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18. Dezember 2020
Wann sind Prämienanpassungen in der PKV gültig?

Wann sind Prämienanpassungen in der PKV gültig?

Der BGH hat in zwei aktuellen Urteilen darüber befunden, welche Vorgaben für eine Prämienanpassung in der PKV erfüllt sein müssen, damit sie wirksam ist. Einige privat Versicherte können demnach auf satte Rückzahlungen hoffen, doch der BdV gibt zu bedenken, dass diese Freude nur von kurzer Dauer sein könnte.

In den vergangenen Jahren haben sich immer wieder die Gerichte mit der Frage auseinandersetzen müssen, wann eine Prämienanpassung in der PKV ausreichend begründet ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in zwei strittigen Fällen nun Urteile gefällt, die richtungsweisenden Charakter haben könnten. In dem Verfahren hatten zwei Versicherte gegen ihren Krankenversicherer, die AXA, geklagt.

Prämienanpassung von 2014 bis 2017 fragwürdig

Die beiden Versicherten bemängelten mehrere Prämienanpassungen im Zeitraum 2014 bis 2017, die an ihrer privaten Krankenversicherung vorgenommen wurden. Einer der beiden beanstandete zuletzt zwar nur noch die Mitteilung über die Gründe für die Beitragserhöhung. Der andere machte jedoch weiterhin geltend, dass die Prämienanpassung wirkungslos sei und alle Erhöhungsbeträge zurückgezahlt werden müssten.

Ausreichende Begründung nötig

In beiden Fällen hat der BGH nun geurteilt, dass die Frist für das Wirksamwerden einer Prämienanpassungen erst dann zu laufen beginnt, wenn sie gemäß § 203 Abs. 5 VVG ausreichend begründet wurde. Die Begründung ist nach Ansicht der Bundesrichter dann ausreichend, wenn angegeben wird, auf welcher Rechnungsgrundlage die Änderung erfolgt – Versicherungsleistung und/oder Sterbewahrscheinlichkeit. Die Höhe der Änderung an der Rechnungsgrundlage muss der Versicherer jedoch nicht mitteilen. Ebensowenig muss er weitere relevante Faktoren angeben, die Einfluss auf die Prämienhöhe haben, wie beispielsweise den Rechnungszins.

Frist beginnt erst anschließend zu laufen

Die fehlenden Angaben zur Begründung einer Prämienerhöhung können laut BGH durch den Versicherer nachgeholt werden, heilen die ursprünglich unzureichende Begründung jedoch nicht. Das heißt, die Frist für das Inkrafttreten der Prämienanpassung beginnt erst dann zu laufen, wenn eine ausreichende Begründung vorliegt.

Begründung kann nachgeholt werden

In einem der beiden Verfahren war genau das geschehen. Die ursprünglich unzureichende Begründung in der Mitteilung zur Prämienanpassung wurde mittlerweile nachgeholt. Dementsprechend ist die Prämienanpassung zulässig, tritt jedoch später als vom Versicherer geplant in Kraft. Dieselbe Wirkung entfaltet sich auch dann, wenn eine folgende Prämienanpassung den Anforderungen genügt. Der BGH drückt es folgendermaßen aus: „Erfolgt eine weitere, diesmal insgesamt wirksame Prämienanpassung im betreffenden Tarif, hat der Versicherungsnehmer jedenfalls ab dem Wirksamwerden dieser Anpassung die Prämie in der damit festgesetzten neuen Gesamthöhe zu zahlen.“

Zweites Verfahren zurückverwiesen

Im zweiten Verfahren sah es etwas anders aus. Hier verwies der BGH das Verfahren zur erneuten Beurteilung an das Berufungsgericht zurück. Das Berufungsgericht muss nun erneut prüfen, ob die Prämienanpassung gemäß der konkretisierten Vorgaben des BGH rechtmäßig war.

Krankenversicherer muss Erhöhungsbeiträge teilweise erstatten

Die AXA muss, dem BGH-Urteil entsprechend, die Erhöhungsbeträge für die Zeiträume zurückzahlen, in denen keine ausreichende Begründung der Prämienanpassung vorgelegen hat. Im erstgenannten Fall betrifft das die Erhöhungen 2015 und 2016. Im anderen Prozess muss vonseiten des Berufungsgerichts erst noch entschieden werden, ob die Prämienanpassung nicht ausreichend begründet war.

BdV gießt Wasser in den Wein

Für die Versicherten, die sich nun vielleicht auf satte Rückerstattungen freuen, hat Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten (BdV) schlechte Nachrichten. Die Prämienanpassungen der privaten Krankenversicherer spiegelten schließlich real gestiegene Kosten wider. Die einklagbaren Rückerstattungen würden deshalb unweigerlich auf die nächste Beitragsanpassung aufgeschlagen. Hinzu kämen auch noch die Anwalts- und Gerichtskosten sowie die überzahlten Arbeitgeberanteile der Krankenversicherung.

Gutes Geschäft für spezialisierte Anwaltskanzleien

Der wegweisende Charakter des Urteils dürfte dementsprechend für viele Versicherte keine langfristig lukrative Wirkung entfalten. Spezialisierte Anwaltskanzleien können sich jedoch auf weitere erfolgreiche Klagen einstellen. Immerhin ist nun deutlich ersichtlich, welche Mitteilungsschreiben den Vorgaben des BGH genügen und welche nicht. (tku)

BGH, Urteile vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19; IV ZR 314/19

Bild: © xyz+ – stock.adobe.com

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