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25. Mai 2025
Warum lohnt sich das Büro (noch)?
Warum lohnt sich das Büro (noch)?

Warum lohnt sich das Büro (noch)?

Die Zeiten, in denen Beschäftigte sich tagtäglich im Büro trafen, sind vorbei. Manche fragen sich: Wozu überhaupt noch ins Büro kommen? Die Unternehmensberatung für die Konzeption neuer Arbeitswelten neotares zeigt auf, warum Menschen den Weg auf sich nehmen und was den Mehrwert der Arbeit im Büro ausmacht.

Ein Artikel von Norman Kustos, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von neotares

Aktuelle Studien zeigen: Die Frage, warum Menschen überhaupt noch ins Büro kommen sollen, wenn sie doch theoretisch von überall arbeiten könnten, beschäftigt viele Unternehmen – besonders in der Finanz- und Versicherungsbranche. Im Februar 2025 haben knapp 25% der Beschäftigten in Deutschland zumindest teilweise von zu Hause gearbeitet. Das geht aus der Konjunkturumfrage des ifo Instituts hervor. Home-Office hat sich längst etabliert, doch es ersetzt nicht automatisch das Büro. Ein moderner Arbeitsplatz braucht mehr als nur Flexibilität. Es geht um einen echten Mehrwert, den Mitarbeitende spüren müssen – und dann auch gerne nutzen. Nur wenn Raum, Unternehmenskultur und organisatorische Rahmenbedingungen gezielt zusammenspielen, wird das Büro zum echten Mehrwert für Mitarbeitende – und damit auch für das Unternehmen.

Der Faktor Raum – die Wirkung des Umfelds

Warum lohnt sich das Büro (noch)?

Ein modernes Büro erfüllt heute viele Anforderungen. Es geht längst nicht mehr nur darum, gut auszusehen, sondern darum, wie Räume die tägliche Zusammen­arbeit und das individuelle Arbeiten unter­stützen können. Dazu gehören funktionale Zonen, die verschiedene Bedürfnisse abdecken: Rückzugsorte für konzentriertes Arbeiten, offene Flächen für krea­tiven Austausch sowie aus­reichend Besprechungsräume für Meetings – physisch wie hybrid. Eine gute Raumplanung berücksichtigt, dass Arbeitsweisen sich ändern und Teams wachsen können. Deshalb sind Flexibilität und Anpassungs­fähigkeit entscheidende Kriterien bei der Gestaltung moderner Arbeitsplätze.

Auch das Thema Nachhaltigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Materialien sollten langlebig und umweltfreundlich sein, um nicht alle paar Jahre kosten- und ressourcen­intensive Umbauten durchführen zu müssen. Ein Büro, das auf eine langfristige Nutzung ausgelegt ist, spart nicht nur Geld, sondern zeigt auch ökologische Verantwortung.

Gleichzeitig hat das Umfeld eine emotionale Wirkung: Ein gut gestalteter Arbeitsplatz stärkt die Identi­fikation mit dem Unternehmen und erhöht die Arbeitgeberattraktivität – besonders in einem wettbewerbs­intensiven Arbeitsmarkt.

Der Faktor Kultur – der Mitarbeitende im Mittelpunkt

Warum lohnt sich das Büro (noch)?

Ein noch so stylishes Büro ist wenig wert, wenn es nicht zur gelebten Unternehmenskultur passt. Denn die Art und Weise, wie Menschen miteinander arbeiten, prägt die Atmosphäre im Unternehmen maßgeblich – und diese sollte sich auch räumlich widerspiegeln.

Eine offene, wertschätzende Kultur zeigt sich z. B. darin, dass Führungskräfte nicht im abgeschotteten Einzelbüro sitzen, sondern Teil des Teams im offenen Raum sind. Hierarchien werden dadurch räumlich aufgebrochen, was Vertrauen und Austausch fördert. Solche kulturellen Signale sind besonders wichtig, wenn flexible Arbeits­modelle wie hybrides Arbeiten erfolgreich funktionieren sollen.

Gerade für die Generation Z, die mit digitaler Kommunikation aufgewachsen ist, spielen weiche Faktoren eine große Rolle. Junge Mitarbeitende erwarten einen Arbeitsplatz, der auf Augenhöhe funktioniert, Mitsprache ermöglicht und auf Werte wie Nachhaltigkeit und Gesundheit achtet. Angebote wie ein Obstkorb oder ein Kicker sind nett – entscheidend ist aber, dass junge Talente sich ernst genommen fühlen.

Zugleich darf New Work nicht zur Einbahnstraße für eine bestimmte Altersgruppe werden. Erfolgreiche Konzepte berücksichtigen das Erfahrungswissen älterer Mitarbeitender genauso wie die Innovationsfreude der Jüngeren. Wenn gegenseitiges Lernen möglich ist und alle Generationen voneinander profitieren, entsteht eine starke, resiliente Unternehmenskultur.

Der Faktor Organisation – Strukturen, die Flexibilität ermöglichen

Warum lohnt sich das Büro (noch)?

Auch die beste räumliche und kulturelle Basis wirkt nur dann, wenn sie von klaren, modernen Organi­sationsstrukturen gestützt wird. Flexible Arbeitsmodelle brauchen Orientierung, nicht Beliebigkeit. Ein gutes Beispiel ist der Umgang mit Home-Office: Statt starrer Vorgaben brauchen Teams die Freiheit, individuelle Lösungen zu finden, die zu ihren Aufgaben und ihrer Arbeitsweise passen. Hier zeigt sich Vertrauen in die Eigenverantwortung – ein Schlüsselprinzip moderner Führung.

Auch Themen wie Desk-Sharing müssen realistisch betrachtet werden. Nur weil im Durchschnitt die Hälfte der Belegschaft mobil arbeitet, lässt sich nicht automatisch die Bürofläche halbieren. Erfahrungswerte zeigen: 10% weniger Schreibtische führen in der Praxis eher zu 5% Flächeneinsparung, da Rückzugsräume, Meeting-Zonen und Pufferflächen weiterhin erforderlich bleiben.

Zudem müssen Abläufe klar definiert und einfach nutzbar sein – von der Buchung von Arbeitsplätzen bis zur Planung hybrider Meetings. Technische Tools können hier unterstützen, sollten aber gezielt eingesetzt werden. Nicht jeder Raum benötigt eine aufwendige Videokonferenz-Ausstattung – wichtiger ist, dass die gewählten Lösungen zuverlässig und benutzerfreundlich sind.

Ein oft unterschätzter Erfolgsfaktor ist die interne Kommunikation. Veränderungen – ob neue Raum­konzepte oder flexible Arbeitszeiten – entfalten nur dann ihre Wirkung, wenn die Mitarbeitenden auf diesem Weg mitgenommen werden. Das bedeutet Trans­parenz, Beteiligung und frühzeitige Information. Viele Unternehmen investieren deshalb gezielt in begleitende Maßnahmen wie Workshops, regelmäßige Team-Updates oder Coachings für Führungskräfte.

Fazit: Der ganzheitliche Blick zählt

Attraktive Büros, generationen­gerechte Angebote und partizipative Kommunikationsformen sind kein Selbstzweck. Sie tragen dazu bei, die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu steigern – wenn sie Teil eines ganzheitlichen Ansatzes sind. Raum, Kultur und Organisation wirken also nur im Zusammenspiel: Der Raum muss zur Kultur passen, die Kultur braucht passende Struk­turen, und die Organisation wiederum stützt beide. Gelingt dieses Zusammenspiel, wird das Büro nicht nur als „Pflicht­raum“ wahrgenommen, sondern als ein Ort der Begegnung, des kreativen Austauschs und des gemeinsamen Fortschritts.

Nachgefragt bei ... Norman Kustos

Herr Kustos, die Räume, in denen man arbeitet, kann man sich nicht immer nach ästhe­tischen Kriterien aussuchen. Wie kann man den Arbeits­alltag trotzdem „verschönern“?

Gestaltung ist immer auch Geschmackssache – das lässt sich nie ganz objektiv lösen. Wichtiger als die Ästhetik ist das Gefühl von Zugehörigkeit. Und das entsteht nicht durch das Firmen­logo an der Wand, sondern durch die Menschen, die in einem Raum zusammenkommen. Sie machen den Unterschied – durch Haltung, Umgang und Atmosphäre. Wir unterstützen unsere Kunden mit dem Team von Eva-Maria Käs – und mit dem richtigen Feingefühl für Kultur.

Was ist Mitarbeitenden besonders wichtig?

Oft sind es ganz praktische Dinge wie „Wo bringe ich meine persönlichen Sachen unter?“. Fragen nach Stauraum oder Schließfächern kommen in Projekten fast immer ganz zu Beginn. Es geht um Sicherheit, Gewohnheit – und ein Stück Verlässlichkeit im hybriden Alltag.

Welche Aspekte einer motivierenden Arbeitsumgebung können auch kleine Betriebe bzw. Maklerbüros umsetzen?

Die Zeit, in der man sich mit der alten Arbeitswelt vergleichen musste, ist vorbei. Heute steht jedes Büro in Konkurrenz zu anderen Unternehmen – und zum Home-Office. Mein Rat: Statt Standardlösungen zu kopieren, lieber den eigenen Charakter betonen: Was macht mein Büro besonders? Wo entsteht echte Kultur, die sich nicht digital ersetzen lässt? Wenn dieser individuelle Faktor gefunden ist, wird er zum Alleinstellungsmerkmal – und zum besten Argument für echte Präsenz, auch für Maklerunternehmen.

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Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 05/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Beitrag von
Norman Kustos