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12. Juli 2022
Sind Artikel-9-Aktienfonds eine Mogelpackung?
Bar of Soap with Imprint of a Factory symbolising Greenwashing

Sind Artikel-9-Aktienfonds eine Mogelpackung?

Scope hat sich die sogenannten Impact-Fonds zur Brust genommen und untersucht, in welche Unternehmen die dunkelgrünen Artikel-9-Aktienfonds investieren. Das Fazit: In Impact-Fonds stecken ganz konventionelle Unternehmen, die lediglich nicht direkt an klimaschädlicher Produktion beteiligt sind.

Das Analysehaus Scope hat untersucht, in welche Titel als besonders nachhaltig geltende Aktienfonds häufig investieren. Scope analysierte zu diesem Zweck die Top-10-Positionen von Fonds, die nach Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung klassifiziert und damit einem konkreten, nachhaltigkeitsbezogenen Anlageziel verpflichtet sind – sogenannte Impact-Fonds.

Die Fonds wurden aus vier gängigen marktbreiten Peergroups ausgewählt:

  • Aktien Welt
  • Aktien Nachhaltigkeit/Ethik Welt
  • Aktien Europa
  • Aktien Nachhaltigkeit/Ethik Europa
Microsoft – Nachhaltigkeits-Champion bei den Blue Chips

Am häufigsten in den global investierenden Portfolios vertreten, ist Microsoft. Die Aktie des Software-Pioniers aus Redmond gehört bei 76 Fonds zu den zehn größten Positionen. Damit halten knapp zwei Drittel der 117 Artikel-9-Aktienfonds aus den untersuchten globalen Peergroups die Aktie als eine der zehn größten Positionen. Kein Wunder. Microsoft hat sich zum Ziel gesetzt, all das CO2 zu kompensieren, das seit der Firmengründung 1975 emittiert wurde.

Alphabet und Apple ebenfalls häufig vertreten

Ebenfalls häufig vertreten unter den Top-Positionen der Impact-Fonds ist auch die Aktie der Google-Mutter Alphabet, die bei etwas mehr als jedem zweiten Fonds in den Top-10 auftaucht. Apple auf Platz 3 wiederum, findet sich in jedem dritten Portfolio unter den zehn größten Werten.

In Europa ist ASML besonders beliebt

Noch dichter ist die Konzentration der ESG-Lieblinge in Artikel-9-Fonds mit regionalem Fokus auf Europa. In 45 der insgesamt 59 Artikel-9-Fonds aus den beiden betrachteten europäischen Peergroups gehört das niederländische Halbleiterunternehmen ASML zu den Top-Positionen. Das entspricht einem Anteil von mehr als 75%. Die Aktie des französischen Unternehmens Schneider Electric ist 42-mal in den Top-10 vertreten, der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk taucht 33-mal auf.

Große Tech-Titel dominieren das Feld

Die Scope-Auswertung zeigt, dass die Top-Fondsbestandteile nachhaltiger Fonds häufig Titel umfassen, die auch in konventionellen Portfolios stark vertreten sind. Zwar befinden sich unter den am höchsten gewichteten Positionen keine Unternehmen aus „schmutzigen“ Branchen wie beispielsweise Ölkonzerne, doch ansonsten liest sich die Rangliste wie eine Ansammlung konventioneller Konzerne, die auf den ersten Blick nicht besonders nachhaltig wirkt.

Keine klimaschädliche Produktion – zumindest nicht direkt

Doch es gibt Gründe dafür, dass gerade in diese Unternehmen so häufig investiert wird. Viele der Top-10-Aktien sind unter Klima-Gesichtspunkten attraktiv bewertet, da sie nicht direkt zu einer klimaschädlichen Produktion beitragen und gleichzeitig großen Wert auf umfangreiche Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Betonung von Transformationszielen legen. Diese Kombination führt regelmäßig zu guten bis sehr guten ESG-Ratings von Anbietern wie MSCI, S&P Trucost, Sustainalytics oder ISS.

Breites Angebot an Impact-Fonds

Die Scope-Analyse zeigt des Weiteren aber auch, dass das Segment der Artikel-9-Aktienfonds mit globalem bzw. europäischem Fokus sehr heterogen ist und es diverse Möglichkeiten gibt, die Vorgaben der EU-Offenlegungsverordnung zu erfüllen. Kunden mit Nachhaltigkeitspräferenz können unter anderem zwischen Klimafonds, Produkten mit sozialem Fokus oder mit mehr oder weniger umfangreichen Ausschlusskriterien wählen.

Anleger müssen sich informieren

Anleger dürften nicht davon ausgehen, dass ein solcher Fonds ausschließlich in typisch nachhaltige Bereiche wie Erneuerbare Energien oder Gesundheit & Wohlbefinden investiert, merken die Scope-Analysten an. Anleger sollten sich vor einer Investition detailliert über die Anlagestrategie und die angewendeten Ausschlusskriterien informieren und mindestens einen Blick auf die Top-10-Holdings werfen, die im Fact Sheet aufgeführt sind. (tku)

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