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18. August 2020
Versicherungsschutz für Ärzte muss bezahlbar bleiben

Versicherungsschutz für Ärzte muss bezahlbar bleiben

Der Makler Funk bietet Spezialkonzepte für angestellte und niedergelassene Ärzte. Eine Zusammenarbeit besteht mit fachärztlichen Berufsverbänden, Ärztekammern und Krankenhausträgern. Der Markt für die Berufshaftpflicht wird immer enger, erklären Dario Koch, Geschäftsführer, und Sabine Stock, Teamleiterin des Funk Ärzte Service der Funk Hospital-Versicherungsmakler GmbH im Interview.

Wie groß war die Verunsicherung der Ärzte in der Corona-Krise, was ihren Versicherungsschutz anging?

Dario Koch Eine deutliche Verunsicherung im Sinne von „sorgenvoll“ gab es aus unserer Sicht nicht. Allerdings ist der Beratungs- und Betreuungsbedarf der Ärzte zum Versicherungsumfang auch abhängig von den verschiedenen Fachrichtungen gestiegen.

Wo konnten Sie als Versicherungsmakler da am besten helfen?

DK Der Bundesgesundheitsminister und behördliche Stellen haben die Ärzteschaft aufgerufen, unterstützend zur Bekämpfung der Pandemie tätig zu werden. Viele Ärztinnen und Ärzte haben ihre Bereitschaft erklärt. Diese Bereitschaft hat viel Beratungsbedarf zur Absicherung der individuellen Tätigkeiten der Ärztinnen und Ärzte hervorgerufen. Unsere Aufgabe war es, Lösungen bzw. Antworten zu finden, den Versicherungsschutz schnellstmöglich zu klären und im Bedarfsfall bei geänderter Tätigkeit anzupassen, um unseren Kunden damit Sicherheit zu geben.

Einige Versicherer haben ihre Berufshaftpflichtversicherung erweitert, zum Beispiel was Vertretungen in Arztpraxen anging. Wie werten Sie diese Maßnahmen?

Sabine Stock Diese Maßnahmen sind positiv zu bewerten und auch das Ergebnis unserer Tätigkeit als Makler. Die Ver­sicherer haben in dieser Situation ihre Unterstützung für die Herausforderungen der versicherten Ärztinnen und Ärzte zugesichert und sich im Bereich der Haftpflichtversicherung überwiegend flexibel gezeigt. Schließlich gibt auch die (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte und Ärztinnen vor, dass diese verpflichtet sind, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern (§ 21 (Muster-)Berufsordnung der Bundesärztekammer). Ein Arzt haftet grundsätzlich mit seinem gesamten Privatvermögen; schlimmstenfalls kann sogar der Verlust der Approbation drohen.

Nun haben sich schon vor Corona einige Versicherer aus der Haftpflicht für Ärzte verabschiedet. Wie sehen Sie den Markt?

DK Es sind überwiegend geschäftspolitische Gründe, die zu einem Rückzug einiger Versicherer aus diesem Geschäftssegment führen. Dies hängt im Wesentlichen mit der problematischen Entwicklung der Schadensersatzansprüche aufgrund von Personenschäden zusammen. Die in diesem Zusammenhang stetig steigenden Regulierungskosten – etwa Schmerzensgeldansprüche, Regressforderungen der Krankenkassen sowie nicht zuletzt das veränderte Anspruchsverhalten der Patienten – gestalten das Versicherungssegment für die Versicherer weiterhin schwer kalkulierbar. Einige Versicherer zeichnen insoweit nur noch bedingt Arzt-Haftpflichtrisiken, abhängig von den verschiedenen Fachrichtungen.

Wie sieht es denn im Maklerbereich aus?

SaS Der Markt im Heilwesen ist durchaus umworben. Makler mit Expertise in diesem Bereich tun sich allerdings leichter, dem Kundenbedürfnis in seiner Diversität zu entsprechen. Es gibt nur sehr wenige Makler, die über das notwendige Spezial-Know-how verfügen und insoweit dem Bedürfnis der Ärzte nach sachkundiger Beratung nachhaltig entsprechen können.

Wie ist die Funk-Gruppe hier aufgestellt?

SaS Funk bietet spezielle, individuell abgestimmte Konzepte für den beruflichen Versicherungsschutz und die private Vorsorge von angestellten, niedergelassenen und freiberuflich tätigen Ärzten. Unsere Fachkompetenz und langjährige Erfahrung im Heilwesen bündeln wir in der umfassenden Individualvorsorge für Ärzte. Unsere Kunden profitieren von einer ausführlichen Risikoanalyse sowie von an ihre Bedürfnisse angepassten Rahmenverträgen zur Absicherung von sämtlichen Risiken der Berufsausübung als Arzt.

Im Blickpunkt steht immer öfter auch die Höhe der Versicherungssumme. Reichen 5 Mio. Euro aus?

DK Mittlerweile wird eine Personenschaden-Deckungssumme in Höhe von 5 Mio. Euro in der Berufshaftpflichtversicherung für Ärzte als ein Auslaufmodell angesehen. Es handelt sich heutzutage vielmehr um eine Deckungssumme „am unteren Limit“. Das Anspruchsdenken der Patienten, Regresse der Krankenkassen sowie Kosten für Pflege steigen stetig an. Die Entwicklung geht somit vielmehr zu einer höheren Personenschaden-Deckungssumme von 7,5 bis 10 Mio. Euro. Ein Punkt ist hier auch die Spätschadenthematik. Die Deckungssumme soll auch in den nächsten Jahren ausreichen. Viele Schäden werden gemeldet, bei denen das Schadenereignis zwei bis drei, teilweise sogar fünf Jahre zurückliegt. Gleichzeitig liegt die absolute Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen aufgrund von Personenschäden bei 30 Jahren.

In welchen Bereichen nehmen denn die Schäden insbesondere zu?

SaS Mittlerweile nehmen Schäden in nahezu allen Bereichen zu. Aufgrund stetig verbesserter Möglichkeiten in der Diagnostik nehmen spiegelbildlich auch Schäden aufgrund vermeintlich oder tatsächlich unterlassener bzw. fehlerhafter Diagnosen zu. Daneben bieten unter anderem – vermeintlich – mangelhafte bzw. fehlende Patientenaufklärungen Ansätze für Schadensersatzansprüche, auch wenn das Schaden­ereignis schicksalhaft war.

Wie sieht heute der „Arztmarkt“ aus?

SaS Einzelpraxen werden seltener. Da­gegen werden immer öfter ortsübergreifende Berufsausübungsgemeinschaften (ÜBAG) oder Partnerschaftsgesellschaften (PartGmbH) gegründet. Teilweise werden angestellte Fachärzte auf hinzu­gekauften Kassensitzen beschäftigt, um auch auf dem Land die ärztliche Versorgung sicherstellen zu können. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) können über verschiedene Anstellungsvarianten die Versorgung am Ort sicherstellen. Dies birgt insgesamt mehr Flexibilität für die Gesellschaften als eine Einzelpraxis.

Was bedeutet das für die Berufshaftpflichtversicherung?

SaS Die Berufshaftpflichtversicherung an sich wird immer elementar bleiben. Sie ist personenbezogen und wird auch künftig durch die (Muster-)Berufsordnung für Ärzte und Ärztinnen vorausgesetzt sein. Wir als Versicherungsmakler schaffen es, individuelle Lösungen für unsere Kunden zu finden, die auch verschiedene Fachrichtungen innerhalb eines Vertrages abbilden können. Die neuen Praxis-Konstrukte werden allerdings immer komplexer. Beispielsweise sollte klar geregelt sein: „Wer haftet?“, „Mit wem schließt der Patient seinen Behandlungsvertrag?“ und „Muss zudem eine Betriebshaftpflichtversicherung für das Betriebsstätten- und Organisationsrisiko abgeschlossen werden?“ Auch wird die Gesundheitsvorsorge digitaler. Es werden immer mehr Dienste aufkommen, die sich mit Vorsorge, Diagnose und Therapie beschäftigen. Die Telemedizin der Ärzte wird sicherlich verstärkt ausgebaut, und dies muss auch in der Berufshaftpflichtversicherung berücksichtigt sein. Derzeit soll der Arzt seine Patienten zumindest einmal in der Praxis persönlich gesehen und behandelt haben.

Mit Blick in die Zukunft: Wohin entwickelt sich der Bereich?

DK Der Versicherungsmarkt für die Berufshaftpflichtversicherung wird immer enger. Die Zeichnungspolitik der Risikoträger verläuft aufgrund der Schadenentwicklung restriktiv. Es geht insbesondere um die „schweren“ Fachrichtungen wie zum Beispiel, Orthopädie, Chirurgie, Neurochirurgie, Gynäkologie, Anästhesie. Zudem steigen regelmäßig die Tarif­prämien der Versicherer. Deshalb ist es um so wichtiger, dass wir als Interessenvertreter für unser Ärzte-Klientel über die ärztlichen Berufsverbände Rahmenverträge und Sonderkonditionen als tragfähige Absicherungsmodelle bereitstellen, damit es auch künftig „bezahlbare“ Berufshaftpflichtversicherungen gibt, die die so systemrelevante Tätigkeit der Ärzteschaft in all ihren komplexen Facetten passgenau absichert.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 08/2020 und in unserem ePaper.

Bild: © Blue Planet Studio – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Dario Koch
Sabine Stock