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10. Juli 2024
Warum das Altersvorsorgedepot eine gute Idee sein könnte
Warum das Altersvorsorgedepot eine gute Idee sein könnte

Warum das Altersvorsorgedepot eine gute Idee sein könnte

Die FDP plant derzeit mit einem Gesetzentwurf eine Reform der privaten Altersvorsorge. Wie ist die Idee des Altersvorsorgedepots grundsätzlich und aus Beratersicht zu bewerten? Adrian Schmidt, Finalist des Jungmakler Awards 2023 und Gründer von KÄPSELE, ordnet den Vorschlag ein.

Ein Artikel von Adrian Schmidt, Gründer und Geschäftsführer von KÄPSELE

Der aktuelle Gesetzentwurf der FDP zu steuerlich geförderten Aktien- und ETF-Sparplänen hat in der Finanzwelt unserer Meinung nach für deutlich zu wenig Aufsehen gesorgt. Gerade als Vermittler mit Fokus auf den Bereich Leben und Altersvorsorge sind für uns einige Implikationen unklar und die Auswirkungen sollten dringend diskutiert werden.

Ziel des Entwurfs ist, den Anreiz zur Altersvorsorge zu erhöhen und die Rahmenbedingungen für ein steuerbegünstigtes Investieren für das Alter zu schaffen. Der Kerngedanke ist also ähnlich der Reform von 2005 und durchaus sinnvoll. Ob die Umsetzung am Ende der gleichen Kritik ausgesetzt sein wird wie heute Riester- und Rürup-Rente, wird sich zeigen.

Ziel des Gesetzentwurfs

Die Idee der FDP, die private Altersvorsorge zu stärken und mehr Aktivität am Kapitalmarkt zu fördern, ist hier längst überfällig und auch im Koalitionsvertrag aus dem Dezember 2021 ist die Reform niedergelegt. Mit dem Altersvorsorgedepot soll zusätzlich zum Generationenkapital jetzt also auch noch die wirkliche Aktienrente kommen – also eine Rente, bei der die Rentenhöhe von den Erträgen am Aktienmarkt abhängt.

Dass Aktien und ETFs hier in den jungen Generationen längst angekommen sind, zeigen die Zahlen von beispielsweise Extra-ETF, die von 7,1 Millionen monatlichen ETF-Sparplänen sprechen. Diese sollen bis 2028 auf etwa 10,7 Millionen anwachsen und das Altersvorsorgedepot könnte zu diesem Wachstum beitragen.

Steuerliche Freistellung von Sparplänen

Ein zentraler Aspekt des Entwurfs ist die steuerliche Freistellung von Aktien- und ETF-Sparplänen. In unterschiedlichen Quellen werden mehrere Varianten der Besteuerung genannt, es scheint also noch mehr oder minder unklar, wie die Ausgestaltung letztlich aussieht.

Teilweise wird von steuerfreien Erträgen gesprochen, teilweise von nachgelagerter Besteuerung. Teilweise sollen rein die Erträge unter den persönlichen Einkommensteuersatz fallen. Und alle diese Varianten werden im selben Artikel und Interview mit Dr. Florian Toncar von der FDP genannt.

Der aktuelle Entwurf orientiert sich laut Herrn Toncar sehr stark an den bisherigen Fördermöglichkeiten der Riester-Rente und soll diese erweitern und ausbauen. Nehmen wir ihn hier beim Wort, sind jährliche Einzahlungen bis zu 2.100 € steuerlich begünstigt, wobei dieser Betrag möglicherweise noch angehoben wird. Zulagen und Sonderausgabenabzug bleiben dann wie bisher bestehen. Wertpapiere und Fonds könnten dann während der Ansparphase steuerfrei verkauft und reinvestiert werden.

Ob die Erträge steuerfrei bleiben, wagen wir zu bezweifeln, da eine Besteuerung dann sowohl bei Einzahlung als auch bei Entnahme komplett entfiele. Selbst wenn nur die Erträge besteuert würden, Einzahlungen allerdings komplett steuerfrei blieben, wäre das eine deutliche Verbesserung zur aktuellen Riester-Förderung.

Unsere Vermutung ist, dass Entnahmen aus dem Altersvorsorgedepot in der Rentenphase komplett versteuert werden.

Auch wurde angedeutet, dass die Wertpapiere bis zur Rente gehalten werden müssen und dann ähnlich wie beim Riester nur teilweise kapitalisiert werden können.

Der Entwurf sieht zudem eine Vereinfachung der Steuererklärung für Kapitalerträge vor. Durch eine automatische Meldung der steuerfreien Sparpläne an das Finanzamt sollen Anleger von bürokratischem Aufwand entlastet werden.

Potenzielle Auswirkungen auf das Investmentverhalten

Für viele Bürger, die sich der Notwendigkeit einer zusätzlichen Vorsorge bewusst sind, ist die steuerliche Belastung noch immer ein riesiger Schmerzpunkt. Die Steuerfreiheit könnte diese Hürde abbauen und für eine breitere Kapitalmarktbeteiligung sorgen.

Die Investoren-Quote steigt in Deutschland über die letzten Jahre kontinuierlich. Grund dafür ist der Boom rund um ETFs, der vereinfachte Zugang durch Neobroker und das steigende Bewusstsein für die eigene Altersvorsorgesituation. Die weitere Förderung von Kapitalmarktinvestitionen sollte diese Zahl weiter steigern. Der aktuelle Entwurf klingt nach einem No-Brainer ohne bürokratischen Aufwand. Wird die Komplexität reduziert, wird die Zahl der Anleger in Deutschland weiter steigen.

Auswirkungen auf Finanzberater

Für Privatanleger bedeutet der Entwurf eine weitere Emanzipation von Finanzberatern und die Möglichkeit, auch über die Do-it-Yourself-Anlage steuerliche Vorteile zu nutzen. Beim Verbraucherschutz und der allgemeinen Presse sollte dies positiv aufgenommen werden. Allerdings bleibt die Frage, ob auch Privatanleger maximal davon profitieren oder der wilde Westen der Anlage dadurch gesteigert wird.

ETFs als kostengünstige und effiziente Anlageinstrumente sind grundsätzlich für die Altersvorsorge begrüßenswert, im Sinne der Effizienzmarkthypothese.

Die Praxis zeigt allerdings oft eher einen wilden Mix aus Einzeltiteln und wahlloser ETF-Auswahl. Auch in der Zukunft wird hier Anleitung notwendig sein. Insbesondere wenn geförderte Produkte auch alternative Investments und Kryptowährungen umfassen sollten. Diskussionen um Provisionsverbote und die Obsoleszenz von Finanzberatung durch DIY-Produkte und geringe Einstiegshürden werden diesen Effekt verstärken. Kostenminimierung ist wichtig, aber nicht die alleinige Lösung.

Zudem sind einige entscheidende Rahmenbedingungen weiterhin unklar:

  • Das Gesetz soll auch Anwendung bei zukünftigen fondsgebundenen Lebensversicherungen finden – wie sieht es mit bereits abgeschlossenen ETF-Sparplänen und Rentenversicherungen aus?
  • Gilt die steuerliche Förderung für herkömmliche Bank- und ETF-Sparpläne sowie Neobroker? Oder nur für spezielle zertifizierte Sparpläne, siehe Riester?
  • Welche Anlagen werden final zugelassen und wie hoch fällt die genaue steuerliche Förderung aus? Wird jede Anlageform gleichermaßen gefördert und die Auswahl dem Anleger komplett freigestellt sein?
  • Wird es keinerlei Aufklärungs- und Beratungsanforderung an dieses neue Produkt geben und falls doch, wer soll dieses durchführen?
Fazit

Der Gesetzentwurf der FDP zur Steuerfreiheit von Aktien- und ETF-Sparplänen ist eine längst überfällige Idee mit vielen positiven Effekten:

  • Förderung der privaten Altersvorsorge
  • Vereinfachung der Steuererklärung
  • Motivation zur eigenen Anlage und höhere Beteiligung am Kapitalmarkt
  • Stärkung der Autonomie der Privatanleger

Die Umsetzung durch die Regierung steht dabei allerdings auf einem anderen Blatt und die offenen Fragen müssen zwingend geklärt werden, bevor sich der Entwurf realisieren kann. Auch wenn der Entwurf in seinen Grundzügen sinnvoll erscheint, zeigt das Beispiel Riester, dass die praktische Umsetzung entscheidend ist. Die Versicherungspflicht mit Opt-Out wie im aktuellen Koalitionsvertrag zeigt zudem, dass ein Entwurf noch lange keine beschlossene Sache ist.

So oder so wird es für Vermittler mit Fokus auf den Leben-Bereich Zeit, umzudenken. Die eigenen Geschäftsmodelle müssen hinterfragt werden und weitere Stützen neben den Provisionseinnahmen geschaffen werden. Stützen, die bestenfalls unabhängig von Produktgebern sind. Dafür kommen Servicepauschalen, Zusatzangebote oder reine Beratungsleistungen auf Honorarbasis in Frage.

Am Ende bleibt es also abzuwarten, wie die tatsächliche Ausgestaltung des Entwurfs aussehen wird und ob er tatsächlich umgesetzt wird. Wer hier nicht Spielball der Politik sein will, muss umdenken und sein Geschäftsmodell stückweise reformieren.

Bild: © vegefox.com – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Adrian Schmidt