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11. Dezember 2020
Versicherungen für Bergbahnen: Corona wirft neue Fragen auf

Versicherungen für Bergbahnen: Corona wirft neue Fragen auf

Derzeit stehen die Lifte coronabedingt still. Die Skigebiete müssen weiter auf den Saisonstart warten. Welche neuen Fragen sich infolge der Pandemie für den Versicherungsschutz ergeben und wie eine passende Absicherung für Bergbahnbetriebe aussieht, erklärt Ekaterina Bleichrot, Leiterin Versicherungen bei LEW.

Frau Bleichrot, viele Skigebiete haben entsprechende Hygienekonzepte erstellt und hoffen auf einen verspäteten Saisonstart. Doch derzeit ist alles in der Schwebe. Wie nehmen Sie die aktuelle Lage wahr?

Die Corona-Pandemie bringt tatsächlich viele neue Fragen und fordert Prozessanpassungen. Ein Beispiel sind Fragen rund um die Lagerung von verschiedenen Desinfektionsmitteln. Wir erhalten dazu vermehrt Anfragen, was es hierbei versicherungstechnisch zu beachten gibt. Wir arbeiten uns in diese neuen Felder ein, diskutieren sie mit den Versicherern und unterstützen unsere Kunden tatkräftig in ihrer Entscheidungsfindung.

Welche Bergbahnen zählen denn zu Ihren Kunden?

Wir betreuen eine Vielzahl von Bergbahnunternehmen. Dazu gehören beispielsweise die: Wendelsteinbahn GmbH, die Liftanlagen Oberwilhams GbR und andere namhafte Bergbahnen.

Für reichlich Zündstoff sorgte in den vergangenen Monaten das Thema Betriebsschließungsversicherung. Wie waren die Reaktionen Ihrer Kunden?

Unsere Kunden profitieren hier von unseren exzellent ausgearbeiteten Versicherungsrahmenverträgen. Unsere Versicherungspartner legten eine sehr gute Schadenbearbeitung an den Tag und kamen ihren Versicherungsverpflichtungen fair und vertragskonform nach – zur Zufriedenheit unserer Bergbahnkunden. Nichtsdestotrotz steht die Versicherungsbranche wegen der Pandemie stark unter Druck – insbesondere, wenn weitere Betriebsschließungen folgen. Die Branche muss sich mit den offenen, pandemiebedingten Fragen beschäftigen und sich für die Zukunft differenzierter aufstellen.

Sie bieten neben einer Maschinenunterbrechungsversicherung eine erweiterte Deckung der Betriebsunterbrechung. In welchen Fällen greift der Schutz?

Unsere Spezial-Bergbahn-Police geht über das übliche Standardbedingungswerk hinaus. Hier sind zahlreiche weitere Schäden und Gefahren versichert, beispielsweise Erdrutsch, Lawinen, Drahtseilbruch und vieles mehr. In den Beratungsgesprächen erläutern wir den Interessenten unser gut ausgearbeitetes Konzept im vollen Umfang.

Worin bestehen denn abgesehen von technischen Schäden die größten Risiken für Seilbahnbetreiber?
Und wie sieht ein passender Versicherungsschutz aus?

Die größten Risiken für Seilbahnbetreiber bestehen im vollständigen oder partiellem Verlust der technischen Betriebseinrichtung. Versichert werden sollten daher nach Möglichkeit beispielsweise Getriebe, Stationsbauten, Seile oder elektronisches Equipment. Im Bereich Sachgefahren, beispielsweise durch Feuer ausgelöst, gibt es geeignete Absicherungskonzepte. Ein passender Mindestdeckungsschutz muss in jedem Fall eine ausreichend bemessene Betriebshaftpflichtversicherung mit angeschlossener Umweltdeckung beinhalten. Hier sollten alle betrieblichen Aktivitäten abgebildet sein. Ergänzend empfehlen wir unseren Kunden eine Strafrechtsschutzversicherung abzuschließen. Für den Unternehmenslenker, der nicht gleichzeitig Eigentümer ist, raten wir definitiv zu einer D&O. Und von Vorteil ist auch eine monetäre Absicherung gegen einen sogenannten Maschinenbruch.

Leider ereignen sich immer wieder Unglücke, bei denen Menschen zu Schaden kommen. Welche Leistungen muss eine angemessene Betriebshaftpflichtversicherung hier bieten?

Zunächst hoffen wir natürlich alle, dass solche Ereignisse nicht eintreten. Die Bergbahnbetreiber tragen mit regelmäßigen und gewissenhaften Wartungen ihrer Anlagen dazu bei, dass solche Vorfälle glücklicherweise nur selten vorkommen. Sollte es doch zu einem Personenschadensfall kommen, ist die Deckungssumme entscheidend. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass unabhängig von der Höhe der Haftpflichtdeckungssummen bei einem Personenschadenfall auch höhere Leistungen im Raum stehen können, beispielsweise im Falle eines Kabinenabsturzes. Falls die Deckungssumme aus der Haftpflichtpolice nicht ausreicht, hat die Bergbahn mit ihrem gesamten Betriebsvermögen zu haften. 

Welcher Schutz ist abgesehen von den bereits genannten Lösungen zu empfehlen?

Dies kommt auf die individuellen Besonderheiten der Bergbahn an und kann nicht pauschalisiert werden. Grundsätzlich empfiehlt sich eine möglichst hohe Deckungssumme, die sich an den Bedürfnissen der Bergbahn orientiert. Häufig scheitert dies allerdings an der Prämienhöhe, die final für die Höhe der Deckungssumme ausschlaggebend ist.

Nun ist eine Bergbahn ein recht komplexes System und jede Anlage hat ihre Besonderheiten. Wie individuell kann und muss der Versicherungsschutz sein? Und wie darf man sich denn Beratungsprozess vorstellen?

Jeder Bergbahnkunde ist individuell und erhält von uns eine spezielle, persönliche Beratung. Wir besichtigen die Bahnen unserer Kunden und führen bei Bedarf zusammen mit dem jeweiligen Versicherer eine tief greifende Risikoanalyse durch. Auch bei unseren Bestandskunden ergeben sich laufend Veränderungen, beispielsweise durch Umbauten, Erweiterungen oder Neuinvestitionen. Diese gilt es in unsere Versicherungsrahmenvereinbarungen zu integrieren und in diesen fachkundig abzubilden. In unseren Jahresgesprächen, die dieses Jahr Corona-bedingt leider nicht vor Ort stattfinden konnten, werden solche Sachverhalte besprochen.

Mit welchen Partnern arbeiten Sie hierbei zusammen?

Grundsätzlich arbeiten wir mit namhaften Versicherungsmarktteilnehmern zusammen, die nicht nur unter Vertragsgesichtspunkten, sondern auch im Schadensmanagement kompetent und zuverlässig auftreten.

Im Sommer herrschte in vielen Bergregionen ein großer Besucheransturm, andererseits fuhren die Kabinenbahnen meist nicht mit voller Auslastung. Wie hat sich dies denn bislang bei den Schadenmeldungen niedergeschlagen?

Die meisten Schadenereignisse sind technischer Natur und ereignen sich im Winter. Somit zeigten sich bei uns keine Veränderungen im Vergleich zu früheren Zeiten.

Der Trend „höher, weiter, schneller“ dank modernster Technik gilt ja trotz Kritik von Umweltschützern auch für die Bergbahnen. Was bedeutet dies perspektivisch für den Absicherungsbedarf?

Im technischen Bereich wird sich nicht viel ändern müssen. Bereits heute werden komplexe Maschinen aus allerlei Branchen versichert. Durch den Ausbau werden sich voraussichtlich auch keine größeren Umweltrisiken ergeben. Eventuell absehbar wäre eine Koalition der Versicherer in einem Vertrag: Da die Maschinen durch die moderne Technik in ihrem Wert steigen, müssen sich Versicherer möglicherweise zur Unterstützung einen Partner holen. Dies betrifft andere Branchen aber vermutlich noch stärker, wie beispielsweise große Automobilkonzerne.

Über LEW

Als Versicherungsdienstleister betreut LEW seit mehr als 40 Jahren verbundene Bergbahnen, Seilbahnen, Zahnradbahnen und Sessellifte im Bereich Versicherungen. Die Prämisse ist, den Betrieb versicherungstechnisch zu begleiten und eine bestmögliche Risikoabsicherung anzubieten. Das daraus gewonnene Know-how im Bereich Bergbahn-Versicherungen gibt LEW auch an Unternehmen außerhalb des LEW-Verbunds weiter. Die Bergbahn-Versicherungen gehören zur Kernkompetenz des LEW-Versicherungsteams. Darüber hinaus unterstützt LEW Unternehmen auch bei Versicherungsbelangen in anderen Sparten. Weitere Informationen finden Sie hier. (tk)

Bild oben: © photog.raph – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Ekaterina Bleichrot