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2. Juni 2021
Tikitaka mit PEPP

Tikitaka mit PEPP

Was ist das denn? Eine Fußballkolumne in der AssCompact? Leider nein. Aufmerksame Leser haben es schon längst bemerkt, es geht hier nicht um den Vornamen eines katalanischen Fußballlehrers, sondern um ein vergleichsweise neues europäisches Produkt, das Paneuropäische Private Pensionsprodukt (PEPP).

Wir erinnern uns: In der griechischen Mythologie war Pan der Hirtengott, ein Mischwesen aus Mensch und Tier. Der Überlieferung nach hatte er die Beine und das Gesäß eines Ziegenbocks, während auf seinem menschlichen Kopf Hörner wuchsen. Frühchristliche Maler nahmen Pan als Orientierung für die Darstellung des Teufels. Deshalb ist Pan vor allem mit dem Thema Angst verbunden („keine Panik“, geflügeltes Wort in der Romantrilogie von Douglas Adams). Nicht zu verwechseln ist Pan mit dem altgriechischen Präfix „pan“, das für „allumfassend“ steht. Beispiel mit aktuellem Bezug: Pandemie. Oder, um nochmals Douglas Adams zu bemühen: pangalaktischer Donnergurgler. Paneuropäisch steht also für europaumfassend, PEPP also für europaumfassendes privates Pensionsprodukt. Also, keine Panik!

Hintergrund

Kurzpassspiel (Tikitaka) der Europäischen Union. Gestern Offenlegungsverordnung, heute PEPP. Bereits am 25.07.2019 ist die Verordnung über ein Paneuropäisches Privates Pensionsprodukt (PEPP) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden. Mit der Verordnung soll ein privates Altersvorsorgeprodukt mit dem Ziel einer langfristigen Altersvorsorge (sic!) geschaffen werden, das, soweit möglich, ökologischen, sozialen und Governance-Faktoren (ESG-Kriterien) Rechnung trägt, möglichst einfach, sicher, angemessen im Preis, transparent, verbraucherfreundlich und unionsweit mitnahmefähig ist und die in den Mitgliedsstaaten bereits bestehenden Systeme ergänzt.

Dabei werden zentrale Aspekte wie die Registrierung, die Herstellung, der Vertrieb, der Mindestvertragsinhalt, die Anlagepolitik, der Anbieterwechsel und die grenzüberschreitende Bereitstellung und Mitnahmefähigkeit sowie die Beaufsichtigung festgelegt. PEPP-Anbieter und PEPP-Vertreiber (z. B. Versicherungsvermittler) müssen klare, leicht verständliche und adäquate Informationen über die prognostizierte Höhe der Altersversorgungsleistungen, Risiken und Garantien, Kosten, die Berücksichtigung von ESG-Kriterien sowie erworbene Altersversorgungsansprüche in den verschiedenen Phasen eines PEPP – vor dem Vertragsabschluss, bei Vertragsabschluss, in der Ansparphase und in der Leistungsphase – bereitstellen. Eine zentrale Rolle spielt dabei das sogenannte PEPP-Basis­informationsblatt, das PEPP-Anbieter – also die Produktanbieter selber, nicht die Vertreiber – erstellen müssen, bevor PEPP an PEPP-Sparer vertrieben werden dürfen. Wegen der Einzelheiten zur Ausgestaltung der Informationspflichten ist die Kommission ermächtigt, technische Regulierungsstandards zu erlassen.

In der Verordnung nehmen die Vorschriften über Registrierung, grenzüberschreitende Bereitstellung und Mitnahmefähigkeit, vorvertragliche Informationen, Informationen während der Vertragslaufzeit, Beaufsichtigung und Sanktionen einen vergleichsweisen breiten Raum ein, während die Vorschriften über das Produkt selbst und seinen Vertrieb eher knapp gehalten sind.

Anlagevorschriften für das Produkt

Für die Produktgestaltung gelten besondere Anlagevorschriften. Danach sind die mit dem PEPP im Zusammenhang stehenden Vermögenswerte zum größtmöglichen langfristigen Nutzen der PEPP-Sparer so anzulegen, dass die Sicherheit, Qualität, Liquidität und Rentabilität des Portfolios insgesamt gewährleistet sind. Dabei dürfen die PEPP-Anbieter den Sparern maximal sechs Anlageoptionen zur Auswahl stellen. Alle Anlageoptionen müssen auf der Grundlage einer Garantie oder einer Risikominderungstechnik ausgestaltet werden, die den Sparern einen ausreichenden Schutz bieten. Bei den Anlageoptionen spielt das sogenannte Basis-PEPP eine besondere Rolle. Das Basis-PEPP muss ein sicheres Produkt sein, das die Standard-Anlageoption darstellt. Es muss auf der Grundlage einer Garantie auf das Kapital für die Leistungsphase oder einer Risikominderungstechnik konzipiert sein, die auf Kapital­erhalt für die Leistungsphase abzielt. Als Risikominderungstechniken benennt die Verordnung ausdrücklich die Bereiche Lebenszyklusstrategie, Bildung von Reserven und Garantien. Die beim Basis-PEPP anfallenden Kosten müssen auf 1% des pro Jahr angesparten Kapitals gedeckelt werden. Wegen der Details zu den Risiko­minderungstechniken und den Kosten ist die Kommission ermächtigt, technische Regulierungsstandards zu erlassen.

Vertriebsregime

Die Vorschriften für den Vertrieb von PEPP durch Versicherungsvermittler orientieren sich im Wesentlichen an den Regeln für den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten. Allerdings wird nicht sauber zwischen Vertrieb ohne Beratung und mit Beratung unterschieden. In Artikel 34 heißt es generell, dass der PEPP-Vertreiber den Kunden vor Abschluss des Vertrages berät, indem er eine individualisierte Empfehlung übermittelt, in der erläutert wird, warum ein bestimmtes PEPP den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden am besten entspricht. Sofern ein angebotenes Basis-PEPP keine Garantie für das angelegte Kapital vorsieht, muss der Vertreiber unter anderem ausdrücklich darlegen, dass es PEPP gibt, die Garantien für das eingesetzte Kapital vorsehen. An anderer Stelle heißt es, dass ein PEPP-Vertreiber bei der Beratung oder (!) beim Verkauf eines PEPP dem Kunden rechtzeitig das Basisinformationsblatt zur Verfügung stellen muss.

Delegierte Verordnung

Am 22.03.2021 sind die technischen Regulierungsstandards zur PEPP-Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden. Sie enthalten Details zu Inhalt und Bereitstellung der PEPP-Informationsblätter, zu den Kosten und Gebühren und zu den Risikominderungstechniken. Einen Schwer­punkt bilden Inhalt und Darstellung des PEPP-Basisinformationsblatts. Es gliedert sich in die zentralen Abschnitte „Um welche Art von Produkt handelt es sich?“, „Was sind die Risiken und was könnte ich im Gegenzug heraus­bekommen?“ und „Wie hoch sind die Kosten?“ mit entsprechenden Vorgaben für die inhaltliche Gestaltung. Bei der äußeren Gestaltung soll ein Standardlayout verwendet werden, das als Anlage der Delegierten Verordnung beigefügt ist. In einer weiteren Anlage wird auch für die PEPP-Leistungsinformation ein Standardlayout vorgegeben. Ferner werden in einer dritten Anlage methodische und rechnerische Wege zur ganzheitlichen Bewertung von Risiken und Renditen des PEPP festgelegt. Zum näheren Verständnis der mathematischen Modelle sind Kenntnisse über stochastische Differenzialgleichungen notwendig und hinreichend.

Perspektive

Ob das PEPP in Deutschland nachhaltig Fuß fassen kann, ist zumindest fraglich. Es ist ja ausweislich der Erwägungsgründe ausdrücklich als zusätzliches, ergänzendes Altersvorsorgeprodukt konzipiert und soll die nationalen Altersvorsorgesysteme nicht ersetzen. Insbesondere wegen der gedeckelten Kosten dürfte der Vertrieb mit den Füßen abstimmen. Es sei nur an die Anfangszeit der Riester-Rente erinnert.

Über den Autor

Hans-Ludger Sandkühler ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen. Außerdem ist er Mitinitiator des Arbeitskreises „Beratungsprozesse“ sowie Geschäftsführer des Instituts für Verbraucherfinanzen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2021, Seite 98 f., und in unserem ePaper.

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