Im August kam der Paukenschlag aus Franken: Nach dem verlustreichen Jahr 2024 befindet sich die NÜRNBERGER in Verhandlungen mit der Vienna Insurance Group (VIG) über eine „strategische Zusammenarbeit“. Es gehe um die „Übernahme einer kontrollierenden Mehrheitsbeteiligung“ vonseiten der VIG, der führenden Versicherungsgruppe in Zentral- und Osteuropa, also von mehr als 50%, ließ der Versicherer zu dem Zeitpunkt verlauten.
Eine Due-Diligence-Prüfung wurde als der nächste Schritt im potenziellen Verkaufsprozess angekündigt. Nun soll die VIG diesen Prüfungsprozess abgeschlossen haben und ein Angebot vorbereiten, wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) kürzlich berichtete. Damit liegt der Prozess genau in der Timeline: Eine Entscheidung über den Einstieg war für das vierte Quartal angedacht.
Angebotspreis von bis zu 120 Euro pro Aktie
„Sehr wahrscheinlich“ werde die VIG in den kommenden Tagen ihre Preisvorstellungen bekannt geben, heißt es in der SZ. Laut Aktionärsvertretern könnte der Angebotspreis bis zu 120 Euro betragen. Derzeit wird die Aktie mit 72,20 Euro gehandelt (Stand 10.10.2025, 11 Uhr). Damit ist sie in den vergangenen Tagen um mehrere Euro angestiegen: Am 08.10.2025 lag der Preis bei etwa 66 Euro.
Nach der Preisfestsetzung werde der Vorstand unter CEO Harald Rosenberger den Aktionären wohl die Annahme des Angebots empfehlen. Es sei sehr wahrscheinlich, dass die meisten Aktionäre zu einem Preis von mehr als 100 Euro verkaufen würden, schreibt die SZ weiter. Laut Geschäftsbericht der NÜRNBERGER Beteiligungs-AG 2024 ist die Munich Re mit 19,1%, die Neue SEBA Beteiligungsgesellschaft mit 18,9% beteiligt. Weitere Anteilseigner sind die Versicherungskammer Bayern mit 16,3% sowie die japanische Daido Life Insurance Company mit 15%.
Vorgehensweise erntet Kritik
Doch einer Reihe von Aktionären scheint das potenzielle Angebot nicht hoch genug zu sein. Sie glauben, dass andere Versicherer mehr bieten würden. So wird der aktivistische Frankfurter Investor 7Square – der den Prozess bereits zuvor kritisiert hatte und die NÜRNBERGER aufgefordert hatte, auch alternative Angebote zu prüfen – in der SZ zitiert: „Bei einer Auktion wäre ein deutlich höherer Preis sicher möglich“, so 7Square-Chef Thomas Schweppe. Ein Preis von bis zu 200 Euro solle mancher Aktionär für realistisch halten. Das würde die NÜRNBERGER-Gruppe mit rund 2 Mrd. Euro bewerten.
Im August hatte die NÜRNBERGER verkündet, dass die Beweggründe für die Entscheidung für die VIG „strategischen Optionen, finanzielle Investmentindikatoren sowie die Zusagen der VIG zur Standortsicherung und zum Erhalt der Marke und der Identität der NÜRNBERGER“ gewesen seien.
Positive Entwicklung zum Halbjahr
Der fränkische Versicherer hatte für das Geschäftsjahr 2024 ein tiefrotes Ergebnis von –77 Mio. Euro hinnehmen müssen, was man bei der NÜRNBERGER besonders auf das defizitäre Ergebnis in der Schaden- und Unfallsparte zurückgeführt hat.
Für das erste Halbjahr 2025 konnte der Versicherer jedoch dank seines Sanierungsprogrammes und Kosteneinsparungen ein „deutlich verbessertes Konzernergebnis“ von 47,7 Mio. Euro vorweisen. Für 2025 möchte der Konzern ein Ergebnis von rund 40 Mio. Euro erzielen. (js)
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