Ein Beitrag von Gerald Mützel, Nachfolgeberater bei MÜTZEL BSV, ehem. Inhaber und Vorstand der MÜTZEL Versicherungsmakler AG
Ein Maklerunternehmen zu verkaufen, ist kein punktuelles Ereignis, sondern ein langwieriger, manchmal sogar ein mehrjähriger Prozess, der weit vor ersten Gesprächen beginnt. In den folgenden drei auf persönlichen Erfahrungen basierenden Abschnitten werden drei Aspekte behandelt, wie sich Makler auf einen erfolgreichen Verkauf vorbereiten können – fachlich, strategisch und emotional.
1. Frühzeitige Vorbereitung: Das Unternehmen unabhängig vom Inhaber aufstellen
Der erste Schritt ist die Erkenntnis, dass ein Unternehmen nur dann wirklich verkaufsfähig ist, wenn es auch ohne den Inhaber funktioniert. Wer nach wie vor zentraler Ansprechpartner für Kunden, Mitarbeiter und Geschäftspartner ist, hat eher einen Arbeitsplatz als ein übertragbares Unternehmen geschaffen. Eine längere Abwesenheit – etwa ein vierwöchiger Urlaub – kann als ehrlicher Selbsttest dienen: Laufen Prozesse reibungslos? Können Mitarbeiter Entscheidungen treffen? Haben Kunden Vertrauen ins Team?
Ein verkaufsfähiges Unternehmen zeichnet sich durch klar dokumentierte Abläufe, festgelegte Verantwortlichkeiten und transparente Kommunikationsstrukturen aus. Entscheidender Erfolgsfaktor ist die Fähigkeit des Unternehmers, loszulassen und Verantwortung schrittweise zu delegieren. Diese strukturelle und mentale Loslösung erfordert Zeit – und ein Umdenken: vom Macher zum Ermöglicher.
2. Vom Gedanken zur Verhandlung: Klarheit vor dem ersten Gespräch
Gedankenspiele über einen möglichen Verkauf entstehen oft spontan – ausgelöst durch äußere Veränderungen oder persönliche Überlegungen. Doch zwischen dem ersten Impuls und echten Verhandlungen liegt ein entscheidender Wendepunkt: das erste konkrete Gespräch. Dieses sollte nicht unvorbereitet geführt werden. Wer hier noch zögert, emotional befangen ist oder seine Zahlen nicht kennt, sendet ungewollt Signale von Unsicherheit aus – und schwächt seine Verhandlungsposition.
Wichtige Vorüberlegungen sind daher: Was will ich wirklich – Geld, Sicherheit für Mitarbeiter, einen sanften Übergang? Wie viel ist mein Unternehmen objektiv wert? Welchen Käufertypen kann ich mir vorstellen? Und in welchem Zeitraum soll der Übergang erfolgen? Eine gute Verhandlung beginnt nicht mit Preisforderungen, sondern mit gegenseitigem Verständnis. Wer klar kommuniziert, worauf es ihm ankommt, baut Vertrauen auf und begegnet selbst professionellen Käufern auf Augenhöhe.
3. Der Unternehmenswert: Zwischen Lebenswerk und Marktlogik
Je konkreter die Verkaufsabsicht wird, desto stärker rückt die zentrale Frage in den Fokus: Was ist mein Unternehmen wert – objektiv betrachtet? Während emotionale Bindung, persönliche Geschichten und Aufbaujahre für den Verkäufer eine große Rolle spielen, interessieren den Käufer primär Zahlen, Prozesse und Zukunftsfähigkeit. Denn Käufer investieren nicht in Erinnerungen, sondern in Perspektiven.
Bewertet wird auf Basis von Bestandsprovisionen, Kundenstruktur, Neugeschäft, Mitarbeiterqualität, Prozessklarheit und – ganz wesentlich – der Unabhängigkeit vom bisherigen Inhaber. Der reale Unternehmenswert errechnet sich dann häufig über Multiples, die z. B. das 2,5– bis 5-fache des Gewinns betragen können. Doch die Spannweite ist groß – und hängt von harten wie weichen Faktoren ab: Wie digital ist das Unternehmen? Wie modern sind IT und Kommunikation?
Gibt es Weiterentwicklungsoptionen für das Team? Gleichzeitig muss sich jeder Verkäufer auch fragen: Was ist mir mein Unternehmen noch wert? Bin ich bereit, realistisch zu bewerten – oder halte ich an einer Hoffnung fest? Die beste Zeit zu verkaufen ist selten dann, wenn man muss – sondern wenn man kann.
Fazit: Der Weg zum Verkauf ist auch ein Weg zu sich selbst
Ein erfolgreicher Unternehmensverkauf gelingt nicht aus der Hüfte, sondern ist das Ergebnis von Vorbereitung, Reflexion und schrittweisem Loslassen. Wer bereit ist, Prozesse zu strukturieren, Verantwortung zu teilen und sich frühzeitig mit Zahlen, Zielsetzung und Emotionen auseinanderzusetzen, erhöht nicht nur seinen Unternehmenswert – sondern auch die Chance auf einen Abschluss, der sich langfristig richtig anfühlt.
Der Verkauf ist nicht das Ende – sondern der Übergang zu einem neuen Kapitel. Und der beginnt mit der ehrlichen Frage: Wäre ich selbst bereit, mein Unternehmen zu kaufen?
Fortsetzung folgt
Dieser Artikel ist Teil einer Reihe aus insgesamt fünf Artikeln zum Thema Unternehmensnachfolge und -verkauf. Im zweiten Artikel der Reihe wird geht es u. a. darum, wie aus dem unternehmerischen Erfolg persönlicher Sinn wird – und warum der Verkauf erst der Anfang sein kann. Ein Erfahrungsbericht über das, was kommt, wenn man sich selbst wieder begegnet.
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