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Steuern & Recht
10. Juli 2020
Wechsel von der Ausschließlichkeit zum Makler: Weiter im Trend?

Wechsel von der Ausschließlichkeit zum Makler: Weiter im Trend?

Die Corona-Krise hat den Trend, von der Ausschließlichkeit in die Maklerschaft zu wechseln, nicht angehalten. Inwiefern sich die Rahmenbedingungen jedoch geändert haben, vor allem mit Blick auf Finanzierung und Kundenkontakte, erklärt Michaela Ferling von der Kanzlei Ferling Rechtsanwälte.

Man möchte vielleicht annehmen, dass aufgrund der Corona-Krise der Trend zum Wechsel in die freie Maklerschaft nachgelassen hat. Gerade in einer Krise verlässt schließlich niemand gerne die finanzielle Sicherheit einer Ausschließlichkeitsorganisation und stürzt sich in eine ungewisse Zukunft als freier Makler. Doch weit gefehlt: Trotz der Krise und der damit einhergehenden Beschränkungen im Arbeitsalltag ist der Wechseltrend weiterhin ungebrochen. Allerdings haben sich sowohl die Vorbereitung als auch die Abwicklung in einigen Punkten grundlegend verändert.

Unverändert bleibt jedoch auch weiterhin zu prüfen, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot einem Wechsel in die Maklerschaft entgegensteht. Selbstverständlich ist im Hinblick auf die Beendigung des Handelsvertretervertrages ein optimaler Zeitpunkt zu finden, um beispielsweise Bonuszahlungen noch zu erhalten. Möglicherweise steht dem Vermittler sogar ein außerordentliches Kündigungsrecht zur Seite, welches die vertraglichen Bindungen sofort entfallen lässt und auch die Zahlung des Ausgleichsanspruchs in Aussicht stellt. In diesen Punkten hat sich also nicht viel verändert.

Abwerbung von Kunden erschwert

Ein besonderes Augenmerk liegt aber auf der Finanzierung des Umstiegs. Mit Beendigung des Handelsvertretervertrages fallen bekanntermaßen Provisionszahlungen des bisherigen Prinzipals grundsätzlich weg. Gleichzeitig werden aber auf der Maklerseite nicht die Provisionen oder Courtagen erwirtschaftet, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts und zur Aufrechterhaltung des Bürobetriebes notwendig wären. Auch das ist grundsätzlich nicht neu, denn die bisher betreuten Kunden müssen – wettbewerbskonform – abgeworben werden. Gerade die Abwerbung war bisher mit einem persönlichen Kundentermin verbunden, denn der Vermittler musste seinen Status, nämlich den eines Versicherungsmaklers, auch dann ausführlich erläutern, wenn die Kundenbindung intakt und der Kunde mit seinem Vermittler zufrieden war. Schon alleine, dass es nunmehr eines Maklervertrages einschließlich einer Maklervollmacht bedarf – von einer Datenschutzeinwilligungserklärung ganz zu schweigen –, erforderte neben der Gestaltung der weiteren Betreuung und der optimalen Absicherung des Kunden ein persönliches Gespräch.

Aufgrund der bestehenden Kontaktbeschränkungen bzw. der Verunsicherung der Kunden durch Corona ist es ungleich schwieriger, Kontakt aufzunehmen und anschließend einen persönlichen Termin zu vereinbaren, ohne einen Wettbewerbsverstoß zu begehen. Gelingt eine Abwerbung nur verzögert, weil persönliche Kundentermine verschoben werden, verzögern sich in der Folge die dringend benötigten Courtageeinnahmen. Die Kunden dadurch zu „sichern“, indem vorab, also noch während des bestehenden Handelsvertretervertrages, Maklervertrag und Maklervollmacht ohne Datum unterzeichnet werden, ist dabei ebenso wenig eine gute Idee wie die Makelei nebenbei. Beides verstößt in jedem Fall gegen die vertragliche Treue- und Loyalitätspflicht und kann zur außerordentlichen Kündigung und zu Schadensersatz führen. Gerade die Zahlung eines Schadensersatzes käme dann ohne Zweifel zur Unzeit.

Risiko durch mehr Stornohaftung?

Hinzu kommt ein weiterer nicht zu vernachlässigender Aspekt. Es steht zu befürchten, dass aufgrund der Corona-Krise die Zahl der stornierten Versicherungsverträge, die noch in Stornohaftung sind, deutlich steigen könnte. Damit steigt grundsätzlich auch das Risiko, im Rahmen von Provisionsrückforderungen in Anspruch genommen zu werden. Der Versicherer hat für Provisionsrückforderungsansprüche die Darlegungs- und Beweislast. Das ist mittlerweile ebenso hinlänglich bekannt wie die Tatsache, dass vielen Versicherungsgesellschaften die Darlegung, insbesondere die der qualifizierten Nachbearbeitung, nicht immer gelingt. Zahlreiche Einzelansprüche sind unbegründet, insbesondere dann, wenn dem Vermittler nach seinem Ausscheiden keine Stornogefahrmeldungen mehr zugehen oder diese verspätet übersandt werden, lediglich dem Bestandsnachfolger übersandt werden und dieser sich nicht um die Nachbearbeitung kümmert oder sich die Nachbearbeitung auf Mahnungen des Versicherers beschränkt.

Vorsicht bei Formularkündigung

Wenig bekannt scheint aber zu sein, dass Formularkündigungen, die der Vermittler seinen Kunden nach seinem Ausscheiden im Rahmen der Abwerbung zur Verfügung stellt, dazu führen können, dass die Versicherungsgesellschaften keine Nachbearbeitung mehr schulden. Denn bei Formularkündigungen mit identischem Sachverhalt und gleichem Layout ist anzunehmen, dass sie aus der Feder des Vermittlers stammen. Untermauert wird dies meistens noch mit einer Kündigung, die vom eigenen Fax versandt wurde. Selbstverständlich ist dem Vermittler Kündigungshilfe gestattet und selbstverständlich darf dem Willen des Kunden, den jeweiligen Vertrag zu kündigen, Folge geleistet werden. Insofern ist es empfehlenswert, individuelle Kündigungsschreiben vorzuformulieren. Eine Nachbearbeitung ist auch dann nicht mehr geschuldet, wenn der Vertrag unter Vorlage der Maklervollmacht gekündigt wird. In Fällen, in denen unter Vorlage der Maklervollmacht der Vertrag gekündigt wird, wird ebenfalls angenommen, dass eine Nachbearbeitung nicht zielführend ist. Sowohl Formularkündigungen als auch Kündigungen unter Vorlage der Maklervollmacht sollten daher vermieden werden.

Bestandsumdeckung versus Bestandsübertragung

In diesem Zusammenhang wird die Bedeutung von Bestandsumdeckungen anstelle der immer noch weitverbreiteten Bestandsübertragungen mehr als deutlich. Bestandsübertragungen führten schon in der Vergangenheit dazu, dass der bisherige Prinzipal über sämtliche Abwerbungen informiert war. Nicht selten führte die Bestandsübertragung auch dazu, dass eine courtagepflichtige Übertragung nicht erfolgte, weil es an einer Courtagezusage mangelte. Auch die Bestandsübertragung mithilfe von Pools führte nicht zum gewünschten Ergebnis. Wesentlich interessanter ist daher im Kompositbereich die Bestandsumdeckung, wenn der Kunde mittels individueller Kündigungen seine Sachverträge kündigte und im Rahmen von Bestandsumdeckungskonzepten mit einer Besitzstandswahrungsklausel die bisher bestehenden Verträge diskret zum Wettbewerber umdeckt. Zu bedenken ist aber, dass Bestandsumdeckungskonzepte auch erstellt werden müssen und in Zeiten von Corona deutlich mehr Zeit einzuplanen ist. Bestandsumdeckungskonzepte werden individuell erstellt und auf den vorhandenen Bestand abgestimmt. Hierfür gibt es – wie übrigens auch für den Umstieg in die Maklerschaft – kein Patentrezept und keine Blaupause.

Der Schritt vom AO’ler hin zum Makler war und bleibt stets eine Herausforderung, die gut vorbereitet und gut geplant sein muss. Die Sicherstellung der Finanzierung ist ein Grundpfeiler eines erfolgreichen Umstiegs.

Bild: © Romolo Tavani – stock.adobe.com

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 07/2020 und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Michaela Ferling