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17. Dezember 2020
Wachstumsmarkt Tierversicherung: „Ohne Tierliebe wird es langfristig nicht klappen“

Wachstumsmarkt Tierversicherung: „Ohne Tierliebe wird es langfristig nicht klappen“

Hund, Katze, Kaninchen & Co.: Etliche Vermittler haben den Bereich Tierversicherung bereits für sich entdeckt. Was Makler mitbringen sollten, um in diesem Markt Bestand zu haben, und wie es um die Lösungen der Anbieter bestellt ist, erklärt Oliver Janes, Geschäftsführer beim Spezialmakler Puntobiz GmbH.

Herr Janes, immer mehr Menschen legen sich ein Haustier zu, die Corona-Krise hat diesen Trend nun verstärkt. Ist damit auch die Nachfrage nach Versicherungsschutz gestiegen?

Die Nachfrage ist enorm gestiegen, insbesondere aber auch bei Kunden mit schon erkrankten Tieren. Und für diese gab es auch vor Corona schon keine Lösung. Dabei könnte diesen Menschen schon geholfen werden. So könnte mit intelligenten Ausschlüssen und durchdachten Leistungseinschränkungen gearbeitet werden. Das Ganze darf aber weder den Antrags­prozess für Versicherer und Vermittler verteuern und verlangsamen noch für den Kunden verkomplizieren. Auch wären wirklich hilfreiche Assistanceleistungen ein guter Ansatz. Dafür brauchen die Anbieter aber ein Umdenken in der Produktentwicklung und mindestens ein offenes Ohr für den Kunden.

Wäre also jetzt ein guter Zeitpunkt für Vermittler, sich näher mit dem Thema zu befassen oder den Fokus sogar komplett auf den Bereich der Tierversicherungen zu legen?

Der Bereich Tier ist für uns ein besonderer Markt. Wer hier Fuß fassen möchte, der sollte sich mit den Besonderheiten aus­einandersetzen. Neben dem Wissen um Versicherungen sollte Know-how über die Tiere selbst vorhanden sein. Eine Liebe zu den Tieren, die man versichert, sowie ehrliches Interesse für Tier und Halter sind bei uns Voraussetzungen für jeden Mitarbeiter. Wer mit Tieren würdevoll umgeht – und das ist nur bedingt zu lernen –, der ist in diesem Markt richtig. Für solche Vermittler war der Zeitpunkt immer richtig. Wer aber den Unterschied zwischen einem Chihuahua und einem Zwergspitz nicht kennt oder nicht weiß, wie diese Rassen geschrieben werden, der wird es auf Dauer schwer haben zu bestehen.

Sie haben sich schon seit Längerem auf die Zielgruppe der Tierliebhaber spezialisiert. Welche Vorteile sehen Sie als Makler in einer solchen Spezialisierung?

Spezialisierung ist meiner Meinung nach die einzige Existenzberechtigung für uns Makler. Technisch betrachtet ist es doch heute recht einfach, eine Versicherung abzuschließen. Der Kunde braucht aber ehrliches Expertenwissen. Und dieses Wissen geht weit über den reinen Abschluss hinaus. Wir werden zum Beispiel mit Fragen zu Tierkrankheiten, Tierernährung oder Tierhaltung konfrontiert. Unsere Spezialisierung hat uns zu einem Kompetenzcenter rund um Tiere gemacht, das heute nicht nur von der reinen Versicherungsvermittlung lebt.

Lassen Sie uns einen Blick auf das Angebot auf dem Markt werfen.
Viele Versicherer haben Tierhalterhaftpflichtprodukte im Portfolio. Wie stark unterscheiden sich die Tarife denn in Preis und Leistung?

Die Antwort werden die Anbieter nicht gerne hören. Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass Tarife abgeschrieben werden. Manchmal wortwörtlich, manche Anbieter stellen sich beim Abschreiben etwas geschickter an. So kann aber keine Produktvielfalt entstehen. Wir brauchen Versicherungsprodukte,die sich nicht nach der Sternchenvergabe von Vergleichsportalen richten, sondern nach den Bedürfnissen der Kunden.

Nun ist eine Hundehalterhaftpflicht in manchen Bundesländern Pflicht und entsprechend verbreitet. Wie sieht es denn mit der Tierkrankenversicherung aus?

Die Tierkrankenversicherung ist keine Pflichtversicherung. Sie ist in Deutschland auch noch recht unbekannt. Den Markt haben sich jahrelang zwei Anbieter geteilt, das hat sich in den letzten Jahren geändert. Heute gibt es mehrere Gesellschaften, die Tierkrankenversicherungen anbieten. Viele Anbieter machen aber keine guten Produkte, auch bei der Tierkrankenversicherung wird kräftig abgeschrieben. Dabei macht es uns das Ausland doch vor, da findet man genügend Ansätze für Produkte und Vertrieb.

Die Tierheime in Deutschland berichten, dass derzeit viele Menschen ein Tier aufnehmen möchten. Lassen sich Hunde aus dem Tierheim denn schwieriger absichern, etwa wegen möglicher unbekannter Vorerkrankungen?

In den Tierschutzorganisationen sitzen ja nicht nur kranke Tiere. Wir besuchen schon seit Jahren europaweit Tierschutzorganisationen und waren über unser Projekt Pfotenhilfe bei vielen Vermittlungen behilflich. Die meisten Tiere aus dem Tierschutz sind topfit und sozialverträglich.

Sie bieten auch Versicherungslösungen für Kleintiere. Welche Tierarten lassen sich versichern? Und steigt auch hier die Nachfrage?

Der Markt ist schon recht schwierig. Es gibt unserer Meinung nach zurzeit keinen bedarfsgerechten Schutz für Kaninchen & Co. Hier müssen die Produktanbieter nachbessern. Und ob dies zu einer Prämie möglich ist, die der Halter dann auch bereit ist zu zahlen, darf mehr als bezweifelt werden.

Die Konkurrenz schläft nicht: Längst haben auch Start-ups und Direktanbieter die Tierversicherung für sich entdeckt. Beobachten Sie das mit Sorge?

Neuen Trends sollte man nie mit Sorge, sondern mit maximaler Offenheit begegnen. Es kommt so Bewegung in einen doch sehr trägen Markt rein. Die neuen Anbieter werden für Wettbewerb und für Werbung für die Produkte und die Sparte sorgen, und das ist gut so. Aber auch für die Direktanbieter gilt: Ohne Tierliebe wird es langfristig nicht klappen und nur wer das versteht, wird als Anbieter erfolgreich. Für die Tiere würde es mich freuen.

Dieses Interview lesen Sie auch in der AssCompact Sonderedition Tierversicherung und in unserem ePaper.

Bild oben: © minastefanovic – stock.adobe.com

 
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