Ein Artikel von Michael Franke, Geschäftsführer der Franke und Bornberg GmbH
Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“, sagt ein Sprichwort. Angst vor dem ungewissen Ausgang eines Prozesses beflügelt offensichtlich die Nachfrage. Rechtsschutz sorgt zudem dafür, dass auch vermeintlich kleine Leute ihr Recht gegenüber großen Konzernen durchsetzen können. So geschehen beim Diesel-Skandal. Für Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten haben die Versicherer laut Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) bis Mitte 2023 stolze 1,52 Mrd. Euro gezahlt. Das macht den Diesel-Skandal zum teuersten Schaden in der Geschichte der deutschen Rechtsschutzversicherer. Und gleichzeitig für Vermittler zum unschlagbaren Verkaufsargument.
Große Unterschiede in den Rechtsschutzbedingungen
In kaum einer Sparte finden sich parallel so viele Generationen von Bedingungswerken wie beim Rechtsschutz. Zudem ist die Auswahl deutlich größer geworden. Wer den Überblick behalten will, benötigt viel Sachkenntnis – oder eine leistungsfähige Analyse-Software. Zudem kennt Rechtsschutz kein Rundum-sorglos-Paket. Policen sind in der Regel modular aufgebaut und bieten Schutz für bestimmte Lebensbereiche. Die allerdings sind nicht immer klar abgegrenzt. Und noch immer finden sich im Kleingedruckten große Unterschiede.
Das Rechtsschutzrating 2023 von Franke und Bornberg untersucht Rechtsschutz für die Bereiche Privat, Beruf, Verkehr und Wohnen. So können Vermittler und Verbraucher die Qualität auf einen Blick vergleichen. Zudem unterscheidet das Rating zwischen Singles und Familien und wird damit der jeweiligen Lebenssituation gerecht.
Im Vergleich zu 2021 ist die Zahl der untersuchten Rechtsschutztarife um fast 29% gewachsen. Auch wenn mit ARAG und ROLAND Rechtsschutz nur zwei Versicherer für einzelne Tarifkonstellationen ein FFF+ („hervorragend“) erhalten, ist privater Rechtsschutz derzeit gut in Form. Verbraucher haben die Wahl aus einem großen Angebot leistungsfähiger Tarife. Doch sie sollten sich nicht zu sehr in Sicherheit wiegen: Es gibt auch schwache Tarife am Markt, die aktuell über ein F+, also ausreichend, nicht hinauskommen.
Warum sich Rechtsschutz verändern muss
Rechtsschutz muss sich dem Leben und seinen Risiken anpassen. Deshalb sind Innovationen gerade hier unverzichtbar. Bestes Beispiel ist das Internet. Es hat unser Leben nachhaltig verändert. Und damit auch die Risiken und Gefahren, denen wir ausgesetzt sind. Cyberbetrug, Verleumdung oder Identitätsmissbrauch können schließlich jeden treffen.
Internet-Rechtsschutz nimmt deshalb immer größeren Raum ein – auch bei der Analyse durch Franke und Bornberg. Mittlerweile prüft das Analysehaus zahlreiche Aspekte wie
- Strafrechtsschutz Cyber,
- Rechtsschutz bei Schädigung der Online-Reputation,
- Rechtsschutz bei Identitätsmissbrauch,
- psychologische Soforthilfe bei Cybermobbing,
- Entfernen rufschädigender Inhalte sowie
- Online-Monitoring und Online-Cleaner
Rechtsschutz-Innovationen der letzten Jahre
Familienangelegenheiten sind Privatsache? Zumindest beim Rechtsschutz gilt das nicht länger. Seit einigen Jahren kommen neue Leistungen auf den Markt wie die Beratung im Erb- und Familienrecht oder beim Unterhalt. Damit rückt Rechtsschutz noch ein wenig näher an die Lebenswelten vieler Menschen heran.
Vor Jahren noch undenkbar, hat sich Bauherrenrechtsschutz ebenfalls als Leistungsbaustein etabliert. Dieser bietet Sicherheit bei Kauf, Bau und Sanierung einer Immobilie. Als aktuellen Trend beobachtet Franke und Bornberg den Ausbau von außergerichtlichen Leistungen. Dazu zählen Mediation, Online-Rechtsberatung und vorsorgliche Rechtsberatung, beispielsweise bei akuten Rechtsfragen, Verhandlungen mit der Gegenseite oder im Vorfeld von Gerichtsverfahren.
Kann Rechtsschutz auch nachhaltig?
Beim Thema Nachhaltigkeit macht die Rechtsschutzversicherung bislang kaum Fortschritte. Zwar gibt es erste Ansätze, bei der – noch seltenen – Versicherung von Kapitalanlagegeschäften bestehende Höchstgrenzen zu erhöhen, sofern es sich um nachhaltige Kapitalanlagen handelt. Insgesamt betrifft das aber nur einen verschwindend kleinen Ausschnitt des Leistungsspektrums. Ein weitaus größeres Potenzial schlummert im Bereich Prävention. Künstliche Intelligenz und Chatbots bieten völlig neue Ansätze zur Prävention. Zudem sollten Rechtsschutzversicherer ihre Leistungen und Ausschlüsse noch transparenter gestalten. Das gilt unter anderem für Fristen, Stichentscheide und Risikoausschlüsse.
Guter Rechtsschutz muss nicht teuer sein
Trotz besserer Leistungen bleibt das Prämienniveau stabil. Bei 150 Euro Selbstbehalt (SB) finden Familien eine gute Rechtsschutzversicherung schon für rund 400 Euro im Jahr und Singles ab 300 Euro jährlich. Neben starren Selbstbehalten beobachtet Franke und Bornberg in letzter Zeit flexible Regelungen. Hier sinkt der SB mit der Zahl der schadenfreien Jahre oder wenn sich Versicherte für einen Rechtsanwalt aus dem Netzwerk des Versicherers entscheiden.
Als zusätzliches Tarifierungsmerkmal nutzen erste Gesellschaften den Wohnort. Hier gilt: In der Stadt kostet Rechtsschutz mehr, auf dem Land ist er günstiger. Auch für ältere Menschen könnte Rechtsschutz erschwinglicher werden. Bislang sind diese Angebote aber rar. Und spalten das Versichertenkollektiv. Denn was einige weniger zahlen, zahlen andere drauf.
Vermittlerinnen und Vermittler wiederum sollten folgende Aspekte in der Beratung beachten:
- Anbieter bringen oft mehrere Produktlinien mit unterschiedlichem Preis auf den Markt. Die Spanne der Ratingnoten ist häufig groß. Aus diesem Grund ist es wichtig, auf die exakte Tarifbezeichnung zu achten.
- Das Leben ändert sich und damit auch der Bedarf ihrer Kunden. Rechtsschutz sollte deshalb von Zeit zu Zeit geprüft und bei Bedarf angepasst werden – nicht zuletzt, um Haftungsfallen zu vermeiden.
- Einen bestehenden Vertrag fortsetzen ist besser als der Abschluss eines neuen Vertrages? Beim Rechtsschutz stimmt das oft nicht. Denn neue Verträge können mehr. Leistungen rund um das Internet und außergerichtliche Beratung sind nur zwei von zahlreichen Beispielen.
Fazit: Rechtsschutzvertrag von Zeit zu Zeit prüfen
Das Angebot für private Rechtsschutztarife wächst stetig. Ihre Leistungen haben ein gutes Niveau erreicht, können sich aber je nach Tarif stark unterscheiden. Deshalb kommt es immer auf die genaue Tarifbezeichnung an. Guten Rechtsschutz gibt es schon zum günstigen Preis. Vermittlerinnen und Vermittler sollten von Zeit zu Zeit prüfen, ob ein bestehender Rechtsschutzvertrag der Lebenssituation und dem aktuellen Leistungsniveau im Markt gerecht wird.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2023 und in unserem ePaper.
Bilder: © jirsak – stock.adobe.com; © Marc Theis, Hannover

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