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Steuern & Recht
10. Mai 2017
Versicherung erkennt bestehende Berufsunfähigkeitsversicherung nicht an

Versicherung erkennt bestehende Berufsunfähigkeitsversicherung nicht an

Das Landgericht (LG) München entschied über die Anerkennung einer Berufsunfähigkeit sowie die damit verknüpfte Leistungspflicht des Versicherers. Beim Unterlassen einer Erklärung durch den Versicherer, ob und zu welchem Zeitpunkt die Leistungspflicht eintritt, ist zugunsten des Versicherungsnehmers zu entscheiden.

Der Sachverhalt

Die versicherte Frau hatte 2004 eine Risikolebensversicherung mit Zusatz-Berufsunfähigkeitsversicherung über eine monatliche Rente von 5.141,39 Euro abgeschlossen, die auch ihren Ehemann mit einschloss. Das Ende des Leistungszeitraums wurde zum 01.01.2026 festgesetzt. Der selbstständige Steuerberater und Geschäftsführer einer Firma, der Ehemann der Versicherten, erlitt im Dezember einen Bandscheiben-Vorfall in der Lendenwirbelsäule, der mehrfach stationär behandelt werden musste. Daraufhin war der Mann nur noch eingeschränkt zum Sitzen, Stehen und Autofahren im Stande. Eine Verbesserung trat erst nach einer Operation in 2015 ein, sodass ungefähr drei Monate nach der Operation aus orthopädischer Sicht keine Berufsunfähigkeit mehr vorlag. Der Mann war allerdings – wie in den Versicherungsbedingungen vorgesehen – über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten berufsunfähig. Die Versicherung verneinte allerdings das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit.

Das Urteil des LG

Die Entscheidung des LG München fiel zugunsten der Versicherungsnehmerin aus. So sei der Versicherer zu der Erklärung verpflichtet gewesen, „dass und ab wann er eine Leistungspflicht anerkennt.“ Dieser Verpflichtung ist die Versicherung im vorliegenden Fall allerdings nicht nachgekommen. „Unterlässt der Versicherer diese Erklärung, so ist er so zu behandeln, als habe er den Anspruch umfassend anerkannt, und kann sich von dem zu unterstellenden bedingungsgemäßen Anerkenntnis nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens lösen“, so die Argumentation des Gerichts. Gleiches gelte auch bei einer „fiktiven Berufsunfähigkeit“. Die Tatsache, dass es dem Mann nach der Operation wieder besser ergeht, habe darauf keine Auswirkungen. Da ein Nachprüfungsverfahren seitens der Versicherung bislang nicht durchgeführt wurde, verurteilte das Gericht sie zur Zahlung der ausstehenden Rentenbeiträge in Höhe von 221.079,77 Euro. Darüber hinaus muss die Versicherung die monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von rund 5.000 Euro bis maximal 01.01.2026 weiterzahlen. Am gesamt festgesetzten Streitwert von 473.150,90 Euro könnte nur ein Nachprüfungsverfahren etwas ändern. (kk)

LG München, Urteil vom 20.04.2017, Az.: 23 O 12413/15

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Thomas Pensel am 16. Mai 2017 - 15:15

Das Urteil des LG München ist nicht erstaunlich, folgt es doch der BGH-Rechtsprechung aus 2007 und diverser OLG-Urteile.

Wenn die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vom Antragsteller bewiesen ist, folgt das ebenso bedingungsgemäße Anerkenntnis des Versicherers. Leider wird sich der Versicherer ohne die Klage des Betroffenen nicht bewegen lassen ein ausstehendes Anerkenntnis auszusprechen. Hier fehlt den Leistungsprüfern gerne auch der Respekt gegenüber den Versicherten und oft genug auch die Kenntnis der Rechtsprechung. Oder gibt es die „strategische Leistungsverweigerung“ (Prof. Schwintowski, 2004) doch?

Dennoch: Gute Arbeit!

Thomas Pensel, bu consulting gmbh