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1. April 2022
Von der Ausschließlichkeit in die Maklerschaft: Zukunftsmodell?
One not like other, Contrarian, On contrary, opposite, be against the trend and be non-conformist

Von der Ausschließlichkeit in die Maklerschaft: Zukunftsmodell?

Der Wechsel von der Ausschließlichkeit in die Maklerschaft ist weiterhin reizvoll für viele Einfirmenvertreter. Vermittler, die dies wagen, müssen jedoch einiges beachten. Rechtsanwältin Michaela Ferling, die Vermittlern seit über 17 Jahren beim erfolgreichen Umstieg in den unabhängigen Vertrieb hilft, fasst die wichtigsten Punkte zusammen.

Ein Artikel von Michaela Ferling, Rechtsanwältin der Kanzlei FERLING RECHTSANWÄLTE

Zahlreiche Studien unterstreichen die Wechselwilligkeit der Ausschließlichkeitsvermittler. In einer im vergangenen Herbst herausgegebenen Strukturanalyse des Bundesverbandes der Versicherungskaufleute e. V. (BVK) signalisierten knapp 8% der Teilnehmenden eine Wechselbereitschaft. Zwei Drittel dieser 8% zogen einen Wechsel in die Maklerschaft in Erwägung.

Ein Blick in die Zahlen des DIHK dürfte diesen Trend untermauern. Während die Zahl der gebundenen Vermittler im letzten halben Jahr um mehr als 7.000 gesunken ist, ist die Zahl der registrierten Versicherungsmakler leicht angestiegen. Haben vor Jahren insbesondere Einfirmenvertreter den Schritt in die Maklerschaft gewagt, finden sich zunehmend auch Vermittler aus Vertriebsstrukturen und sogar Banken und Sparkassen bei den wechselwilligen Vermittlern wieder. Gerade Banken bewegen sich derzeit in einem schwierigen Umfeld und können durch die Maklertätigkeit neue Geschäftsbereiche erschließen.

Herausforderungen für jeden Vermittlertyp

Die unterschiedlichen Vermittlertypen bringen unweigerlich unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen mit sich. Beim Einfirmenvertreter steht die wettbewerbskonforme Abwerbung der bislang betreuten Kunden im Mittelpunkt. Beim Vermittler, der bislang in einer Vertriebsstruktur tätig war, liegt das Haupt­augenmerk auf einer vertraglich verlängerten Kündigungsfrist und möglichen nachvertraglichen Wettbewerbsverboten oder -einschränkungen. Bei Kreditinstituten hingegen ist die Implementierung eines funktionierenden Maklervertriebs entscheidend. Um die Abwerbung der bisher betreuten Kunden und die Finanzierung des Umstiegs müssen sich Banken die wenigstens Sorgen machen. In allen Fällen gilt aber: Der Umstieg ist sorgsam zu planen.

Fünf Aspekte eines erfolgreichen Umstiegs

Dabei beherrschen im Grunde genommen fünf Aspekte in unterschiedlicher Gewichtung den erfolgreichen Umstieg: ein mögliches nachvertragliches Wettbewerbsverbot, die Beendigung des bestehenden Vertrages, die Finanzierung des Umstiegs, die wettbewerbskonforme Abwerbung der Kunden und der Aufbau des Kundenbestandes sowie die Frage nach der künftigen Rechtsform des Maklerunternehmens. Mit diesen Aspekten muss sich jeder der wechselwilligen Vermittler vor der Beendigung des Vertrages auseinandersetzen.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Es bedarf zunächst keiner Vertiefung, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot einer Makler­tätigkeit entgegensteht. Aber selbst wenn ein Wettbewerbsverbot vereinbart ist, stellt sich immer die Frage, ob es auch wirksam vereinbart ist. Eine Prüfung kann daher lohnen, um nicht von vorneherein einen Umstieg auszuschließen.

Beendigung des Vertrags

Ein weiterer Aspekt ist die Beendigung des Handelsvertretervertrages. In aller Regel, soweit das ordentliche Kündigungsrecht nicht ausgeschlossen ist, kann der Agenturvertrag mit einer ordentlichen Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist beendet werden. Gesetzlich beträgt diese, abhängig von der Dauer des Vertrages, maximal sechs Monate. Vertraglich kann sie aber verlängert werden. Diese vertragliche Verlängerung, die sich insbesondere in Verträgen bei Vertriebsstrukturen wiederfindet, beträgt dann auch gerne einmal 12 oder gar 24 Monate. Besonders unangenehm kann es für den Vermittler dann werden, wenn die Kündigung noch dazu nur zum Kalenderjahresende ausgesprochen werden kann. In dieser Kündigungsfrist gilt aber das vertragliche Wettbewerbsverbot, welches bedeutet, dass der Vermittler während der Zeit des gekündigten Vertrages keine Wettbewerbstätigkeit, auch nicht über Dritte, entfalten darf. Erhält der Unternehmer Kenntnis von der Wettbewerbstätigkeit des Vermittlers, bestehen aufseiten des Unternehmers Auskunfts- und Schadensersatzansprüche (und im Falle einer wirksamen Vertragsstrafenregelung auch die Zahlung einer Vertragsstrafe). Um diesem vertraglichen Wettbewerbsverbot insbesondere bei vertraglich verlängerten Kündigungsfristen zu entgehen, bemühen sich die Vermittler um den Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Hierbei ist allerdings Vorsicht geboten, denn allzu oft finden sich in Aufhebungsverträgen ungünstige oder einseitige Regelungen zulasten des Vermittlers, allen voran ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das je nach Ausgestaltung des Vertrages sogar ohne eine Karenzentschädigung wirksam sein kann.

Umstiegsfinanzierung

Die Finanzierung des Umstiegs ist abhängig vom Vermittlertyp und hinsichtlich der vertraglichen Gestaltung ebenfalls ein sehr existenzieller Aspekt. In einigen Verträgen findet sich die Regelung, wonach eine Diskontierung ab Kündigung entfällt und die Beträge der Stornoreserve zugeführt werden. Beruhte das Geschäftsmodell des Vermittlers bislang mehr oder weniger auf der Vermittlung von diskontierten Verträgen, so kann die Einstellung der Diskontierung erhebliche finanzielle Folgen haben, gerade wenn die Kündigungsfrist vertraglich verlängert ist und ein Sachbestand mit Anspruch auf Bestandsprovisionen nicht aufgebaut wurde oder Anspruch auf Bestandsprovisionen nicht besteht.

Abwerbung der Kunden

Ein wichtiger Aspekt ist die richtige, also wettbewerbskonforme Abwerbung der Kunden und der Aufbau des eigenen Kundenbestandes. Gerade die Abwerbung und der Verdacht der Verwertung von Geschäftsgeheimnissen (§ 23 GeschGehG) oder aber die unzumutbare Belästigung durch einen Telefonanruf des ausgeschiedenen Vermittlers ohne ausdrückliche Einwilligung des Kunden liefern in regelmäßigen Abständen Anlass für einstweilige Verfügungen seitens der Unternehmer. Ohne Zweifel ist der Vermittler bei Beendigung des Handelsvertretervertrages verpflichtet, sämtliche Kunden- und Vertragsdaten herauszugeben. Allerdings darf er diejenigen Daten, die in seinem Gedächtnis geblieben sind, ohne Weiteres verwerten. Dabei ist es dem Vermittler allerdings nicht gestattet, den Kunden anzurufen – selbst dann, wenn ihm der Kunde im Gedächtnis geblieben ist oder er die Telefonnummer im Telefonbuch finden konnte. Selbst eine einstmals erteilte Einwilligung endete mit Beendigung des bestehenden Handelsvertretervertrages.

Umdeckungskonzepte

Ein Aspekt, der zuletzt für Einfirmenvertreter an Bedeutung gewonnen hat, ist ein Bestandsum­deckungskonzept für den (Sach-)Bestand, das heißt, der Vermittler erhält die Möglichkeit, dem Kunden mit Besserstellungsgarantien, die dem „best Advice“ Rechnung tragen, die Sachbestände der bislang betreuten Kunden umzudecken. Diese Umdeckungskonzepte können auch im Bereich des Wechsels von Banken aus der Ausschließlichkeit in die Maklerschaft zum Einsatz kommen. Hinzu kommt die Herausforderung bei Banken und Sparkassen, den Maklervertrieb zu „leben“, damit der erfolgreiche Umstieg gelingt.

Fazit

Es gibt keine Blaupause für den Umstieg in den unabhängigen Vertrieb. Jeder Vermittler ist anders, jeder Handelsvertretervertrag ist anders und auch Kundenbestände unterscheiden sich. Ein sorgsam überlegter Plan und die Einbindung eines ausgeklügelten Bestandsumdeckungskonzeptes ebnen den Weg in eine erfolgreiche Maklerschaft – mit einer für den Neu-Makler mehr als zufriedenstellenden Umdeckungsquote.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 03/2022, S. 116 f., und in unserem ePaper.

Bild: © welcomeinside – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Michaela Ferling