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28. Januar 2023
Wealth Management: Wie neue Erwartungen erfüllt werden können
Business adviser analyzing financial figures denoting the progress in the work of the company, business and investment concept.

Wealth Management: Wie neue Erwartungen erfüllt werden können

Im Wealth Management vollzieht sich ein bedeutender Wandel: sowohl im Hinblick darauf, wer Geld verwaltet, als auch darauf, wessen Geld verwaltet wird. Welche Herausforderungen kommen auf Vermögensberater zu? Und welche Erwartungen haben neue Kundenschichten an Beratungsleistungen?

Ein Artikel von Zlatko Vucetic, CEO bei Infront

In vielen alternden Gesellschaften steht in der Gruppe der wohl­habenden Menschen ein Generationswechsel an. Eine der zentralen Herausforderungen dabei ist die Gewährleistung der Kontinuität des Beratungs-Know-hows von einer Generation von Beratern zur nächsten. Ein weiteres wichtiges Anliegen besteht darin, genügend Berater mit einem neuen „Mindset“ zu haben, um auf die Bedürfnisse einer neuen Generation von Anlegern eingehen zu können. Schließlich haben die neuen Anleger oft andere Vorstellungen und Prioritäten. Damit steht Wealth Management an einem Scheideweg: Nur wer sich anpasst, kann die Chancen dieses Generationswechsels für sich nun nutzen.

Der größte Vermögenstransfer unserer Zeit

Der derzeit wichtigste Trend besteht darin, dass die Wohlhabenden immer jünger werden. Die Baby-Boomer und die vorige „Silent Generation“ werden ihren Kindern, die größtenteils zu den Millennials gehören, allein in den USA 30 bis 68 Bio. US-Dollar hinterlassen.

Doch wer sind die Millennials als Anleger? Insgesamt sind sie eine vielfältigere Gruppe von vermögenden Privatpersonen, als es die Branche gewohnt ist. So gibt es in dieser Kohorte eine wachsende Anzahl von Frauen und Menschen aus (ehemaligen) Schwellenländern. Allein in Deutschland sind im Jahr 2021 bereits 48,7% von den insgesamt 15,88 Mio. Millennials Frauen.

Wichtig für Vermögensverwalter ist hier jedoch nicht nur, mit wem sie bald in Meetings sitzen werden, sondern auch, was diese neue Generation will und wie Berater dies in konkrete Dienstleistungen umsetzen können.

Erwartungen der Millennials an Beratungsleistungen

Dabei dürfte es keine Überraschung sein, dass viele Millennials digitale Angebote im Wealth Management erwarten. Schließlich nutzen Millennials meist eine Vielzahl von Apps, in denen sie ihr Leben organisieren und mit denen sie ihre Fortschritte in vielen Bereichen verfolgen – und sie setzen sich natürlich auch Wohlstandsziele mit Apps wie MoneyControl, Monkee oder Finanzguru. Dies ist das Fundament ihrer Erwartungen an Berater. Zudem investieren sie ihr Geld heute sehr zielorientiert.

Diese Art der Investitionen dient dazu, bestimmte Lebensziele zu verwirklichen – ein Haus zu kaufen, ein paar Jahre Urlaub zu machen und zu reisen oder eine Familie oder ein Unternehmen zu gründen. Für das Beratungsgespräch ist es daher besonders wichtig zu wissen, dass es möglicherweise nicht ausreichend ist, sich im Gespräch lediglich auf Investitionen zu konzentrieren. Vielmehr sollten auch die Ziele erörtert werden, weil sich daraus wichtige Bausteine für die langfristige Entwicklung des Beratungsangebots ergeben. Zudem hilft es, diese anspruchsvolle Gruppe bei der Stange zu halten, um Vertrauen aufzubauen.

Derzeit versagen viele Berater in dieser Hinsicht, denn weniger als ein Drittel der Millennials hat das Gefühl, dass ihre Berater sie tatsächlich kennen. Hinzu kommt der Trend, dass Vermögensberater für Millennials längst nicht mehr die erste Anlaufstelle sind, da diese neue Generation häufig eigenständig im Internet recherchiert und das Thema Geldanlage selbst durchdenkt. Dies führt dazu, dass Kunden heute von Beratern hochgradig individuelle Gespräche und maßgeschneiderte Lösungen erwarten.

Bei der Anlage selbst haben viele Millennials heute ihre eigenen Prinzipien, die sie als unabdingbare Voraussetzung betrachten: Etwa ein Drittel legt sein Geld ausschließlich oder vorwiegend in Anlagen mit ESG-Kriterien an. Die aktuellen Datenlösungen, die den Vermögensverwaltern zur Verfügung stehen, erfüllen diese Nachfrage und liefern zunehmend vollständigere und zuverlässigere Daten. So können Vermögensverwalter den Kunden allgemeine Hinweise zum ESG-Niveau einer Anlage geben und spezifische Informationen über wichtige Kriterien wie Geschlechtervielfalt, Arbeitsrechte und CO2-­Emissionen liefern.

Alternde Berater

Während die Kunden immer jünger werden, werden die Berater immer älter. Tatsächlich ist der durchschnittliche Berater 51 Jahre alt, während nur 10% unter 35 Jahre sind. Über 20% planen in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand zu gehen und sie wissen nicht, wer sie ersetzen wird. Dies setzt die Berater unter erheblichen Druck, insbesondere wenn man bedenkt, dass 80% derjenigen, die das Vermögen ihrer Eltern erben werden, einen Beraterwechsel planen.

Was können Anlageberater also tun, um die Erwartungen der Millennials zu erfüllen und zugleich den Erfolg des eigenen Unternehmens langfristig zu sichern?

Wie man Kontinuität sicherstellt

Bei der Lösung dieser Frage gibt es keine Quick Fixes für das Wealth Management. Wer Kontinuität und Langlebigkeit für sein Geschäft sucht, muss das Thema schrittweise angehen. Um mehr und jüngere Mitarbeiter zu gewinnen, gilt es, im Recruiting kreativ zu werden. Da sich die Vermögenden selbst immer weiter ausdifferenzieren, könnte es hier ein Ansatz sein, Personen zu rekrutieren, die noch unterrepräsentiert sind, zum Beispiel Angehörige von Minderheiten.

Ein anderer möglicher Hebel, um junge Berater anzuziehen und zu halten, besteht darin, die Vergütung an den Aufbau von Geschäftsbeziehungen und die Erweiterung des Wissensstandes zu knüpfen – statt „bloß“ an den Vermögenszuwachs; dies ist eine Investition in die Prioritäten dieser Generation. Und es schafft weitere Anreize für Angehörige von Minderheiten und Menschen mit niedrigerem Einkommen.

Ein anderes Problem ist der Unterschied in den Vorstellungen alternder Anleger und jüngerer Kunden. Um diese Kluft zu überbrücken, muss die Ausbildung verbessert werden, um neue Methoden und Instrumente, insbesondere im Bereich der Technologie, einzubeziehen. Technologie kann auch die Fähigkeiten der Unternehmen in Bezug auf Regulierung und Einhaltung von Vorschriften erheblich verbessern, sodass sie mehr Zeit haben, sich mit den Kunden zu beschäftigen. Hilfreich ist auch eine Nachfolgeregelung lange vor der Pensionierung.

Um Kunden zu halten, ist ein Teamansatz für das Management erforderlich. Die Teams müssen generationenübergreifend sein, um sicherzustellen, dass Wissen und Fähigkeiten von den ausscheidenden Beratern an ihre jüngeren Kollegen weitergegeben werden und umgekehrt. Außerdem sollten sich die Teams auf den Aufbau von Beziehungen zwischen den verschiedenen Generationen ihrer Kunden konzentrieren. All dies gewährleistet Kontinuität zwischen den ausscheidenden Beratern und denjenigen, die ihre Aufgaben übernehmen werden, und erleichtert es der neuen Generation von Beratern, Kunden, die wie sie aussehen, sprechen und denken, selbstbewusst zu beraten.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2023, S. 54 f., und in unserem ePaper.

Bild: © PaeGAG – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Zlatko Vucetic