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17. März 2023
Vertreter: Gekürzte Provision als neues Vergütungsmodell?

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Financial crisis. Business concept with euro and scissors

Vertreter: Gekürzte Provision als neues Vergütungsmodell?

Anteilige Kürzung der Folge-/Bestandsprovision bei Kündigung?

Kündigt der Handelsvertreter sein Vertragsverhältnis, so sind nach den Vereinbarungen in bestimmten Handelsvertreterverträgen von Versicherern die Bestandsprovisionen anteilig zurückzuzahlen. Nach den obigen Darlegungen hat der Versicherungsvertreter einen Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte und für jedes weitere Jahr auf eine Folgeprovision, solange der Vertrag besteht. Erfolgt nun eine Kürzung oder eine Beschränkung, so stellt sich die Frage, ob eine solche wirksam vereinbart werden kann oder ob hier eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsvertreters oder gar eine Kündigungserschwernis vorliegt. Für Verzichtsklauseln wurde dies jedenfalls in VersR 2011, 565 ff. negiert mit der Begründung, dass der Versicherungsvertreter die von ihm geschuldete Leistung durch Vermittlung der abgeschlossenen Verträge bzw. der Bestandserhaltung erbracht hat, während die Gegenleistung (Vergütung) bei Vertragsbeendigung gekürzt werden dürfte und der Versicherungsvertreter im schlimmsten Fall einen erheblichen Anteil der Bestandsprovisionen verlieren würde, der mit Zahlung der Prämie unbedingt erworben wurde.

Auch eine Kündigungserschwernis gem. § 89a Abs. 1 Satz 2 HGB i. V. m. § 134 BGB ist zu diskutieren. Nach § 89a Abs. 1 Satz 1 HGB kann das Vertragsverhältnis von jedem Teil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. § 89a Abs. 1 Satz 2 HGB bestimmt, dass dieses Recht nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden kann. Diese gesetzliche Regelung bildet eine Schutzvorschrift zugunsten des im Allgemeinen wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters. Die gesetzlich gewährleistete Freiheit, das Handelsvertreterverhältnis zu beenden, wird unzulässig beschränkt, wenn an die Kündigung des Vertreters die Vertragsbeendigung erschwerende oder sie praktisch unmöglich machende finanzielle Nachteile geknüpft werden. Dabei müssen derartige Nachteile nicht unmittelbar an die Kündigung geknüpfte Vertragsstrafen sein; vielmehr kann eine Beschränkung der Kündigungsfreiheit auch bei mittelbaren Erschwernissen in Form von finanziellen oder sonstigen Nachteilen vorliegen. Erforderlich für die Annahme einer Kündigungserschwernis bleibt jedoch eine Anknüpfung der Rückzahlungsverpflichtung gerade an die Kündigung oder jedenfalls das Ausscheiden des Handelsvertreters.

Nachträgliche Änderung des Vergütungsmodells

Eine nachträgliche Änderung eines Vergütungsmodells ist in aller Regel nur in beiderseitigem Einverständnis im Sinne eines Vertragsnachtrages möglich. Einmal unterzeichnete Vergütungsmodelle können nicht einseitig verändert werden. Allenfalls ein wirksamer Änderungsvorbehalt könnte das Versicherungsunternehmen berechtigen, einseitige Änderungen durchzuführen. An einen Änderungsvorbehalt werden allerdings strenge Anforderungen gestellt, wie ein Verfahren des Oberlandes­gerichts München vom 06.02.2008 zeigt. Ein Änderungsvorbehalt in Vertretungsverträgen ist dann unwirksam, wenn es ihm an der hinreichenden Bestimmtheit fehlt, das heißt, wenn also weder der Anlass, aus dem ein Änderungsrecht entsteht, noch der Maßstab seiner Ausübung konkret darlegt wird. Einseitige Leistungsänderungsrechte in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bedürfen zunächst zu ihrer Wirksamkeit der konkreten Angabe der Änderungsgründe in der Klausel selbst. Dabei müssen sowohl der Änderungsgrund, also der Anlass, aus dem das Änderungsrecht entsteht, als auch die Richt­linien und Grenzen der Ausübung des Änderungsrechts – insbesondere also auch Art und Ausmaß der zulässigen Abweichung – konkret benannt sein. Darüber hinaus muss ein schwerwiegender, triftiger Grund für die Änderung der vereinbarten Leistung durch den Verwender ersichtlich sein.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 03/2023, S. 106 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Dasha Petrenko – stock.adobe.com

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Ein Artikel von
Michaela Ferling