Ein Artikel von Ulrike Specht, Fachanwältin für Erbrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht Kanzlei Paluka Rechtsanwälte Loibl Specht PartmbB
Als Versicherungsmakler oder Finanzanlagenvermittler sind Sie regelmäßig mit den Fragen Ihrer Kunden nach ausreichender Absicherung konfrontiert. Aber wie sieht es mit der Vorsorge für Sie selbst aus?
Fangen wir mit dem betrieblichen Bereich an: Wenn Sie morgen plötzlich ausfallen, sind Ihre Mitarbeiter dann in der Lage, den Geschäftsbetrieb vorübergehend weiterzuführen? Wie steht es um Ihr Wissensmanagement, den Sachstand in Beratungs- und Vermittlungsvorgängen? Wer hat Zugriff auf die Accounts und dafür nötige Passwörter? Wer kann über das Geschäftskonto verfügen?
Sind Sie Einzelunternehmer ohne Mitarbeiter, bedeutet Ihr vorübergehender Ausfall den Stillstand. Laufende Anträge bleiben liegen, Risiken werden unter Umständen nicht rechtzeitig eingedeckt und Anfragen von Kunden bleiben unbeantwortet, um nur einige Beispiele zu nennen. Was wäre hier die Minimallösung? In Betracht käme ein Mitarbeiter, der aufgrund seiner Ausbildung zur vorübergehenden Fortführung des Geschäftsbetriebs befähigt und von Ihnen auch bevollmächtigt ist. Ferner käme auch eine Kooperation mit einem Berufskollegen in Betracht, die die gegenseitige Vertretung bei Krankheit oder Urlaub regelt – freilich unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorschriften. Weiter gehend wäre die Änderung der Rechtsform, z. B. in eine GmbH oder GmbH & Co. KG, die weitere Vorteile mit sich bringen kann.
Gesamtvertretungsbefugnis hat praktisches Risiko
Sind Sie gemeinsam mit Kollegen in der Rechtsform der GbR, sind sämtliche Gesellschafter gesamtvertretungsbefugt, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes regelt. Auch mehrere Geschäftsführer einer GmbH sind von Gesetzes wegen gesamtvertretungsbefugt. Das gilt dann entsprechend für die GmbH & Co. KG. Gesamtvertretungsbefugnis bedeutet, dass bei Rechtsgeschäften die Mitwirkung aller geschäftsführenden Gesellschafter bzw. aller Geschäftsführer gefordert ist. Das kann in der Praxis hinderlich sein, weil selbst die urlaubsbedingte Abwesenheit schon zu Verzögerungen führt. Daher sollten im Gesellschaftsvertrag und bei Bestellung von Geschäftsführern von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vertretungsbefugnisse geregelt werden. Das lässt sich durch zusätzliche Regelungen im Innenverhältnis einschränken, sodass bei bestimmten Geschäften vorab ein Gesellschafterbeschluss einzuholen ist.
Wie sieht es mit dem privaten Bereich aus?
Wissen Sie, in welchem Güterstand Sie verheiratet sind, und wenn ja, warum das von Bedeutung ist? Der Güterstand wirkt sich u. a. bei der Gesellschaftsgründung aus, weil es z. B. bei Ehegatten in Gütergemeinschaft Einschränkungen gibt. Außerdem hat der Güterstand Auswirkung auf die gesetzlichen Erbquoten und Pflichtteilsquoten. Nicht zuletzt interessiert der Güterstand im Fall der Scheidung. Nur bei der Zugewinngemeinschaft wird im Fall der Scheidung der Zugewinnausgleich geschuldet. Bei Betriebsvermögen ist die Frage nach dem Zugewinn konfliktbeladen. Denn über die Werthaltigkeit und Wertentwicklung des Unternehmens lässt sich nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Bewertungsansätze heftig streiten. Nicht selten ziehen sich solche Verfahren über mehrere Jahre und erfordern meist mehr als nur ein Sachverständigengutachten.
Die Vorsorgevollmacht
Haben Sie mit passenden Vollmachten vorgesorgt? Bei der Vorsorgevollmacht wird zwischen den Bereichen der Personensorge inkl. Gesundheitssorge und der Vermögenssorge differenziert.
Zum Bereich der Personen- und Gesundheitssorge gehört u. a. das Aufenthaltsbestimmungsrecht, also z. B. die Befugnis, über die Auswahl eines Pflegeplatzes zu entscheiden. Die Gesundheitssorge umfasst u. a. die Befugnis, in Untersuchungen des Gesundheitszustandes oder in Heilbehandlungen einzuwilligen. Ferner kann der Bevollmächtigte zuständig sein, den in der Patientenverfügung niedergelegten Willen durchzusetzen. Beachten Sie, dass trotz einer umfassenden Vorsorgevollmacht im Einzelfall dennoch die Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich sein kann. Das gilt bei lebensgefährlichen Eingriffen oder Eingriffen, die zu schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schäden führen können, wenn insoweit Uneinigkeit zwischen dem Bevollmächtigten und dem behandelnden Arzt darüber besteht, ob die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Patienten entspricht.
Schriftform ist empfehlenswert
Zum Nachweis im Rechtsverkehr empfiehlt sich für die Vorsorgevollmacht die Schriftform. Wer umfassende Vorsorgevollmacht erteilen möchte, anhand derer z. B. auch Grundstücksgeschäfte oder Verfügungen über Geschäftsanteile möglich sein sollen, der benötigt eine notarielle (General-)Vollmacht. Denn nur die in grundbuchtauglicher Form vorliegende Vollmacht ermöglicht die Vertretung in Grundstücksangelegenheiten.
Der Widerruf kann jederzeit seitens des Vollmachtgebers gegenüber dem Bevollmächtigten oder auch gegenüber dem Dritten erfolgen. Haben Sie eine Bankvollmacht erteilt, kann diese auch durch Erklärung gegenüber der Bank widerrufen werden. Im Falle des Widerrufs hat der Bevollmächtigte das Original herauszugeben.
Mit einer Betreuungsverfügung können Sie die Person benennen, die im Falle einer (trotz der Vorsorgevollmacht) notwendigen gerichtlichen Betreuung als Betreuer bestellt werden soll.
Mit der Patientenverfügung dokumentieren Sie Ihren Patientenwillen für den Fall, dass Sie in der konkreten Behandlungssituation auf keinerlei Weise signalisieren können, welche medizinischen Maßnahmen sie möchten. Ärzte und pflegendes Personal sind daran gebunden, wenn der Anwendungsbereich eröffnet ist. Ein entsprechend Bevollmächtigter hat die Aufgabe, für die Durchsetzung des Patientenwillens zu sorgen.
Fazit
Machen Sie eine Bestandsaufnahme und stellen Sie sich v. a. folgende Fragen:
- Ist Ihr Wissensmanagement im Unternehmen richtig aufgestellt?
- Wie sieht es mit den Zugängen und Passwörtern zu den jeweiligen Accounts aus?
- Haben Sie die passenden Vertretungsregelungen in Gesellschaftsvertrag und Satzung?
- Haben Sie die passenden Vollmachten für den betrieblichen und den privaten Bereich?
- Was regelt Ihr Gesellschafts- vertrag u. a. für den Fall, dass ein Gesellschafter verstirbt?
- Haben Sie an den passenden Ehevertrag gedacht?
- Gilt gesetzliche Erbfolge oder haben Sie Ihren Letzten Willen schon geregelt?
- Wie sieht es mit den Ansprüchen von etwaigen Pflichtteilsberechtigten aus?
Auf dieser Basis errichten Sie, falls noch nicht erfolgt, die für Sie individuell passenden Dokumente.
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