Vermittlerinnen und Vermittler als Reichweiten- und Vertrauensanker einbinden. (8)
- Keine Ausschlüsse von Vertriebswegen: Wahlfreiheit sichern; fairer Wettbewerb der Kanäle statt Monopole. (9)
- Bürokratie abbauen und digitalisieren: Prozesse vereinfachen, Kosten senken, Akzeptanz erhöhen. (10)
So geht es weiter
Nachdem sich der Koalitionsausschuss nun auf die letzten Details zur Aktivrente verständigt hat, soll der Gesetzentwurf in der kommenden Woche im Bundeskabinett beschlossen werden. Bei Frühstart-Rente und Riester-Reform wird weiterhin auf entsprechende Gesetzesentwürfe zu warten sein. (bh)
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