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29. September 2022
Unfall mit Rettungswagen – Schadensersatzpflicht?

Unfall mit Rettungswagen – Schadensersatzpflicht?

Eigentlich werden Rettungswagen dafür eingesetzt, zu helfen und Leben zu schützen. Manchmal kann es bei einem Einsatz aber auch zu Personenschäden kommen. Wie es dann um die Schadensersatzpflicht bestellt ist, hatte das OLG Oldenburg in einem konkreten Fall zu klären.

Der Fahrer eines Rettungswagens wollte bei einem Einsatz in Ostfriesland mehrere Radfahrer überholen. Das Martinshorn war eingeschaltet. Es gab insgesamt nur wenig Platz. Eine 72-Jährige innerhalb der Radfahrergruppe wollte in dieser Situation absteigen, kam dabei aber zu Fall. Zu einer Kollision mit dem Rettungswagen war es jedoch nicht gekommen. Die Frau brach sich den Fußknöchel und musste zwei Wochen einen Gipsverband sowie im Anschluss zwei Monate einen speziellen Strumpf tragen.

Das Landgericht Aurich (LG) hatte eine Haftung des Rettungsdienstes abgelehnt. Mit ihrer Berufung hatte die 72-jährige Radlerin vor dem Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) aber Erfolg: Das Gericht entschied, dass sich bei dem Vorfall die sogenannte „Betriebsgefahr“ des Rettungswagens, also die typischerweise einem Kraftfahrzeug beim Betrieb innewohnende Gefahr, verwirklicht habe, auch wenn es nicht zu einer Kollision gekommen sei. Denn der Rettungswagen habe dennoch zu dem Unfall beigetragen, indem er das Ausweichmanöver und das Absteigen der Klägerin veranlasst habe. Ein Schaden sei bereits dann „beim Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich die von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr überhaupt ausgewirkt habe. Das sei hier der Fall. Die Radlerin habe die Verkehrslage zu Recht als gefährlich empfunden und sei deswegen abgestiegen.

Das OLG hat die Betriebsgefahr mit 20% Haftungsquote bewertet und der Radfahrerin ein Schmerzensgeld von 2.400 Euro zugesprochen. Darüber hinaus erhält sie auch ihren materiellen Schaden zu 20% ersetzt, ebenso wie die Kosten für ihren Rechtsanwalt. Die Entscheidung ist rechtskräftig. (ad)

OLG Oldenburg, Urteil vom 17.05.2022 – 2 U 20/22

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