Eltern meinen es in der Regel gut mit ihren Kindern. Manchmal ist gut gemeint zwar nicht gut gemacht, aber hin und wieder ist die Vorsicht der Eltern berechtigt. Das beweist der Fall eines Vaters, der für seine Tochter eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) abgeschlossen hatte. Wem die Zahlungen des Versicherers nun jedoch zufließen sollen, ist umstritten und hat nun sogar den Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigt.
Vater schließt BU für Tochter ab
Ein Mann hatte für seine damals 17-jährige Tochter im Jahre 2002 eine BU abgeschlossen. 2009 stellte der Versicherer die Berufsunfähigkeit der jungen Frau rückwirkend zum November 2006 fest. Monatlich zahlte der Versicherer daraufhin die vereinbarte Leistung von rund 1.200 Euro an die Tochter des Mannes.
Sozialhilfeträger fordert BU-Leistung ein
Das änderte sich, als der örtliche Sozialhilfeträger auf die Zahlungen aufmerksam wurde. Von da an bezahlte der Versicherer die Leistung direkt an den Sozialträger, der für die Frau Sozialhilfe leistet. Doch auch dieser Zustand währte nicht lange. Denn der Vater der Frau forderte 2013, dass der Versicherer das Geld zukünftig auf sein eigenes Konto überweisen solle. Diesem Wunsch kam das Versicherungsunternehmen nach.
Sozialhilfeträger verlangt Zahlung für 46 Monate
Eine Einigung zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Vater kam nicht zustande. 2016 klagte der Sozialhilfeträger gegen den Vater der berufsunfähigen Tochter und verlangte die Zahlung von 56.340 Euro. Dieser Betrag war von März 2013 bis Dezember 2016 aufgelaufen. Des Weiteren verlangte er Zinsen für die BU-Rente und auch die Beträge, die durch die vereinbarte Dynamisierung der Versicherungsleistung zustande kamen.
Bezugsrecht der Tochter widerrufen
Schwierig wurde die Sache nun durch den Umstand, dass der Vater das Bezugsrecht seiner Tochter zwischenzeitlich widerrufen hatte. Da der Vater der Versicherungsnehmer ist, sah sich der Versicherer verpflichtet, die Leistung für die Tochter auf das von ihm vorgegebene Konto zu überweisen und das war ab 2013 das des Vaters.
Verfahren an Berufungsgericht zurücküberwiesen
Sowohl vor dem Landgericht Traunstein als auch dem Oberlandesgericht München wurde die Klage abgewiesen. Vor dem BGH hatte der Sozialhilfeträger dann schließlich doch noch Erfolg, wenngleich der Fall damit jedoch nicht abgeschlossen ist. Der BGH gab der Klage statt und hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf. Der Fall wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Versicherungsnehmer hat nur treuhänderische Verfügungsbefugnis
Nach Ansicht des BGH habe der Vater als Versicherungsnehmer zwar eine Verfügungsbefugnis gegenüber dem Versicherer, aber nur treuhänderisch. Die Leistung der Versicherung müsse weiterhin dem Versicherten zugutekommen. Der Mann darf die Zahlung des Versicherers folglich nicht einbehalten.
Bezugsrecht kann nicht mehr widerrufen werden
Doch wie sieht es nun mit dem widerrufenen Bezugsrecht aus? Das konnte der Mann überhaupt nicht mehr widerrufen, entschied das Gericht. Nach Eintritt des Versicherungsfalles im Jahre 2006 war eine Änderung des Bezugsrechts gemäß des damals gültigen § 166 Abs. 2 VVG a.F. nicht mehr möglich.
Weiterer Klärungsbedarf
Nach der Zurückverweisung an das Oberlandesgericht München, wird nun zu klären sein, in welcher Höhe der Sozialhilfeträger Aufwendungen getätigt hat. Davon ist abhängig, wie hoch der Anspruch des Sozialhilfeträgers tatsächlich ausfällt. Des Weiteren wird zu klären sein, ob und wenn ja, in welchem Umfang Teile des Anspruchs bereits verjährt sind. (tku)
BGH, Urteil vom 15.07.2020, Az.: IV ZR 4/19
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