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2. Dezember 2025
Sprung aus Fenster: Akku-Explosion im Home-Office kein Arbeitsunfall
Sprung aus dem Fenster: Akku-Explosion im Home-Office kein Arbeitsunfall

Sprung aus Fenster: Akku-Explosion im Home-Office kein Arbeitsunfall

Ein Softwareentwickler im Home-Office sah keinen anderen Ausweg: Als seine E-Roller-Akkus explodierten, sprang er aus dem Fenster und verletzte sich schwer. Weder die Berufsgenossenschaft noch die Gerichte erkannten die Selbstrettung als Arbeitsunfall an.

Die Grenzen des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes im Home-Office sind erneut Gegenstand einer Gerichtsentscheidung geworden. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat klargestellt: Wer in seiner Wohnung einen Brand erleidet und zur Selbstrettung aus dem Fenster springt, steht dabei nicht zwingend unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, selbst wenn er zu diesem Zeitpunkt einer beruflichen Tätigkeit nachgeht.

Fenstersprung nach Explosion der E-Roller-Akkus während Telefonkonferenz

Im verhandelten Fall war der Kläger als Softwareentwickler tätig und arbeitete aus dem Home-Office in seiner Berliner Mietwohnung. Sein Wohnzimmer diente als Arbeitsplatz. Während einer Telefonkonferenz im Januar 2021 bemerkte er plötzlich eindringenden Rauch. Er wollte zunächst der Sache auf den Grund gehen und öffnete die Tür zum Wohnungsflur. In diesem Moment explodierten zwei Akkus seines privat genutzten E-Rollers, die er in der Wohnung abgestellt hatte. Eine Stichflamme schlug ihm entgegen, dichter Rauch machte ein Verbleiben in der Wohnung unmöglich. In Panik flüchtete der Kläger zum Fenster und sprang aus dem ersten Stock in den Innenhof. Dabei erlitt er mehrere Knochenbrüche an beiden Füßen.

Berufsgenossenschaft und Gerichte lehnen Zahlung ab

Die Feuerwehr stellte später fest, dass ein Akku-Defekt den Brand ausgelöst hatte. Die Berufsgenossenschaft lehnte dennoch ab, das Geschehen als Arbeitsunfall zu werten. Der Effekt: Es bestehen weder Ansprüche auf Versicherungsleistungen noch auf eine unfallbedingte Anerkennung der Verletzungen.

Nach erfolgloser Klage vor dem Sozialgericht zog der Softwareentwickler vor das LSG, allerdings ohne Erfolg. Der 21. Senat entschied, dass zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallgeschehen kein erforderlicher innerer Zusammenhang bestand. Zwar habe der Kläger im Zeitpunkt der Rauchentwicklung gearbeitet, doch die eigentliche Verletzung sei erst beim Sprung aus dem Fenster eingetreten. Und dieser sei nicht mehr der beruflichen Tätigkeit zuzurechnen.

Selbstrettung ein rein privates Motiv

Entscheidend: Die Selbstrettung diente primär der Abwehr von Lebensgefahr – einem rein privaten Motiv, das den Versicherungsschutz verdrängt. Dass der Kläger theoretisch seine Arbeitskraft erhalten wollte, um weiter an der Telefonkonferenz teilzunehmen, spielte für das Gericht nur eine untergeordnete Rolle.

E-Roller-Akkus dienten nicht der beruflichen Tätigkeit

Auch die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Home-Office (21.03.2024 – Az. B 2 U 14/21 R) bot keine Grundlage für eine Anerkennung. Danach können zwar Gefahren, die von privaten Gegenständen im Home-Office ausgehen, versichert sein – aber nur dann, wenn diese einen betrieblichen Zweck erfüllen. Das sei bei den E-Roller-Akkus nicht der Fall gewesen: Sie dienten weder der Telefonkonferenz noch der Ausübung der Softwareentwicklung. Der Umstand, dass der E-Roller gelegentlich für den Arbeitsweg genutzt wurde, ändere daran nichts.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Der Kläger kann beim Bundessozialgericht die Zulassung der Revision beantragen.

LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.10.2025 – Az: L 21 U 47/23%

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