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14. September 2020
Unsicherheit über die Dynamikcourtage

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Unsicherheit über die Dynamikcourtage

Pools sind zur Freigabe verpflichtet

Pools können aus dieser Praxis nicht von vornherein für sich in Anspruch nehmen, ihnen stünden die Dynamikcourtagen zu. Denn sie haben weder die Anträge aufgenommen noch Beratungsgespräche mit Kunden geführt, auf die der Abschluss der dynamischen Versicherungen zurückgeht. Diese Beratungsgespräche sind auch nicht etwa im Namen des Pools geführt worden. Sie sind also nicht Abschlussvermittler der dynamischen Lebensversicherungen. Nach Sinn und Zweck des mit dem angeschlossenen Vermittler geschlossenen Kooperationsvertrages übernehmen Pools die Aufgabe, das vom Abschlussvermittler vermittelte Geschäft bei den von ihm ausgesuchten Risikoträgern zu platzieren. Sie sind damit nichts anderes als Backoffice-Dienstleister, die der abschlussvermittelnde Makler als Kooperationspartner des Pools zur Erfüllung der ihm nach dem gesetzlichen Schuldverhältnis und ggf. dem Maklervertrag gegenüber dem Versicherungsnehmer bestehenden Verpflichtungen heranzieht. Deshalb hält ein Pool die von kooperierenden Maklern vermittelten Vertragsbestände bei den Risikoträgern nur treuhänderisch für die Kooperations­partner. Pools haben den Status von Erfüllungsgehilfen, denen die Aufgabe der Erschließung des Zugangs zu den Risikoträgern zukommt. Bei interessengerechter Auslegung des Kooperationsvertrages zwischen Pool und angeschlossenem Vermittler folgt daraus, dass der Pool die Bestände gegenüber dem Versicherer frei zu geben hat.

Fazit

Da die Rechtsprechung die Chance ungenutzt gelassen hat, unmittelbar aus dem HGB abzuleiten, wie weit der Anspruch auf Dynamikcourtage reichen kann, bleibt die Unsicherheit darüber, welchem Makler beim Vermittlerwechsel der Anspruch zusteht. Aus der Mayflower-Entscheidung folgt, dass der Ursprungsvermittler nur auf eine Dynamikcourtage verzichten kann, wenn sie ihm bereits vertraglich mit Abschluss des Grundvertrages versprochen worden ist. Geht aus der allgemeinen Formulierung der Courtagezusage nicht zweifelsfrei hervor, dass dem abschlussvermittelnden Makler bereits mit Policierung des Grundvertrages der dynamischen Lebensversicherung die Dynamikcourtage für alle künftigen Erhöhungs­geschäfte versprochen wird, ist nicht anzunehmen, dass der Anspruch selbst dann beim Abschlussmakler verbleibt, wenn der Versicherungsnehmer einen neuen Makler mit der Betreuung seiner dynamischen Lebensversicherung betraut. Dies ergibt sich aus den folgenden Erwägungen: Der Courtageanspruch setzt einen bestehenden Maklervertrag voraus. Die Beendigung des Maklervertrages führt zwar nicht zum Erlöschen eines erworbenen Courtageanspruchs. Allerdings stellt das Erhöhungsgeschäft in der Lebensversicherung einen Beratungsanlass dar. Denn der Kunde wird regelmäßig nicht wissen, ob er die Erhöhung gegen sich gelten lassen sollte oder er ihr widersprechen kann, ohne die Dynamikoption für künftige Erhöhungen zu verlieren. Ebenso wenig kann er wegen der mit dem wachsenden Eintrittsalter steigenden Abschlusskosten nachvollziehen, wie sich Mehrleistung und -prämie der Erhöhung errechnen. Möglicherweise stellt sich ihm auch die Frage, ob er – etwa bei unveränderter biometrischer Risikolage – anstelle der Erhöhung durch Dynamik eine weitere Lebensversicherung abschließt, die ggf. auch in der Anlageform abweicht. Insoweit können aus Kundensicht weitere ihm unbekannte, nicht versicherungsförmige Anlageformen in Betracht kommen. Bei diesen Gegebenheiten geht die Rechtsprechung zutreffend davon aus, dass dynamische Lebensversicherungen selbst bei störungsfreiem Verlauf mit den Erhöhungen Beratungsanlässe bilden.

Da Erhöhungen Anlass zur Beratung bilden, ist nicht ersichtlich, warum Lebensversicherer Dynamikprovisionen dem Abschlussmakler der Grundversicherung vorbehalten sollten. Versicherer müssten dabei ins Kalkül ziehen, dass ihnen die vertragsbegleitende Beratungspflicht zufällt, wenn der Kunde den Maklervertrag kündigt und die Lebensversicherung sich dann infolge Dynamik erhöht. Betraut der Kunde einen anderen Makler, bliebe der Anspruch auf Dynamikcourtage jedoch beim Altmakler, fielen Beratungsleistung und die Vergütung auseinander. Es kommt hinzu, dass Kunden weder an Maklerverträge langfristig gebunden sind noch an Betreuungszusagen. Deshalb muss man davon auszugehen, dass Dynamikcourtagen im Zweifel nicht bereits mit dem Anschluss des Grundvertrages erworben werden, sondern der Anspruch auf Dynamikcourtage voraussetzt, dass der Maklervertrag oder das Betreuungsverhältnis im Zeitpunkt der Erhöhung noch besteht.

Bild: © Feodora – stock.adobe.com

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Ein Artikel von
Jürgen Evers