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Steuern & Recht
5. Oktober 2017
Verstoß gegen Untersuchungsobliegenheit im BU-Nachprüfungsverfahren

Verstoß gegen Untersuchungsobliegenheit im BU-Nachprüfungsverfahren

Kann der Versicherer verlangen, dass der Versicherungsnehmer sich im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens einer BU-Versicherung einmal jährlich von einem von ihm beauftragten Arzt untersuchen lässt? Ein Urteil des Landgerichts (LG) Berlin gibt Aufschluss in dieser Frage.

Laut den Bedingungen einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung obliegt es dem Versicherungsnehmer, sich zur Nachprüfung der Berufsunfähigkeit auf Verlangen des Versicherers von einem von ihm beauftragten Arzt einmal jährlich untersuchen zu lassen. Verstoße der Versicherungsnehmer grundlos dagegen, könne er sich gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass die Änderungsmitteilung des Versicherers nicht den formellen Anforderungen entspricht. Der Kläger begehrte 2010 aufgrund eines Burn-out-Syndroms mit Depression von der beklagten Versicherung Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung. Zudem besaß der Kläger vier weitere kapitalbildende Lebens- bzw. Rentenversicherungen mit jeweils einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Die Versicherung garantierte rückwirkend ihre Leistungspflicht aus sämtlichen Verträgen. Im eingeleiteten Nachprüfverfahren verweigerte der Kläger eine ärztliche Begutachtung, weshalb die Versicherung eigene Nachforschungen anstellte. Diese ergaben, dass sich der Kläger 2015 wieder als arbeitssuchend gemeldet und auf einem Jobportal ein Stellengesuch geschaltet hatte. Nach abgeschlossenem Nachprüfverfahren ohne Mitwirken des Klägers informierte die Versicherung den Versicherten aufgrund der Feststellungen, die Leistungen mit Ablauf des Monats einzustellen.

Laut Gericht kein weiterer Anspruch des Versicherungsnehmers

Das LG Berlin wies die Klage als unbegründet ab. Der Kläger habe ab 01.08.2015 keinen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsbefreiung mehr. Die vertraglichen Voraussetzungen für die Leistungseinstellung im Nachprüfungsverfahren seien erfüllt. Eine ärztliche Bewertung kann gerade bei psychischen Erkrankungen zwar nicht durch eigene Aussagen des Klägers oder dessen Selbstdarstellung auf dem Arbeits- und Stellenmarkt ersetzt werden, der Kläger sei jedoch gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben gehindert, sich darauf zu berufen. Er habe treuwidrig verhindert, dass die Beklagte eine ärztliche Einschätzung einholen konnte. Wenn die Verweigerung wie im vorliegenden Fall sogar ohne Angabe eines Grundes erfolgt, ist es dem Versicherer regelmäßig schon unmöglich, eine formell ordnungsgemäße Änderungsmitteilung zu verfassen. (kk)

LG Berlin, Urteil vom 22.06.2017, Az.: 24 O 18/17