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15. Februar 2021
Sind Deutschlands Versicherer „fit for ESG“?

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Sind Deutschlands Versicherer „fit for ESG“?

Ökologischer Fußabdruck: Einheitliche Berichtsstandards fehlen

Abseits der Anlagepolitik kommt den meisten Menschen die Ökologie und damit der ökologische Fußabdruck eines Unternehmens in den Sinn, wenn sie an Nachhaltigkeit denken. Hier geht es um Papier-, Wasser- und Stromverbrauch, Energieeffizienz, Abfallaufkommen und Dienstreisen. Laut Franke und Bornberg fehlen hier bislang einheitliche Berichtstandards und Bezugsgrößen: So erfassen einige Gesellschaften in ihren Antworten unter „Papierverbrauch“ zum Beispiel nur das Druckpapier, während ein anderes Unternehmen sogar detailliert den Verbrauch der unterschiedlichen Arten von Hygienepapier auflistet. Die Spannweite in den Nachhaltigkeitsberichten reicht von „keine Angabe“ bis hin zu „10.161 t Gesamtpapierverbrauch“ ohne Spezifizierung. Ein ähnliches uneinheitliches Bild zeigt sich beim Wasserverbrauch: Der Minimalwert beträgt 4,92 Kubikmeter pro Vollzeitmitarbeiter und Jahr, das Maximum liegt bei 24,45 Kubikmeter.

Bei Diversität noch viel Luft nach oben

Auch soziale und gesellschaftliche Facetten machen nachhaltiges Handeln aus. Für den ESG-Report hat Franke und Bornberg daher unter anderem nach der Geschlechterverteilung in Vorstand und Aufsichtsrat der Versicherer gefragt: In den befragten Unternehmen bekleiden Frauen noch nicht einmal jeden zehnten Vorstandsposten. Im Aufsichtsrat ist knapp ein Viertel weiblich, von Parität sind also auch die Aufsichtsgremien noch meilenweit entfernt.

Betriebe mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind verpflichtet, wenigstens 5% davon mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Laut ESG-Report erfüllt aber über die Hälfte der befragten Versicherer diese gesetzlichen Vorgaben nicht. 19,4% der Versicherer waren nicht in der Lage (oder nicht willens), Zahlen auszuweisen. Nur eines von vier Unternehmen erfüllt die Quote.

Fazit und Ausblick

Für ein Gesamtbild sind die Informationen, die mithilfe der Umfrage und der Nachhaltigkeitsberichte erhoben wurden, jedoch bislang zu unterschiedlich. Eine einmalige Abfrage zu Nachhaltigkeitskriterien liefert zudem nur den Status quo; sie wird der jeweiligen Entwicklung und den dahinterstehenden Anstrengungen nicht gerecht. Sondereffekte können nur bei der Betrachtung längerer Zeiträume angemessen gewürdigt werden.

Franke und Bornberg will eigenen Angaben zufolge auch in Zukunft Nachhaltigkeitsdaten erheben, um Trends aufzuspüren und die weitere Entwicklung zu verfolgen. Klare und verständliche Standards sind wichtig – nicht zuletzt, damit Verbraucher sich orientieren und Vermittler ihren Verpflichtungen nachkommen können. Bei künftigen Befragungen will das Analysehaus deshalb Vorgaben noch weiter präzisieren und Standards für eine einheitliche Berichterstattung vorantreiben. Ein qualitativ hochwertiges Ratingverfahren stehe dann am Ende dieser Entwicklung.

„Auch wenn es noch keine einheitlichen Standards gibt und Versicherer ihr Potenzial häufig noch nicht voll ausschöpfen, ist die Versicherungsbranche auf einem guten Weg“, so Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg. Insbesondere mit ihrer Kapitalanlagepolitik könne die Assekuranz eine enorme Lenkungswirkung entfalten und somit auch andere Wirtschaftszweige zu nachhaltigerem Handeln motivieren. (ad)

Über den ESG-Report

Für den ESG-Report wurden im Sommer 2020 alle Erstversicherer in Deutschland zum Stand der Umsetzung von ESG-Kriterien befragt. 23 Versicherer haben an der Befragung teilgenommen. Mit dem Ziel, die Aussagekraft der Untersuchung weiter zu steigern, hat Franke und Bornberg zudem Nachhaltigkeitsberichte von Versicherern herangezogen, die keine Antworten beigesteuert hatten. Auf diese Weise stieg der Kreis der untersuchten Gesellschaften um acht weitere Versicherer. Betrachtungszeitraum für die Onlinebefragung ebenso wie für die Nachhaltigkeitsberichte war das Jahr 2019. Der ESG-Report von Franke und Bornberg steht hier zur Verfügung.

Bild: © hogehoge511 – stock.adobe.com

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