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Steuern & Recht
27. Mai 2021
Steuerliche Fallstricke: bAV für Arbeitnehmer-Ehegatten

Steuerliche Fallstricke: bAV für Arbeitnehmer-Ehegatten

Wer einen Ehegatten im Betrieb beschäftigt und diesem betriebliche Versorgungsleistungen gewährt, sollte einiges beachten. Denn es gibt steuerliche Fallstricke. Zu dem Thema hat der Bundesfinanzhof entschieden. Michael Gerhard, Aktuar (DAV) bei der Longial GmbH, beleuchtet die Sachlage.

Nicht selten beschäftigt der Inhaber eines Betriebs auch seinen Ehegatten als Arbeitnehmer. Regelmäßig soll auch dieser dann betriebliche Versorgungsleistungen erhalten. Allerdings knüpft die Finanzverwaltung an die steuerliche Anerkennung solcher Versorgungsmodelle diverse Bedingungen. Inwieweit diese eingehalten werden, kann strittig sein. Das zeigen zwei jüngst vom Bundesfinanzhof entschiedene Verfahren (BFH-Urteile vom 28.10.2020 [X R 1/19 und X R 32/18]).

Bei der Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung bei Arbeitnehmer-Ehegatten, aber auch bei anderweitigen Ergänzungen in deren Arbeitsverträgen, zum Beispiel bei der Vereinbarung eines Lebensarbeitszeitkontos, ist Vorsicht geboten.

Grundvoraussetzung: Ein steuerlich anzuerkennender Arbeitsvertrag

Um eine betriebliche Altersversorgung für den Arbeitnehmer-Ehegatten überhaupt einrichten zu können, ist ein steuerlich anerkanntes Dienstverhältnis zwingend erforderlich, denn Versorgungsleistungen dürfen nicht allein aufgrund einer familienrechtlichen Beziehung in Aussicht gestellt werden (BVerfG 1 BvR 285/66 v. 22.7.1970, Rn. 44, BStBl. II 1970, S. 652). Das Dienstverhältnis muss „betrieblich veranlasst“, also nicht nur zum Schein eingerichtet sein. Vielmehr muss es eindeutig und ernsthaft vereinbart, das heißt mit einem schriftlichen Arbeitsvertrag begründet werden. Und nicht zuletzt müssen die getroffenen Vereinbarungen auch tatsächlich „gelebt“ werden, wie zum Beispiel die Erfüllung der vereinbarten Arbeitszeiten und der vereinbarten Aufgaben oder auch die Auszahlung des Gehaltes durch Überweisung auf ein eigenes Konto des Arbeitnehmer-Ehegatten.

Sind die Grundvoraussetzungen des steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnisses nicht erfüllt, wird auch die betriebliche Altersversorgung nicht steuerlich anerkannt werden können.

Ist die Zusage ernsthaft gewollt? Nachweis durch betriebsinternen Fremdvergleich

Für die von der Finanzverwaltung geforderte Ernsthaftigkeit reicht es aus, wenn die dem Arbeitnehmer-Ehegatten in Aussicht gestellten Leistungen nicht höher ausfallen als Leistungen, die familienfremden Arbeitnehmern zugesagt werden. Dieser Vergleich ist mit Personen durchzuführen,

  • die eine gleiche oder geringwertigere Tätigkeit ausüben,
  • die bei Erteilung der Versorgungszusage dem Betrieb nicht länger angehört haben als der Arbeitnehmer-Ehegatte und
  • für die kein höheres Pensionsalter vereinbart wurde (BMF, Schreiben v. 4.9.1984, IV B 1 – S 2176 – 85/84).

Sind solche Arbeitnehmer im Betrieb tatsächlich nicht vorhanden, ist zu klären, ob Arbeitnehmern, die keine Familienangehörigen sind, eine entsprechende Versorgungszusage erteilt werden würde.

Besserstellung gegenüber anderen Mitarbeitern nur in Ausnahmefällen

In Ausnahmefällen kann die geforderte Ernsthaftigkeit einer Versorgungszusage aber durchaus auch geben sein, obwohl der Arbeitnehmer-Ehegatte gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern bessergestellt wird. Das ist nach Auffassung des BFH zum Beispiel dann der Fall, wenn durch die Versorgungszusage besondere Arbeitsleistungen berücksichtigt werden oder eine fehlende Sozialversicherungsrente (BFH I R 124/73 v. 15.7.1976) ersetzt wird.

Nimmt die Finanzverwaltung eine Besserstellung an, für die es keine Rechtfertigung gibt, wird die Versorgung in aller Regel steuerlich nicht anerkannt. Hier ist besondere Vorsicht geboten, wie ein aktuelles Urteil des BFH zeigt. Dabei ging es um die Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos (Wertguthabenkonto) für den Arbeitnehmer-Ehegatten (BFH-Urteil vom 28.10.2020 – X R 1/19):

Mit einem Arbeitnehmer-Ehegatten war eine Vereinbarung zur Einrichtung eines Wertguthabenkontos geschlossen worden (vgl. § 7b SGB IV). Danach konnte der Arbeitnehmer-Ehegatte in einem von ihm festgelegten Umfang Gehaltsbestandteile zugunsten eines Arbeitszeitkontos verwenden. Hiervon machte der Arbeitnehmer-Ehegatte ab Beginn seines Dienstverhältnisses Gebrauch. Er zahlte dort monatlich einen Betrag in Höhe von 1.000 Euro ein. Sein Monatsgehalt belief sich auf 1.410 Euro. Dem Arbeitnehmer-Ehegatten stand es frei, die eingezahlten Mittel – nach einer Ankündigungsfrist von jeweils drei Monaten – wahlweise für verschiedene Zwecke zu verwenden: vorzeitiger Ruhestand, Teilzeit, Freistellung, betriebliche Altersversorgung. Im Falle der Freistellung bestand für den Arbeitgeber einmalig die Möglichkeit, die Entscheidung des Arbeitnehmer-Ehegatten abzulehnen.

Der BFH lehnte eine steuerliche Anerkennung der Zuführungen zum Wertguthabenkonto mit folgenden Erwägungen ab: Für die Beurteilung der Frage, inwieweit eine Gestaltung betrieblich oder privat veranlasst ist, ist nach Auffassung des Gerichtes grundsätzlich die Gesamtheit aller objektiven Gegebenheiten maßgebend. Die Kriterien des Fremdvergleichs sind dabei einzeln zu würdigen. Ein Anhaltspunkt dafür, dass die Fremdüblichkeit bei einer Gestaltung nicht gegeben ist, kann nach Ansicht des BFH insbesondere dann vorliegen, wenn die weitaus meisten Chancen nur auf der Seite des Arbeitnehmer-Ehegatten liegen. Für den BFH war das hier der Fall. Denn der Arbeitnehmer-Ehegatte könne, nahezu unbegrenzt, sein Wertguthabenkonto finanzieren, um dann ständig wiederkehrend Freistellungen in sein Arbeitsleben zu integrieren. Dies habe er nicht langfristig anzukündigen. Der Arbeitgeber könne diesbezüglich auch nur einmal widersprechen. Nach Auffassung des BFH ist es unwahrscheinlich, dass eine solche Flexibilität die betrieblichen Abläufe im Zweifel nicht wesentlich stören würde.

Im Übrigen war ein entsprechendes Wertguthabenmodell anderen Arbeitnehmern im Betrieb nicht angeboten worden. Zudem unterschieden sich die Aufgaben des Arbeitnehmer-Ehegatten von den Tätigkeiten anderer Arbeitnehmer nicht so wesentlich, dass eine Besserstellung gerechtfertigt sei. Aber selbst für diesen Fall sei es die Aufgabe der Vorinstanz gewesen, der Frage nachzugehen, in welchem Umfang derart flexible Vereinbarungen in der Praxis überhaupt vorkommen. Dies sei jedoch unterblieben. Im Zweifel müsse das Finanzgericht also entsprechendes statistisches Material erst noch erheben. Das Verfahren wurde entsprechend zurückverwiesen.

Ob Regelungen zur Vergütung und Versorgung eines Arbeitnehmer-Ehegatten aus steuerlicher Sicht einem Fremdvergleich standhalten, ist also genauestens zu prüfen. Einseitige, unübliche Vorteile für den Arbeitnehmer-Ehegatten sollten vermieden werden.

Zur Höhe der zugesagten Leistungen und zum Zeitpunkt der Zusageerteilung

Eine weitere Anforderung der Finanzverwaltung ist ein Fremdvergleich hinsichtlich der Höhe der in Aussicht gestellten Leistungen (sogenannte Angemessenheit [BFH III R 97/86 v. 14.7.1989]). Diese Leistungen sollten also nicht diejenigen übertreffen, welche vergleichbaren Arbeitnehmern in Aussicht gestellt wurden. Dies gilt zumindest hinsichtlich einer vom Arbeitgeber finanzierten Versorgung (zum Thema Entgeltumwandlung siehe unten).

Die Angemessenheit ist – wenn es keine vergleichbaren Arbeitnehmer in dem Betrieb gibt – in jedem Fall dann gegeben, wenn die zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zusammen mit einer zu erwartenden Sozialversicherungsrente 75% des letzten steuerlich anzuerkennenden Arbeitslohns des Arbeitnehmer-Ehegatten nicht übersteigen.

Zudem soll eine betriebliche Altersversorgung an einen Arbeitnehmer-Ehegatten nach Auffassung der Finanzverwaltung dann nicht steuerlich anzuerkennen sein, wenn diese zu einem Zeitpunkt erteilt wird, zu dem sie einem familienfremden Arbeitnehmer wegen der kurzen Dienstzeit bis zur Pensionierung nicht mehr eingeräumt oder ernsthaft angeboten würde (BMF, Schreiben v. 4.9.1984, IV B 1 – S 2176 – 85/84).

Allerdings lässt die Finanzverwaltung offen, welche Mindestdienstzeit sie in diesem Zusammenhang für erforderlich hält. Schreiben des BMF in Sachen Erdienbarkeit – wie man sie im Zusammenhang mit der Gesellschafter-Geschäftsführer-Versorgung kennt – gibt es bislang nicht.

Der Sonderfall der Entgeltumwandlung: Leistungen in unbegrenzter Höhe?

Gegen eine betriebliche Altersversorgung in Form der Entgeltumwandlung bestehen bei einem Arbeitnehmer-Ehegatten aus steuerlicher Sicht keine grundsätzlichen Bedenken. Allerdings wollen die Finanzgerichte eine vollständige Umwandlung des Gehalts zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung (sogenannte „Nur-Pension“) in aller Regel nicht anerkennen (BFH VIII R 38/93 v. 25.7.1995).

Mit der Frage, ob eine betriebliche Altersversorgung steuerlich anzuerkennen ist, wenn zwar nicht das gesamte Gehalt des Arbeitnehmer-Ehegatten, aber doch ein wesentlicher Teil zugunsten einer Entgeltumwandlung verwendet wird, hatte sich ebenfalls der BFH jüngst zu befassen (BFH-Urteil vom 28.10.2020 [X R – 32/18]):

In dem betreffenden Fall hatte der Arbeitnehmer-Ehegatte mit der Firma vereinbart, ca. 45% seines laufenden Gehaltes zugunsten einer Unterstützungskassen-Versorgung umzuwandeln. Die Kasse finanzierte die in Aussicht gestellten Leistungen durch eine kongruente Rückdeckungsversicherung gegen einen laufenden Beitrag in gleichbleibender Höhe.

Die Finanzverwaltung wollte die von der Firma an die Unterstützungskasse geleisteten Zuwendungen nicht als Betriebsausgaben anerkennen. Sie war der Auffassung, die Zahlung sei nicht betrieblich veranlasst, weil sie einem Fremdvergleich nicht standhielte. Zum einen bestünde bei einer Unterstützungskassen-Versorgung für den Arbeitgeber ein Nachhaftungsrisiko. Zum anderen würde durch die hochvolumige Entgeltumwandlung im Rentenalter ein Versorgungsniveau erreicht, welches die Einkünfte während der Aktivenzeit um mehr als das Doppelte übersteige.

Diesen Bedenken hat sich der BFH nicht angeschlossen. Die Versorgung eines Arbeitnehmer-Ehegatten ist zwar auch bei einer Finanzierung durch Entgeltumwandlung einem Fremdvergleich zu unterziehen. In der Regel, so der BFH, sind Entgeltumwandlungen aber steuerlich anzuerkennen, es sei denn, es liegt ein besonderer Ausnahmetatbestand vor. Eine entsprechende Ausnahme könnte allenfalls dann vorliegen, wenn

  • eine vollständige Umwandlung des Gehalts vorgenommen wird, oder
  • die Gehaltsumwandlung durch eine sprunghafte Erhöhung der Gehaltszahlung vor Beginn der Umwandlung erst initiiert wird, oder
  • mit der Entgeltumwandlung zusätzliche Risiko- und Kostensteigerungen für den Arbeitgeber verbunden sind.

Im vorliegenden Fall war das aber alles nicht gegeben. Dem Arbeitnehmer-Ehegatten verblieben nach Umwandlung von 45% seines Gehalts noch ausreichende Einkünfte zur Abdeckung der laufenden Lebenshaltungskosten. Zudem war es aus Sicht des BFH nachvollziehbar, dass eine hohe betriebliche Altersversorgung angestrebt wurde, da der Arbeitnehmer-Ehegatte wegen des Wegfalls seiner Sozialversicherungspflicht später keine gesetzliche Rente von nennenswerter Höhe zu erwarten hatte. Darüber hinaus bliebe es Arbeitnehmern ganz allgemein unbenommen, (auch auf andere Weise) eine Überversorgung im Alter anzustreben. Der BFH ist der Meinung, dass auch Arbeitnehmer-Ehegatten ein solches Ziel per Entgeltumwandlung verfolgen dürften.

Besonderheiten bei der Hinterbliebenenversorgung

Eine weitere Besonderheit gibt es bei der Versorgung von Arbeitnehmer-Ehegatten, wenn auch eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt ist, die im Leistungsfall dem Inhaber des Betriebes zufließt.

Derartige Zusagen sind – zumindest in den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse – nach Auffassung der Finanzverwaltung unzulässig, da beim Tod des Arbeitnehmer-Ehegatten Anspruch und Verpflichtung in der Person des Inhabers zusammenfallen (sogenannte Konfusion [H 6a Abs. 9, Witwen-/Witwerversorgung, EStR 2012]).

Arbeitnehmer-Ehegatten in Personen- und Kapitalgesellschaften

Die vorgenannten Ausführungen für Arbeitnehmer-Ehegatten betreffen Einzelunternehmen und beherrschende Gesellschafter einer Personengesellschaft. Dies gilt zumindest dann, wenn diese Gesellschafter beherrschend sind und/oder gleichgerichtete Interessen verfolgen. Ob die betreffenden Kriterien auch bei dem angestellten Ehegatten des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft vollumfänglich anzuwenden sind, ist von der Finanzverwaltung bzw. den Finanzgerichten noch nicht abschließend beurteilt. Sollen steuerliche Risiken vermieden werden, ist daher auch in diesen Fällen eine Einhaltung der beschriebenen Kriterien zu empfehlen.

Fazit

Soll für einen Arbeitnehmer-Ehegatten eine betriebliche Altersversorgung oder ein Wertguthaben eingerichtet werden, ist zur steuerlichen Anerkennung darauf zu achten, dass die Versorgungszusage einem betriebsinternen Fremdvergleich standhält. Im Zweifel ist daher zu einer vorsichtigen Vorgehensweise hinsichtlich Zeitpunkt der Zusage, Festlegung des Pensionsalters und Höhe der in Aussicht gestellten Leistungen zu raten.

Bei einer betrieblichen Altersversorgung des Arbeitnehmer-Ehegatten in Form der Entgeltumwandlung gibt der BFH weitestgehend „grünes Licht“. Eine Überversorgung ist durchaus zulässig, ungewöhnliche Ausgestaltungen sollten aber nach wie vor vermieden werden. Insbesondere die sogenannte „Nur-Pension“ wird weiterhin nicht steuerlich anerkannt.

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