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14. Juni 2021
Risiko-LV: Hohes Bedingungsniveau und alles andere als trivial

Risiko-LV: Hohes Bedingungsniveau und alles andere als trivial

Das gesundheitliche Risikobewusstsein ist aktuell geschärfter denn je. Damit steht auch die große Frage der Hinterbliebenenabsicherung im Raum. Die Risikolebensversicherung ist nach wie vor das zentrale Element, das meist ereignisbezogen vom Verbraucher nachgefragt wird. Sie gilt in der Vermittlung bisher als eher „einfache“ Versicherung. Diese Eigenschaft verliert sie zunehmend.

Ein Beitrag von Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik bei der MORGEN & MORGEN GmbH

Die Risikolebensversicherung ist die am zweithäufigsten berechnete Versicherung in der Vergleichs- und Analysesoftware M&M Office. Meist liegen Ereignisse wie ein Hauskauf, eine Eheschließung oder die Familiengründung dem Abschluss zugrunde. Diese positiven Ereignisse stehen in der Vermittlung dem Risiko gegenüber, das es abzusichern gilt. Auch nach dem Todesfall des Versicherten sollen die Hinterbliebenen versorgt sein. Bei der Absicherungshöhe gilt es, nicht nur das Einkommen, sondern auch Tätigkeiten im Haushalt und der Kinderversorgung zu „bepreisen“. So macht es oft durchaus Sinn, in einer Familienkonstellation beide Elternteile abzusichern.

Das Angebot an Risikolebensversicherungen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen und damit auch der Preiskampf. Niedrige Abschlusskosten können hier von Vorteil sein, da insgesamt bei der Risikoabsicherung ein hohes Augenmerk auf dem Beitrag liegt. Muss der Kunde nicht auf jeden Cent schauen, können sich Vermittler über tarifindividuelle Leistungen profilieren. Wie sich die Tariflandschaft bedingungsseitig darstellt und entwickelt hat, betrachtet MORGEN & MORGEN im Rahmen des M&M Ratings Risikolebensversicherung.

Hohes Bedingungsniveau

War es lange Jahre vorrangig das Verhältnis Prämie und Versicherungssumme, das im Wettbewerb den Ausschlag gab, so sind es heute weitaus mehr ausdifferenzierte Leistungen innerhalb der Tarife. Die Versicherer haben das Leistungsniveau auf ein neues Level gehoben. 2021 erreichten ganze 65% der analysierten Tarife eine Fünf-Sterne-Bewertung, während es 2016 nur 23% waren.Im Vergleich zeigt die Ergebnisbetrachtung von 2016 und 2021 einen „Ruck nach oben“ im Bedingungsniveau. Zudem sind rund 30 neue Tarife auf den Markt gekommen. Insgesamt zeigt sich die Tariflandschaft wesentlich modularer als noch vor fünf Jahren. Komplexität und Vielfalt steigen deutlich.

Es sieht so aus, als ob die Risikolebensversicherung sich aktuell ein Beispiel an der Berufsunfähigkeit nimmt und zunehmend in den Bedingungswettbewerb einsteigt. Damit wird die Orientierung hinsichtlich der Bedingungsqualität immer wichtiger und ein Rating in diesem Bereich bekommt eine zunehmend hohe Relevanz.

Das aktuelle Ergebnis des M&M Ratings Risikoleben zeigt den „Ruck nach oben im Bedingungsniveau“ deutlich. 95 Tarife von 146 betrachteten Tarifen erhielten im M&M Rating Risikoleben die Bestbewertung mit fünf Sternen. Ihnen allen liegt zugrunde, dass Sie die Mindestkriterien im Ratingverfahren voll oder eingeschränkt erfüllt haben. Weitere 28 weisen mit vier Sternen ein sehr hohes Bedingungsniveau auf und haben zwei der Mindestkriterien voll oder eingeschränkt erfüllt. Damit liegen 123 Tarife von 146 Tarifen auf einem top Niveau. Das Mittelfeld ist mit 22 Tarifen eher dünn besetzt. Die schlechteste Bewertung erhielt 2021 kein Tarif mehr.

Sie gilt zu Unrecht als trivial

Der Teufel steckt auch bei den Bedingungen einer Risikolebensversicherung im Detail und nur, wer weiß, wo, kann ihn sich zunutze machen. So differenzieren sich die Angebote beispielsweise über zusätzliche Leistungen aus wie Leistung bei schwerer Krankheit oder automatischem Versicherungsschutz für Kinder.

Zwei Aspekte machen grundsätzlich einen gravierenden Unterschied in der Qualität einer Risikolebensversicherung und sind daher auch Voraussetzung für eine top Bewertung im Rating: die Nachversicherungsgarantie und deren Höhe sowie der Verzicht auf Kündigung bei Gefahrerhöhung.

Bei der Nachversicherungsgarantie wird oft nur der erste, wenn auch wesentliche Schritt gegangen, nämlich ob es denn grundsätzlich bei relevanten Anlässen wie Heirat, Geburt eines Kindes oder bei Immobilienerwerb die Möglichkeit einer Nachversicherung gibt. Der weitere, tatsächlich noch wichtigere Schritt ist der Blick auf die möglichen Höhenanpassungen in der Nachversicherung. Die Nachversicherung macht tatsächlich nur Sinn, wenn unter dem Strich auch die Versicherungssumme ausreichend erhöht werden kann, und das bietet noch nicht einmal ein Drittel der Versicherer. Hier zeigt sich der Markt nämlich wie folgt: 17 von 65 Versicherern bieten mindestens einen Tarif an, der sich durch Nachversicherung in der ursprünglichen Versicherungshöhe mindestens verdoppeln lässt und mindestens um 50.000 Euro bei einer Nachversicherung erhöht werden kann.

Ein weiterer Aspekt ist der Verzicht auf Kündigung bei gemeldeter Gefahrerhöhung. Verzichtet der Versicherer hier auf sein Recht zu kündigen, ist das ein wichtiges Zugeständnis für Versicherte und Versicherungsnehmer. Sonst kann es nämlich bei absolut korrektem Verhalten – also der Meldung der erhöhten Gefahr durch den Versicherungsnehmer – ganz schnell aus sein mit dem Versicherungsschutz. Daher ist diese Klausel so besonders wichtig. 59 von 65 Versicherern machen zumindest in ihren Premiumtarifen keinen Gebrauch von ihrem Kündigungsrecht, passen aber gegebenenfalls die Leistung an. Daher gilt es, genau hinzuschauen und zu vergleichen, um wichtige Aspekte für Versicherungsnehmer herauszustellen.

Was am Point of Sale gefragt ist

Ein Blick in die anonymisierten Auswertungen aus den Berechnungsvorgaben in der Vergleichs- und Analysesoftware M&M Office zeigt, was am Point of Sale wirklich nachgefragt wird.

Das Alter der Risikolebensversicherungszielgruppe liegt im Bereich zwischen 30 und 40 Jahren – mit dem Peak bei 35 Jahren. Die häufigste Versicherungsdauer beträgt 20 Jahre, gefolgt von 15 und 25 Jahren.

Der gewählte Todesfallschutz verteilt sich in dem Bereich bis 1.000.000 Euro. Die beiden am häufigsten gerechneten Todesfallsummen sind 100.000 und 200.000 Euro. Danach wird der Todesfallschutz von 300.000 Euro, dichtgefolgt von 400.000 Euro, am häufigsten gewählt. Insgesamt zeigt sich die Risikolebensversicherung zunehmend als komplexes Beratungsfeld, in dem es Fachkompetenz und Orientierung braucht.

Risiko-LV: Hohes Bedingungsniveau und alles andere als trivial

Bild oben: © sewcream – stock.adobe.com

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2021 und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Thorsten Saal